Vom Mai 2022 05.10.2023 17:58:00

Verbund-Aktie fester: Verbund-Preisänderungsklausel in 2. Instanz abgelehnt - Erste Group stuft Verbund ab - Tiwag prüft Rückzahlung

Verbund-Aktie fester: Verbund-Preisänderungsklausel in 2. Instanz abgelehnt - Erste Group stuft Verbund ab - Tiwag prüft Rückzahlung

Diese Entscheidung des Handelsgerichts Wien hat nun das Wiener Oberlandesgericht (OLG) bestätigt. Durch die Unzulässigkeit der Klausel fällt die Rechtsgrundlage für die verrechneten erhöhten Tarife weg. Die entsprechenden Erhöhungsbeträge müssen nach Ansicht des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zurückerstattet werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte das teilstaatliche, börsennotierte Energieunternehmen Verbund wegen der Preiserhöhung über eine Klausel in den damals gültigen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Strom" geklagt. Das geschah wie üblich im Auftrag des Sozialministeriums.

"Im Mai 2022 wurden rund 400.000 Stromkund:innen der Verbund AG über Preiserhöhungen informiert", so Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne) in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Betroffene Verbraucher:innen haben sich darauf hin zu Recht beklagt, obwohl die VERBUND AG "Strom zu 100 % aus österreichischer Wasserkraft" bewirbt und das Unternehmen auch tatsächlich große Strommengen aus Wasserkraft selbst erzeugt, seine Preise aber von einem Börsenindex abhängig macht." Das sei unsachlich.

"Das nun verhängte Urteil des Oberlandesgerichts in zweiter Instanz ist ein Sieg für den Konsument:innenschutz, sobald das Urteil rechtskräftig ist erwarte ich vom Verbund eine Rückzahlung an die Konsument:innen", so Rauch.

Die Preiserhöhungsklausel referenzierte auf den vom Börsenkurs abhängigen Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI). Verbraucherinnen und Verbraucher beklagten laut VKI, dass der Energieanbieter, der "Strom zu 100 Prozent aus österreichischer Wasserkraft" anpreise und große Strommengen aus Wasserkraft selbst erzeuge, seine Preise an einen vom Börsenkurs abhängigen Index bindet.

Bei seiner Prüfung kam der VKI zur Ansicht, "dass es wesentliche rechtliche Argumente gegen eine Zulässigkeit der vom Verbund verwendeten Anpassungsklausel für Strompreise gibt. Zur selben Ansicht kamen das Handelsgericht und nunmehr das OLG. Letzteres stößt sich im Wesentlichen an der Berechnungsmethode der Preiserhöhung: Bei Vertragsabschluss wurde nach der Preisanpassungsklausel ein Indexausgangswert festgelegt, der in der Vergangenheit lag.

Dieser Ausgangswert berechnete sich durch den Mittelwert der gewichteten ÖSPI-Monatswerte für den Zeitraum von sechs Monaten, die dem Kalenderquartal des Vertragsabschlusses vorangegangen sind. Bei einer Preiserhöhung sollte allerdings der Mittelwert der gewichteten ÖSPI-Monatswerte für die letzten sechs Monate herangezogen werden, so der VKI. Dieses Vorgehen kann, wie das Gericht laut VKI ausführt, dazu führen, dass es schon kurz nach Vertragsabschluss zu einer massiven Preissteigerung kommt.

Das müssen Verbraucher:innen unter dem Titel der "Wertsicherung" allerdings nicht hinnehmen. Das vor allem, wenn mit "Strom aus 100 Prozent Wasserkraft" geworben wird und die Preiserhöhung nicht mit der Beschaffungsstrategie des Stromanbieters übereinstimmt.

"Das OLG Wien bestätigt die Unzulässigkeit der Klausel, nennt dafür aber andere Gründe als das HG Wien in erster Instanz", erläutert VKI-Jurist Maximilian Kemetmüller. "Dass die Gerichte unterschiedliche Gründe für die Unzulässigkeit der Klausel anführen, bestätigt uns dahingehend, dass diese Klausel aus einer Vielzahl an Gründen unzulässig ist. Bedauerlich ist, dass sich das OLG Wien nicht mit allen Gründen auseinandergesetzt hat." Rauch betonte noch, dass Verbraucher alle Infos zu Preisänderungen sowie ganz generell zu ihren Energieverträgen auf einen Blick auf verständliche Weise verfügbar haben müssen.

Verbund - Erste Group stuft Aktie von "Accumulate" auf "Hold" ab

Die Analysten der Erste Group haben ihre Empfehlung für die Verbund-Aktie von "Accumulate" auf "Hold" nach unten gesetzt. Zudem wurde das Kursziel vom zuständigen Experten Petr Bartek um 13 Prozent auf 79,5 Euro gekürzt.

Die Anpassungen resultieren aus einem Update für die Strompreisschätzungen. Die Prognosen für die längerfristigen Energiepreise wurden von der Erste Group um etwa zehn Prozent nach unten gesetzt.

