09.07.2015 18:05:45

UPDATE/Merkel und Schäuble stellen sich gegen Schuldenschnitt

   --Politiker wollen weder Streckung noch Streichung von Schulden

   --Kanzlerin steht auch innenpolitisch unter Druck

   --Liste mit Reformplänen aus Athen noch nicht eingegangen

   (Durchgehend neu)

   Von Christian Grimm und Hans Bentzien

   BERLIN/FRANKFURT (Dow Jones)--Im Endspiel um Griechenland stellen sich zwei der mächtigsten Politiker der Eurozone gegen einen Schuldenerlass für Athen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) erteilten am Donnerstag entsprechenden Forderungen nach Streckung oder teilweisen Streichung der Schuldenlast eine Absage.

   Die Kanzlerin will den Griechen keinen groß angelegten Schuldenschnitt gewähren und verweist darauf, dass Athen auch aus dem letzten Entgegengekommen nichts gemacht habe. Ein klassischer Haircut komme für sie nicht in Frage, sagte Merkel am Donnerstag beim Staatsbesuch in Sarajewo. "Wir beschäftigen uns nicht zum ersten Mal mit der Schuldentragfähigkeit", ergänzte sie und spielte auf die Zinsstundung und Laufzeitverlängerung für einen Teil der gewährten Rettungskredite an. Nach Berechnungen des Münchner info-Instituts summieren sich die gewährten Erleichterungen auf 43 Milliarden Euro.

   Schäuble gibt sich skeptisch

   In die gleiche Kerbe schlug der Bundesfinanzminister: "Wir werden in den nächsten Tagen darüber sprechen, aber in Bezug auf eine Neuprofilierung oder Restrukturierung der Schulden bin ich skeptischer als Michel Sapin", sagte Schäuble mit Blick auf seinen französischen Amtskollegen bei einer Tagung der Bundesbank. