21.01.2016 17:15:50

UPDATE2/Draghis Lockerungsankündigung überrascht Märkte positiv

   --EZB-Präsident stellt für März weitere Maßnahmen in Aussicht

   --Draghi: Geldpolitik wird geprüft und gegebenenfalls angepasst

   --Euro sackt nach Draghis Pressekonferenz ab, Aktien steigen

   (NEU: Kommentare von Bankvolkswirten, Marktreaktionen)

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)--Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt und damit deutliche Finanzmarktreaktionen ausgelöst. In den Einleitenden Bemerkungen zur Pressekonferenz nach den aktuellen Beratungen des EZB-Rats sagte Draghi, der Rat werde die Geldpolitik im März prüfen und gegebenenfalls anpassen. Der EZB-Präsident verwies darauf, dass im März die neuen Stabsprojektionen veröffentlicht werden, die dann erstmals auch das Jahr 2018 erfassen werden. Volkswirte rechnen nun zumindest mit einer weiteren Senkung des Einlagenzinses.

   "Deutlicher, als über eine solche Aussage in den Einleitenden Bemerkungen, kann man eigentlich nicht sagen, dass man mehr tun wird", sagte Alexander Krüger, der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Zumal, so fügt er hinzu, da der EZB-Rat gleich noch auf den unerwartet schwachen Inflationsdruck hingewiesen habe. "Das sagt ja nicht Draghi, dass hat der Rat einstimmig beschlossen."

   Carsten Brzeski, der Chefvolkswirt der ING-Diba, weist auf ein weiteres Detail der Einleitenden Bemerkungen hin: "Wir erwarten, dass sie (die Zinsen) für längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden." Mit anderen Worten: Sie können weiter sinken.

   Nordea-Volkswirt Jan von Gerich tippt, dass der EZB-Rat seinen Einlagenzins im März um 10 Basispunkte senken und das Monatsvolumen des Anleihekaufprogramms um 10 Milliarden auf 70 Milliarden Euro anheben wird. "Angesichts anhaltend niedriger Inflationsraten und nur langsam reagierender Inflationserwartungen dürfte ein ähnliches Lockerungspaket im Juni folgen", prognostizierte er.

   Zuvor hatte der EZB-Rat wie erwartet beschlossen, die Leitzinsen auf Rekordtief zu lassen. Erst im Dezember hatte er den Satz für Bankeinlagen von minus 0,20 auf minus 0,30 Prozent gesenkt und beschlossen, das Anleihekaufprogramm mit seinem bisherigen Monatsvolumen von 60 Milliarden Euro um sechs Monate zu verlängern.

   Zudem sollen die Erträge aus fällig werdenden Papieren reinvestiert werden und die Banken bis Ende 2017 mit Liquidität nach Wunsch versorgt werden. Außerdem wurden bestimmte Anleihen regionaler Körperschaften für ankauffähig erklärt.

   In seinen eigenen, nicht vom EZB-Rat gedeckten Erläuterungen arbeitete der EZB-Präsident die Handlungsbereitschaft des Rats noch etwas deutlicher heraus: Er sagte, die im Dezember beschlossenen geldpolitischen Maßnahmen seien den damaligen Verhältnissen angemessen gewesen. Er fügte hinzu: "Seit Dezember haben sich die Umstände geändert." Der EZB-Präsident verwies darauf, dass der Inflationspfad 2016 deutlich tiefer verlaufe als im Dezember angenommen.

   Genauer wollte sich der EZB-Präsident nicht äußern. Er sagte lediglich, der EZB-Rat habe bei den aktuellen Beratungen noch nicht über spezielle Instrumente geredet. Die EZB werden aber in der Zwischenzeit dafür sorgen, dass alle notwendigen Instrumente einsatzbereit seien. "Eigentlich hatte man gedacht, dass bereits für die Dezember-Sitzung alle verfügbaren Instrumente auf den Tisch gelegt worden sind", kommentierte Carsten Brzeski diese Aussage.

   Die EZB wird laut Draghi alles Erforderliche tun, um ihrem Mandat einer mittelfristigen Inflationsrate von knapp 2 Prozent gerecht zu werden. "Wir kapitulieren dabei auch nicht vor den globalen Rahmenbedingungen", sagte Draghi in Anspielung auf den starken Rückgang der Öl- und Rohstoffpreise.

   Der EZB-Präsident prognostizierte, dass die Inflation in den nächsten Monaten sehr niedrig bleiben werde. Mögliche Zweitrundeneffekte gelte es genau zu beobachten, auch wenn derzeit noch nichts von ihnen zu sehen sei.

   In Reaktion auf die Äußerungen des EZB-Präsidenten sank der Euro von 1,09 auf unter 1,08 US-Dollar und stabilisierte sich später bei 1,082 Dollar. Aktien legten während der Pressekonferenz deutlich zu, gaben diese Gewinne aber später teilweise wieder ab. Derzeit liegt der Dax knapp 1,8 Prozent im Plus. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank um 4 Basispunkte auf 0,38 Prozent, den tiefsten Stand seit Mai 2015

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   DJG/hab/bam

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   January 21, 2016 10:45 ET (15:45 GMT)

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