27.09.2017 13:55:00

Verbund sieht noch lang Bedarf für Gaskraftwerke

"Sicher noch zehn Jahre", meinte Generaldirektor Wolfgang Anzengruber am Mittwoch und verwies auf die Engpässe im Stromnetz etwa Richtung Deutschland. Die ab Oktober 2018 bevorstehende Limitierung an der deutsch-österreichischen Grenze schlägt sich übrigens schon in höheren Notierungen nieder.

Schon jetzt sei für 2019 zwischen deutschem und österreichischem Markt eine Preisdifferenz von 2,50 Euro je Megawattstunde (MWh) zu sehen, also um rund acht Prozent. "In kleineren Märkten steigt der Preis", so Anzengruber vor Beginn der Verbund-Tagung "energy2050" in Fuschl (Salzburg). Diese Preisdifferenzen sollte heute aber nicht überinterpretiert werden, weil hier nur geringe Mengen dahinterstünden.

"Wir haben als Industrie überhaupt keine Freude, dass sich Strom verteuert", meinte dazu Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Anzengruber. Als Industriellenvereinigung sei man massiv interessiert, hier unterstützend zu wirken.

Die schon länger fixierte Auftrennung der gemeinsamen deutsch-österreichischen Stromzone in ihrer bisherigen Form per Oktober 2018 - bzw. die dann greifende Begrenzung der Kapazitäten - wertet der Verbund-Chef als Zeichen dafür, dass die Gemeinsamkeiten in Europa eher weniger würden in dem Bereich: "Die Energiewelt in Europa ist nicht zusammengewachsen, sie beginnt sich wieder zu nationalisieren."

Für das Engpassmanagement zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung seien Reservekraftwerke, auch auf Gas basierende, noch lange notwendig, so Anzengruber. Auch die Verbund-Anlage Mellach in der Steiermark mit 850 MW Leistung müsse immer wieder angefahren werden - nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer.

Die Kontrahierungsverträge fürs Engpassmanagement sollen künftig viel länger laufen, um mehr Planungssicherheit zu haben, wünscht sich auch der Verbund-Chef. Die jetzigen Verträge würden nur bis April 2018 reichen, danach gibt es kein reserviertes Kraftwerk mehr. Mit dem Regulator E-Control und dem Übertragungsnetzbetreiber APG bemüht man sich ja um längere Laufzeiten. "Drei Jahre wären die Untergrenze", meinte Anzengruber: "Fünf Jahre wären ein vernünftiger Schritt." Bis Jahresende wolle man hier Bescheid wissen.

Heute sei der Strom in Österreich zu rund 80 Prozent erneuerbar, in den nächsten 20, 30 Jahren könne man in Richtung 95 Prozent kommen. Die Hoffnung setze man dabei auch auf eine Kostendegression bei Photovoltaik, Windkraft und Stromspeichern. Die Speicherpreise hätten sich innerhalb eines Jahres halbiert, sagte Anzengruber. Der Energiewende in der Stromerzeugung müsse nun die Mobilitätswende - Stichwort Elektroauto - und die Wärmewende folgen.

Siemens-Österreich-Chef Hesoun meinte, die Batteriespeichertechnologien seien zweifellos noch verbesserbar. Fraglich sei für ihn, ob da Europa ein Vorreiter sein werde. Der Druck komme vielmehr von den asiatischen Ballungsräumen.

Verbund-Chef: Höherer CO2-Preis nur bei Schulterschluss Paris-Berlin

Aus Sicht von Verbund-Generaldirektor Wolfgang Anzengruber können in Europa die Preise für den CO2-Ausstoß nur im Falle eines Schulterschlusses zwischen Frankreich und Deutschland so stark steigen, dass sie zu einer CO2-Vermeidung führen. Präsident Emmanuel Macron hatte jüngst 25 bis 30 Euro je Tonne als Minimum verlangt.

Wesentlich werde sein, wie sich Deutschland dazu verhalte, meinte Anzengruber am Mittwoch vor Beginn der Verbund-Tagung "energy2050" in Fuschl (Salzburg) in einem Pressegespräch.

Bei einem CO2-Preis von zuletzt 7 Euro/t gebe es keinen Anreiz, solche Emissionen zu vermeiden. Bei einer Verteuerung dieses Kostenfaktors sollte aber auch auf die Industrie und den Verkehr Bedacht genommen werden, so Anzengruber, denn "wir, die Industrie, rufen nicht nach einer neuen Steuer". Es müsse sich also um eine wettbewerbsorientierte Vorgangsweise handeln und "kein Industrievertreibungsprogramm".

Für einen Fuel-Switch von Kohle- zu Gaskraftwerken wäre allerdings ein CO2-Preis von 30 bis 40 Euro/t nötig - und um auch aus dem Gas herauszugehen, müsste der Preis noch höher sein, meinte der Verbund-Chef.

Angehoben werden könnte der Preis durch eine Herausnahme der Gratiszertifikate aus dem Emissionshandelssystem - oder durch einen festgelegten Mindestpreis, wie ihn zum Beispiel Großbritannien (mit rund 30 Euro) habe oder jetzt, erwartungsgemäß, Macron gefordert habe. Ein Eliminieren der kostenlosen Verschmutzungsrechte aus dem ETS würde wohl zu lange dauern, meinte Anzengruber, außerdem wollten das etliche Länder nicht.

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