Bilanz 2015 09.03.2016 15:29:00

Verbund mit Gewinn-Plus - Aktie größter ATX-Verlierer

Das operative EBITDA wuchs um 9,9 Prozent auf 888,7 Mio. Euro, und das Konzernergebnis - hier war mehr vorhergesagt - legte um 64,7 Prozent auf 207,7 Mio. Euro zu. 2016 will man hier rund 230 Mio. bzw. rund 750 Mio. Euro erreichen - bei durchschnittlicher Wasserkraft-Eigenerzeugung.

Wegen der in den letzten Wochen "dramatisch gesunkenen Terminmarktpreise für Strom" evaluiert das Verbund-Management "weitere signifikante Maßnahmen" zur Stärkung des Free Cash Flow. Das beziehe sich insbesondere auf Wachstums- und Instandhaltungsinvestitionen, künftige Dividendenpolitik sowie Aufwandsreduktionen.

Die Umsatzerlöse erhöhten sich 2015 um 3,1 Prozent auf 2,970 Mrd. Euro, hieß es Mittwochfrüh vor dem Bilanzpressegespräch. Dass die Dividende für das Vorjahr nur marginal angehoben werden soll - von 0,29 auf 0,30 Euro pro Aktie -, hatte der Verbund bereits am Dienstagabend mitgeteilt.

Der Verbund will den weiter sinkenden Strom-Großhandelspreisen mit weiteren Kostensenkungen und Effizienzsteigerung begegnen und Investitionen und Dividendenpolitik evaluieren. Ein Wachstumsfeld sind für den Stromkonzern aktuell Dienstleistungen. 2015 stieg der Gewinn deutlich, für heuer ein höheres Nettoergebnis, aber weniger operatives EBITDA erwartet.

Die Strompreise seien in den vergangenen Wochen weiter gefallen, die Forward-Preise auf rund 20 Euro pro Megawattstunde (MWh) gesunken, so Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber am Mittwoch bei der Bilanzpressekonferenz. Die Strompreise sind laut Verbund-Angaben 2013 noch bei 49 Euro je Megawattstunde (MWh) gelegen, 2014 bei 39 Euro/MWh und 2015 bei 35 Euro/MWh. Eine Preissenkung um 1 Euro/MWh senke das Ergebnis (EBITDA) beim Verbund um rund 25 Mio. Euro. 2015 schlugen sich die niedrigeren Strompreise im EBITDA mit 100 Mio. Euro nieder, so Finanzvorstand Peter Kollmann.

Es gebe auch keine mittelfristige Aussicht, dass sich dies nachhaltig verbessern werde. Anzenberger betonte, dass in einem Markt, der von Überproduktion geprägt sei, der Fokus in Investitionen und Effizienzsteigerung gehe. Sparen bleibe nach wie vor ganz oben auf der internen Tagesordnung, betonte Anzengruber. Es gehe auch um eine Dynamisierung der Organisation, die Digitalisierung bleibe auf der Tagesordnung, und man müsse die Investitionen noch einmal scannen.

Anzengruber verwies in diesem Zusammenhang auf den Ausstieg beim geplanten Murkraftwerk in Graz-Puntigam, bei dem der Verbund 50-Prozent-Partner der Energie Steiermark war. Der Kostendruck bleibe bestehen, der Verbund müsse aber nicht eruptive Lawinen auslösen wie andere, so Anzengruber. Genaueres soll zur Jahresmitte feststehen. Das letzte Sparprogramm hat mit insgesamt 177 Mio. Euro mehr gebracht als die geplanten 130 Mio. Euro. Aus dem Markt kämen angesichts der Preissituation derzeit keine Investitionsanreize. Der Verbund investiere vor allem im Netzbereich.

Die Verbund-Aktionäre erhalten für 2015 eine leicht höhere Dividende von 30 Cent je Aktie, nach 29 Euro je Aktie für das Jahr davor. Insgesamt werden laut Vorstand rund 104 Mio. Euro ausgeschüttet. Mehrheitseigentümer des Verbund ist die Republik Österreich. Die Dividendenpolitik werde evaluiert, so Anzengruber. Die bisherige Guidance, 50 Prozent des bereinigten Konzernergebnisses auszuschütten, sei unter Prüfung. 2015 stieg das Konzernergebnis um rund 65 Prozent auf 207,7 Mio. Euro, das bereinigte Konzernergebnis um 24,5 Prozent auf 268,9 Mio. Euro.

