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02.11.2013 19:26:31

UPDATE2: Berlin und Washington wollen Anti-Spionage-Abkommen schließen

   -- Deutschland und USA wollen Abkommen zeitnah abschließen

   -- Bundesnachrichtendienst soll Abhörtechnik in Europa mit entwickelt haben

   -- Deutsche Politiker für Snowden-Befragung, aber in Russland

   (NEU: Reaktion vom BND, NSA soll Überwachung von Merkel-Handy eingeräumt haben)

   Von Markus Klausen

   Als Konsequenz aus dem Spionageskandal sind die USA nach heftiger Kritik an ihren Abhörpraktiken offenbar zu einem Anti-Spionage-Abkommen bereit. Zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland soll es eine Übereinkunft darüber geben, die die gegenseitige Ausspähung von Regierungen und Bürgern verbietet. Eine entsprechende Absprache habe eine Delegation des Kanzleramts Mitte der Woche mit dem Weißen Haus in Washington getroffen, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf Kreise der Bundesregierung.

   Beide Seiten seien übereingekommen, ein solches Abkommen "zeitnah" zu schließen, voraussichtlich schon zu Beginn des kommenden Jahres. Möglich sei ein bilaterales zwischenstaatliches Abkommen zwischen Berlin und Washington und ein paralleles Abkommen zwischen den beiden Geheimdiensten.

   Mit einer solchen Übereinkunft würden den Geheimdiensten wesentlich engere Grenzen gesetzt und verloren gegangenes Vertrauen zwischen den USA und Deutschland wiederhergestellt werden. Die Bundesregierung hatte empört auf die mutmaßliche Abhörung des Handys von Angela Merkel reagiert - und mit erhobenem Zeigefinger auf die USA gezeigt.

   NSA-Direktor Keith Alexander soll mittlerweile in kleinem Kreis eingeräumt haben, dass das Handy der Bundeskanzlerin in der Vergangenheit überwacht wurde. Bei einem Treffen im Büro der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein, an dem auch der EU-Parlamentarier Elmar Brok teilgenommen haben soll, habe Alexander laut Spiegel auf die Frage Feinsteins, ob Merkel abgehört werde, geantwortet: "Nicht mehr".

   Der Spiegel beruft sich dabei auf Teilnehmer des Treffens. Die NSA wollte dazu gegenüber dem Magazin keine Stellung nehmen. Am Samstag war bei der NSA zunächst niemand für einen Kommentar zu erreichen.

   Neue Enthüllungen werfen allerdings auch zunehmend Fragen über die Rolle Deutschlands auf. So soll der Bundesnachrichtendienst (BND) bei der Entwicklung von Techniken zur Überwachung von Telefon- und Internetleitungen eine aktivere Rolle gespielt haben als bisher bekannt. Der BND hat einem Bericht des Guardian zufolge in den vergangenen fünf Jahren intensiv mit den Geheimdiensten aus Frankreich, Spanien, Schweden und vor allem aus Großbritannien kooperiert. Die Deutschen sollen dabei sogar für ihre technischen Fähigkeiten von ihren Partnern bewundert worden sein.

   Eine Schlüsselrolle bei der europäischen Zusammenarbeit soll der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) gespielt haben. Die Spione von der Insel sollen den Partnern dabei geholfen haben, nationale Gesetze, mit denen die Überwachungsaktivitäten eingeschränkt werden, auszuhebeln. "Wir haben den Bundesnachrichtendienst dabei unterstützt, die sehr restriktiven Überwachungsgesetze in Deutschland zu reformieren oder neu zu interpretieren", zitiert der Guardian aus Dokumenten, die ihm vom früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden zugespielt worden sind.

   Die Geheimdienste sollen gemeinsam Methoden entwickelt haben, um Telefon- und Internetverkehr auch unter Zugriff auf Glasfaserleitungen und verdeckte Beziehungen zu Telekomunternehmen massenhaft überwachen zu können. Der BND soll bei den ausländischen Geheimdiensten dabei mit seinen Fähigkeiten einen starken Eindruck hinterlassen haben. Die Deutschen hätten Aussagen aus dem Jahr 2008 zufolge erhebliches technisches Know-how und einen guten Zugriff auf das Internet. In dem Bericht ist allerdings nicht die Rede davon, dass die technischen Fähigkeiten auch genutzt und Leitungen überwacht worden sind.

