08.12.2020 09:59:44

VDMA: Deutscher Maschinenbau schöpft neuen Mut

Von Andrea Thomas

FRANKFURT/BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Maschinenbauer werden im coronabedingten Krisenjahr 2020 deutlich weniger produzieren als im Vorjahr, allerdings wird der Rückgang etwas weniger heftig ausfallen als bislang erwartet. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) erwartet einen Rückgang der preisbereinigten Produktion in diesem Jahr von 14 Prozent und einen Anstieg der Produktion für das Jahr 2021 von 4 Prozent. Im Oktober war der Verband noch von einem Rückgang von 17 Prozent für dieses Jahr und von einem Produktionsanstieg von 2 Prozent für das kommende Jahr ausgegangen.

"Für nicht wenige Betriebe dürfte dieses Jahr im Schatten der Corona-Pandemie das schwierigste seit Jahrzehnten werden. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Betriebe ihre Produktion und ihren Service aufrechterhalten und den Personalabbau in engen Grenzen halten konnten", erklärte VDMA-Präsident Karl Haeusgen auf der virtuellen Jahrespressekonferenz des Verbands. Die sich leicht aufhellende Konjunktur wirkt sich laut VDMA positiv für das Jahr 2021 aus.

Allerdings sei die Prognose des Maschinenbaus unsicherer als zu anderen Zeiten. Zu den Gründen zählt laut VDMA die Unsicherheit in der globalen Wirtschaft, die Gift sei für die Investitionsgüterkonjunktur. Auch belaste der weiterhin vorhandene Protektionismus sowie der rasante Strukturwandel in der wichtigen Abnehmerbranche Fahrzeugbau. Die "eigentliche Herausforderung" für den Aufschwung des Sektors würden im kommenden Jahr allerdings die Liquiditätsengpässe werden. Denn die Maschinenbauer treten üblicherweise bei anziehender Konjunktur und Auftragslage in Vorleistung.

Nur geringer Arbeitsplatzabbau

Trotz der anhaltenden Corona-Krise bleibt nach Einschätzung des VDMA der Maschinen- und Anlagenbau der größte industrielle Arbeitgeber. Von Dezember vergangenen Jahres bis Ende September diesen Jahres ist die Zahl der Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten um 34.000 auf 1,029 Millionen Menschen gesunken.

Bis Jahresende wird die Beschäftigtenzahl nach Schätzungen der VDMA-Volkwirte auf rund 1,025 Millionen sinken, ein Rückgang von 38.000 Stellen zum Vorjahr.

Lobend äußerte sich der Verband zum Kurzarbeitergeld, das sich als "sehr erfolgreiches Instrument" bewährt habe. "Aber der Zwang zur Veränderung wird drängender und verlangt nach Antworten, schon um die Verschleppung struktureller Anpassungen zu verhindern", mahnte Haeusgen.

Kein Lockdown der Industrie

Der VDMA forderte zudem die Politik auf, den Unternehmen "so schnell wie möglich" eine perspektivische Exit-Strategie aus der aktuellen Sondersituation zu geben. Zentral sei allerdings, dass es weiterhin zu keinem Lockdown der Industrie komme. Auch müssten Kitas und Schulen so weit wie möglich offen bleiben und berufliche Reisen mit wenig bürokratischem Aufwand wieder möglich werden.

Wichtig sei auch ein effektiver Einsatz der staatlichen Mittel in der aktuellen Corona-Pandemie. "Notwendige und richtige Krisenintervention durch den Staat und die EU darf nicht zu kleinteiliger, überregulierter Industriepolitik degenerieren", forderte der VDMA-Präsident.

Wichtig seien auch strukturelle Änderungen, wie etwa die dauerhafte Ausweitung des Verlustrücktrags auf mindestens 10 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren. Zudem müsse die degressive Abschreibung von 25 Prozent allgemein und unbefristet eingeführt werden - nicht nur auf 2020 und 2021 befristet, wie aktuell im Konjunkturpaket vorgesehen.

Brauchen Freihandelsabkommen

Auch warnte der VDMA, dass das Erfolgsmodell des deutschen Maschinenbaus mit rund 80 Prozent Exportanteil durch den weltweit zunehmenden Protektionismus akut gefährdet sei.

Inzwischen seien rund 35 Prozent der deutschen Exporte in Drittstaaten von Handelshemmnissen betroffen. Die Maschinen- und Anlagenbauer forderten daher grundsätzlich einen freien Zugang für Maschinen und Anlagen, für Kapital und auch für Personen auf allen Märkten. Der VDMA lehnte daher die von der Bundesregierung geplante Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts und der Außenwirtschaftsverordnung für Investitionen aus Drittstaaten ab.

Vielmehr gelte es, auf neue Freihandelsabkommen der EU mit den wichtigsten Handelspartnern zu setzen, insbesondere mit den USA. In der Agenda des nominierten US-Präsidenten Joe Biden mit dem anvisierte Umbau der US-Industrie hin zu einer deutlich sozialpolitischeren und klimaorientierten Wirtschaft sieht der VDMA neue Chancen für den europäischen Maschinenbau. Wichtig sei allerdings, dass die "inflationäre Androhung von Strafzöllen" aufhören müsse, so der VDMA.

Auch das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur sollte rasch ratifiziert werden. Europäische Firmen seien hinter den USA und China nur drittwichtigster Maschinenlieferant der Region. Mit dem Mercosur-Abkommen könnte eine ehrliche Partnerschaft und Zugang zu moderner Industrietechnologie erreicht werden.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/mgo

(END) Dow Jones Newswires

December 08, 2020 04:00 ET (09:00 GMT)

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