Die Verbund-Strategie stehe auf drei Säulen, so Anzengruber. Mit einer CO2-freien Erzeugung müssten Gewinne erwirtschaftet werden. Der Verbund habe gezeigt, dass es in schwierigen Jahren nie Verluste gegeben habe. Weitere Standbeine seien das Stromnetz sowie Dienstleistungen. Wichtig seien auch Allianzen für die Energiezukunft etwa im Bereich Elektromobilität oder Start-ups. Ein großes Thema werden angesichts der Volatilitäten am Strommarkt auch Speicher. Geografisch blieben Österreich und Deutschland die Kernmärkte. Man wolle aber nicht ganz vergessen, "was rund um uns passiert", irgendwann komme wieder die Zeit, wo man auch Schlagkraft haben müsse, um entsprechende Investitionen zu tätigen.

Bei den Haushaltskunden sei man mit einem Marktanteil von 7 Prozent im Strombereich noch nicht ganz dort, wo man hinwolle. Der Verbund hat derzeit 341.000 Haushaltskunden im Strombereich. Gas, das seit dem Vorjahr angeboten wird, beziehen 23.000 Haushaltskunden vom Verbund.

Für das Gaskraftwerk Mellach prüfe man alle Optionen, so Anzengruber. Es sei aber nicht ganz einfach. Eines sei aber klar, der Verbund wolle ein CO2-freier Stromerzeuger werden. Es würden Gespräche geführt. Mit Stefan Pierer, dessen Pierer Industrie als einer der Interessenten gilt, habe er zuletzt vor einigen Monaten gesprochen. Es seien viele Interessenten in dem Spiel drinnen. Herbert Paierl sei einer der Interessenten. Der Consulter und frühere steirische ÖVP-Landesrat Paierl berät Pierer Industries zum Thema Mellach. Er hatte Mitte Februar zur APA gesagte, es gebe keine Verhandlungen der Industriegruppe von Pierer, aber man stehe nach wie vor in "Gesprächen mit dem Verbund". Aus informierten Kreisen war unter den konkretesten Interessenten für Mellach zuletzt neben Pierer Industries auch die deutsche Meyer-Werft genannt worden.

Die Klage gegen die Energie Steiermark im Ausmaß von 85 Mio. Euro im Zusammenhang mit der Fernwärmeversorgung von Graz durch Mellach sei eine Bereicherungsklage. Das Verhältnis zur Energie Steiermark sei professionell. Der Buchwert des Gaskraftwerks Mellach betrug Ende des vierten Quartal 33,6 Mio. Euro, lässt sich aus dem Geschäftsbericht ableiten. Mellach macht Verluste. Bei der Kelag wolle man dem Land Kärnten Anteile abkaufen, es gebe aber keine Gespräche.

Geld verdient hat der Verbund im Vorjahr auch mit sogenannten Flexibilitätsprodukten wie Engpassmanagement, Kapazitätsreserven oder Netzdienstleistungen. Sie trugen 140 bis 150 Mio. Euro zum EBITDA bei, nach 80 Mio. Euro 2014. Wie sie sich weiter entwickeln, könne man derzeit nicht einschätzen, die Erlöse könnten aber etwas zurückkommen, so Kollmann. Das sei abhängig vom Stromsystem. Das operative Ergebnis im Segment Netz stieg laut Geschäftsbericht von 58 Mio. Euro auf 180 Mio. Euro.

Das operative EBITDA wuchs um 9,9 Prozent auf 888,7 Mio. Euro. 2016 will man rund 230 Mio. Konzernergebnis bzw. rund 750 Mio. Euro EBITDA erreichen - unter der Voraussetzung einer durchschnittlichen Wasserkraft-Eigenerzeugung.

Die Aktie des Stromkonzerns gibt an der Wiener Börse ab. Das bisherige Tagestief liegt bei 10,51 Euro, ein Verlust von über 3 Prozent.

sp/rf

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