Fernwärme-Zwist 11.09.2015 09:55:00

Verbund bekommt von Grazer Schiedsgericht recht

Der Verbund bzw. die Thermal Power hat in der Frage der Bereithaltung einer Ausfallsreserve keine Verpflichtung, so das Schiedsgericht am Bezirksgerichts Graz. Bei der Energie Steiermark musste man den Entscheid am Donnerstag zur Kenntnis nehmen. Die unbedingte Notwendigkeit des Bereithaltens einer Ausfallreserve für die Wärmeversorgung der Stadt und Umgebung war von der Energie Steiermark Wärme GmbH im Jahr 2014 auch per einstweiliger Verfügung des Gerichts erwirkt worden. Beim Verbund zeigt man sich nun laut einer Stellungnahme gesprächsbereit: "Die Verantwortung zur Vorhaltung einer gemäß Energie Steiermark notwendigen Ausfall-Reserve kann damit gegebenenfalls nur bei der Energie Steiermark liegen", hieß es. Man stehe für entsprechende Gespräche zur nachhaltigen, wirtschaftlich und umweltpolitisch sinnvollen Nutzung des Standortes Mellach für die Fernwärmeversorgung von Graz und Umgebung zur Verfügung.

Bei der Energie Steiermark blieb man grundsätzlich bei der bisherigen Auffassung: "Ohne Ausfallsreserve ist eine sichere Fernwärmeversorgung der steirischen Landeshauptstadt und ihrer Menschen undenkbar. Wir können uns nicht nur auf ein einzelnes Kraftwerk des Verbund verlassen", so die Vorstände Christian Purrer und Olaf Kieser am Donnerstagnachmittag in einer Reaktion. Die zuverlässige und störungsfreie Versorgung der Kunden habe absoluten Vorrang.

Für den Fall eines technischen Notfalls im Verbund-Kraftwerk in Mellach südlich von Graz müsse nun das Fernwärme-Heizwerk Puchstraße in Graz dringend und ohne Verzögerung für diesen "Fall der Fälle" vorbereitet werden, hieß es. Dies sei eine Folge der Verbund-Weigerung, ein Ausfalls-Kraftwerk für Ersatzlieferungen an steirische Kunden ohne Aufpreis zur Verfügung zu stellen, hieß es weiters.

Wenn die laufenden Genehmigungs-Verfahren für die Modernisierung des Heizwerkes Puchstraße rasch positiv abgeschlossen werden, könne die Energie Steiermark mit ihren Partnern Energie Graz und Graz Holding sowie privaten Unternehmen ab der Heizsaison 2016/17 die notwendige Notfallreserve in Graz beistellen. "Wir werden dabei auf alle verfügbaren erneuerbaren Energien wie Solarthermie, industrielle Abwärme, Biomasse und Biogas zurückgreifen", so Kieser. Damit könne bereits ab kommendem Sommer die Situation deutlich entschärft werden, es gebe keine langfristige Abhängigkeit.

Beim Verbund ist man der Ansicht, "der vertraglich zugesicherten Wärmelieferung von bis zu 230 MWth stets nachgekommen" zu sein "und wird dies auch bis zur Beendigung des Vertrages weiterhin tun", so Verbund-Erzeugungs-Vorstand Günther Rabensteiner. Der Vertrag läuft bis 2020. Die Erarbeitung eines nachhaltigen Konzeptes zur mittel- und langfristigen emissionsarmen Fernwärmeversorgung im Großraum Graz "mit einer wirtschaftlichen Nutzung des Standortes Mellach" werde man unterstützen.

Seitens der Energie Steiermark kann man sich hinsichtlich des Gaskraftwerks Mellach "bei einem marktkonformen Angebot auch hier einen kurzen, befristeten Zukauf vorstellen - die Konditionen müssen jedoch den steirischen Kunden zumutbar sein", so die Vorstände Purrer und Kieser. Der Verbund riskiere, die Steirer "frieren zu lassen".

Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung der beiden teils im öffentlichen Eigentum stehenden Unternehmen Energie Steiermark AG und Verbund ist ein Vertrag zur Lieferung von Fernwärme bis 2020. Der Verbund wollte 2014 das wegen der Gaspreise unrentable Gaskraftwerk Mellach einmotten und gab gleichzeitig bekannt, dass das nahe Öl-Fernheizkraftwerk Neudorf/Werndorf II endgültig geschlossen werde. Das Steinkohlekraftwerk Mellach blieb zur Lieferung von bis zu maximal 230 MWth Fernwärme für den Großraum Graz weiter in Betrieb. Die Energie Steiermark erwirkte eine einstweilige Verfügung: Sie verpflichtete die Verbund Thermal Power dazu, in der Heizsaison 2014/15 zusätzlich zum Steinkohlekraftwerk Mellach ein weiteres Kraftwerk als Ausfalls-Reserve betriebsbereit zu halten, um die Fernwärme-Versorgung des Großraumes Graz nicht zu gefährden. Der Verbund beeinspruchte die einstweilige Verfügung und erhielt nun recht.

Von Teilen der steirischen Politik, speziell den Stadt- und Landes-Grünen, war zuletzt immer wieder gefordert worden, dass sich zwei im öffentlichen Eigentum stehende Unternehmen zusammensetzen und über die Versorgung des Eigentümers selbst, nämlich der Bevölkerung, zu einigen hätten.

pek/sp

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