05.06.2015 19:06:58

UPDATE/Umweltministerin Hendricks will weg von fossiler Energie

   --Umweltministerin fordert Ergebnisse beim G7

   --Laut Bericht Fehler in deutscher Klimabilanz

   --Industrie und Gewerkschaften beharren auf KWK

   (NEU: Spiegel-Vorab zu Klimabilanz und Klimaabgabe, mehr Hintergrund)

   Von Hans-Joachim Koch und Stefan Lange

   BERLIN (Dow Jones)--Bundesumweltministerin Barbara Hendricks fordert vor dem G7-Gipfel im bayerischen Elmau eine vollständige Abkehr der Weltwirtschaft von Energie aus Kohle, Öl und Erdgas. "Wir brauchen eine klimaneutrale Weltwirtschaft in diesem Jahrhundert", sagte die SPD-Politikerin Spiegel Online. Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtete derweil von einer peinlichen Panne, wonach in der deutschen Klimabilanz rund acht Millionen Tonnen CO2 fehlen. Der Vorgang dürfte auch Einfluss auf die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel geplante Klimaabgabe haben.

   Hendricks sagte mit Blick auf den am Sonntag und Montag stattfindenden G7-Gipfel, es komme jetzt darauf an, dass bis spätestens Oktober alle großen Länder ihre Zusagen für den Pariser Klimagipfel machten, wie viel Treibhausgase sie künftig einsparen wollen. Bei dem Treffen in Elmau beraten die Staats- und Regierungschefs auch über Wege zu einem Welt-Klimavertrag, der Ende des Jahres in der französischen Hauptstadt geschlossen werden soll. "Wir werden in Paris keinen Big Bang erleben, der alle Klimaprobleme ein für alle Mal aus der Welt schafft. Aber wir wollen gemeinsame Regeln für den Klimaschutz verabreden", bremste Hendricks allzu hohe Erwartungen an das Treffen.

   Beamte übersehen zwei Kraftwerke

   Laut Spiegel fehlen in der aktuellen Klimabilanz Deutschlands rund acht Millionen Tonnen CO2 aus dem Energiesektor. Das gehe aus einer vertraulichen Analyse des Bundesverbands der Energiebranche (BDEW) hervor, berichtete das Magazin am Freitag vorab. Als Grund für die Fehlmenge wird eine Datenpanne im Statistischen Landesamt Nordrhein-Westfalen genannt.

   Demnach haben dessen Beamte die Inbetriebnahme von zwei Steinkohlekraftwerken in Duisburg-Walsum und in Lünen übersehen. Seit dem Jahr 2013 seien deshalb für diese Kraftwerke keine Daten an die entsprechenden Behörden in Berlin geliefert worden.

   Um die hochgesteckten Klimaziele noch zu erreichen, müsse die Energiewirtschaft bis 2020 nicht nur 37, sondern 45 Millionen Tonnen CO2 einsparen, schreibt der Spiegel unter Berufung auf den Chef der Ideenfabrik Agora, Patrick Graichen. Agora berät unter anderem mehrere Bundesministerien bei der Umsetzung der Energiewende.

   Kraft-Wärme-Kopplung im Fokus

   Die Fehlmenge dürfte zudem die Diskussion um die von Minister Gabriel geplante Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke neu befeuern. Damit Deutschland sein nationales Klimaziel halten kann, bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber 1990 um 40 Prozent zu senken, will Gabriel den Stromsektor heranziehen. Durch die Stilllegung von alten Kohlekraftwerken ließen sich am einfachsten jene 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen, die für den Klimaschutz benötigt werden. Gabriel plant deshalb, die Kraftwerke mit einer Art Strafabgabe zu belegen, so dass ihr Betrieb unwirtschaftlich würde.

   Wie der Spiegel berichtete, wurde dieser Plan bei einem Treffen von Gabriel mit dem Vorsitzenden der Bergbaugewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, und den Fachministern wichtiger Braunkohle-Bundesländer am vergangenen Mittwoch zumindest aufgeweicht. In der Runde verständigte man sich demnach auf ein Bündel anderer Maßnahmen, darunter die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).

   KWK günstiger als Strafabgabe

   Auf die Vorteile dieser Technik hatten IG BCE und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bereits vergangenen Donnerstag bei der Vorstellung einer Studie hingewiesen. Demnach kosten der Ausbau der KWK-Kraftwerke und die zusätzlich geforderten Kapazitätsprämien für Kraftwerke bis 2020 rund 1,1 Milliarden Euro. Die Strafabgabe für Kohlekraftwerke würde die Stromkunden aber mit 4,3 Milliarden Euro belasten, weil sie angeblich zur Abschaltung der Blöcke führen würde. "Die Folge wäre die unmittelbare Stilllegung von 11,2 GW (Gigawatt) Braunkohlekapazitäten und mehrerer Tagebaue", heißt es in der Studie. Der billige Kohlestrom müsste also durch teureren Strom aus Gaskraftwerken oder Windrädern ersetzt werden, was die Verbraucher zu spüren bekämen.

   Industrie und Gewerkschaft befürchten wirtschaftliche Verluste und den Wegfall tausender Arbeitsplätze durch Gabriels Strafabgabe. "Ziel muss es sein, CO2-Emissionen möglichst effektiv, kosteneffizient und sozialverträglich für Beschäftige wie Industrie zu senken", erklärte Vassiliadis bereits.

   (Mitarbeit: Christian Grimm)

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl/smh/jhe

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   June 05, 2015 12:00 ET (16:00 GMT)

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