Die Erwartungen für den Gewinn je Aktie für die Jahre 2023 bis 2025 lauten auf jährlich 6,77 Euro bzw. 6,89 Euro sowie 5,91 Euro. Als Dividendenausschüttungen für diesen Zeitraum werden pro Jahr mit 3,72 Euro, 3,79 Euro und 3,25 Euro je Titel gesehen.

Die Verbund-Aktie notierte am Donnerstag im Frühhandel an der Wiener Börse mit minus 0,27 Prozent bei 74,15 Euro.

Analysierendes Institut Erste Group

Tiwag prüft nach Verbund-Urteil zu Strompreiserhöhung Rückzahlung

Der landeseigene Tiroler Energieversorger Tiwag hat am Donnerstag angekündigt, die Strompreiserhöhung aus dem Jahr 2022 überprüfen zu wollen. Grund dafür ist die Bestätigung eines Urteils des Wiener Handelsgerichts durch das Wiener Oberlandesgericht (OLG) zu einer Preisänderungsklausel des Energieunternehmens Verbund, die nun in zweiter Instanz als unzulässig erklärt worden ist. Wie der Verbund hatte nämlich auch die Tiwag ihre Preiserhöhung mit dem Börsenindex begründet.

"Tiwag wird das vorliegende Urteil umgehend analysieren und prüfen, ob sich daraus neue rechtliche Rückschlüsse im Hinblick auf die 2022 erfolgte Tiwag-Preisanpassung ergeben", teilte das Unternehmen in einer Aussendung mit. "Bei einer Änderung der Rechtseinschätzung wird Tiwag Gespräche mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) aufnehmen, um eine schnelle und rechtssichere Lösung für die Tiwag-KundInnen zu finden", wurde versichert.

Die Tiroler Arbeiterkammer hatte die Strompreiserhöhung der Tiwag immer wieder kritisiert und ein Gutachten vorgelegt, das die Bindung an den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) in Zweifel gezogen hatte. Schließlich sei die Tiwag der "größte Stromerzeuger aus Wasserkraft in Tirol". Weil die AK zudem Intransparenz bei der Preispolitik ortete, wurden zuletzt zwei Klagen eingebracht. Erst am Mittwoch hatte die Tiwag außerdem angekündigt, Anfang 2024 ihren Strompreis erneut zu senken.

Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl sah nun die eigene Rechtsauffassung in der Entscheidung bestätigt. Diese habe auch Auswirkungen auf das Musterverfahren der AK Tirol gegen die Tiwag betreffend der Preiserhöhung von 2022. Die zugrunde liegende "ÖSPI-Klausel" sei "nicht sachgerecht und daher auch nicht anzuwenden. Die Tiwag wird nun ihre bisherige Haltung überdenken müssen und scheint nun den Ernst der Lage erkannt zu haben, schließlich stehen auch Rückzahlungen im Raum, etwas, wovor wir in den Gesprächen mit der Tiwag-Führung gewarnt hatten", sagte Zangerl in einer Aussendung. Im Falle von Rückzahlungen ortete der AK-Chef ein "Waterloo": "Man hat geglaubt, man kann ohne Rücksicht auf Land und Leute agieren. Das hat sich nun als Irrtum herausgestellt."

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat den Verbund wegen der Preiserhöhung auf Basis einer Klausel in den damals gültigen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Strom" geklagt. Das geschah wie üblich im Auftrag des Sozialministeriums. Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne) monierte, dass der Verbund "Strom zu 100 % aus österreichischer Wasserkraft" erzeuge und auch tatsächlich große Strommengen aus Wasserkraft selbst produziere, seine Preise aber von einem Börsenindex abhängig mache. Das sei unsachlich. Der Verbund hatte angekündigt, gegen das OLG-Urteil vor den Obersten Gerichtshof (OGH) ziehen zu wollen und Revision zu erheben.

Die Strompreiserhöhungen und -senkungen erhitzten in den vergangenen Monaten regelmäßig die politischen Gemüter. Die oppositionelle Liste Fritz in Tirol etwa bezeichnete die nunmehrige Strompreissenkung als "marginal". Die Erhöhung sei außerdem "gar nicht notwendig" gewesen, "denn das Landesunternehmen Tiwag hat allein im Jahr 2022 einen Rekordgewinn von mehr als 180 Mio. Euro eingefahren. Und so zahlen trotz Rekordgewinnen nach wie vor die Tirolerinnen und Tiroler die Zeche", teilte Klubobmann Markus Sint am Donnerstag mit.

NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer beurteilte die Preiserhöhungen der Tiwag ab Mai 2022 ebenfalls als "ungerechtfertigt": "Was auf den Verbund zutrifft, gilt auch für die Tiwag. Die Erzeugungskosten für Strom sind nicht gestiegen, sondern nur die Kosten des an der Börse gehandelten Stroms". Er forderte daher die Rückzahlung und unterstrich, "dass vor allem die Tiroler Unternehmen am stärksten und längsten von den Tiwag-Preiserhöhungen betroffen waren".

Die Verbund-Papiere gewannen in Wien letztlich 2,22 Prozent auf 76,00 Euro.

phs/tsk

APA

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Bildquelle: Verbund,ALEXANDER KLEIN/AFP/GettyImages

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