   "Mit europäischen Diensten findet ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch über technische Entwicklungen statt", teilte der BND am Samstag mit. Nicht zutreffend sei die Darstellung im Guardian hinsichtlich angeblicher Bemühungen des Nachrichtendienstes, gesetzliche Restriktionen zu umgehen, um britische Erfassungstechnik einsetzen zu können. Der BND habe sich an Gesetz und Recht gehalten.

   Zu dem Vorwurf, dass der BND gemeinsam Methoden mit anderen Nachrichtendiensten entwickelt habe, wollte sich ein Sprecher auf Nachfrage nicht äußern. "Zu Details der Zusammenarbeit äußert sich der BND grundsätzlich nur gegenüber der Bundesregierung und den geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages."

   Eine Sprecherin der Bundesregierung wollte sich zu dem Thema nicht äußern.

   Erste Kritik an einem No-Spy-Abkommen zwischen den USA und Deutschland kommen unterdessen aus dem Europaparlament. "Die Amerikaner wollen mit einem solchen Abkommen die Aufregung über die Aktivitäten der NSA dämpfen, ohne an der Massenüberwachung etwas zu ändern", sagte der deutsche Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) der FAZ. Er befürchte, dass das gemeinsame Auftreten der EU gegenüber den Vereinigten Staaten durch bilaterale Vereinbarungen torpediert werde.

   Der Europa-Abgeordnete Axel Voss von der CDU sagte, er hoffe, "dass sich Europa bei bilateralen Vereinbarungen nicht auseinander dividieren lässt". In der Bundesregierung wird indes darauf hingewiesen, dass die EU keinen eigenen Nachrichtendienst hat und deshalb auf diesem Feld nicht handlungsfähig sei. Zudem seien nicht alle europäischen Staaten gleichermaßen von der Problematik betroffen. Für eine rasche Einigung sei ein bilaterales Abkommen der einzig gangbare Weg.

   Um weitere Details in der Spähaffäre zu erhalten, sind Politiker einer Befragung von Snowden in Deutschland unterdessen abgeneigt. "Ein deutscher Untersuchungsausschuss könnte Edward Snowden auch in Russland in den Räumen der deutschen Botschaft vernehmen. Als Zeuge wäre er hilfreich", sagte der Vorsitzendes des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, Elmar Brok (CDU), der Bild am Sonntag.

   Andreas Schockenhoff (CDU) sagte der Zeitung Die Welt, Snowden könne ein "sachverständiger Zeuge für uns" sein, eine Befragung durch deutsche Vertreter sei aber nur in Russland möglich. Der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück begrüßte eine mögliche Vernehmung des Whistleblowers. "Wenn es die Möglichkeit dazu gibt, sollten wir ihn (auch) in Deutschland anhören."

   Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hält es dagegen für falsch, Snowden nach Deutschland einreisen zu lassen. "Es gibt die Möglichkeit, dass eine Abordnung des Bundestages nach Moskau fährt", sagte Uhl der Berliner Zeitung". Dies könne der Fall sein, wenn sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss konstituiere.

   Aus Sicht des Kreml steht einer Befragung von Snowden durch deutsche Vertreter in Russland nichts im Weg. "Er (Snowden) befindet sich auf russischem Territorium, hat vorläufiges Asyl erhalten und ist deshalb frei, sich mit irgendjemandem zu treffen. Wir können ihn daran nicht hindern", sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, der russischen Tageszeitung Kommersant (Samstag).

   Russland hätte auch keinerlei Einwände gegen eine Ausreise von Snowden nach Deutschland. "Er ist frei, seine Koffer zu packen und hinzufliegen wohin er will", sagte Putins Sprecher am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Wenn Snowden dann zurückkehren wolle, müsse er allerdings erneut Asyl beantragen. "Er kann nur ein Mal ausreisen", sagte Peskow.

   Mitarbeit: Nina Adam

   DJG/kla

   (END) Dow Jones Newswires

   November 02, 2013 13:54 ET (17:54 GMT)- - 01 54 PM EDT 11-02-13

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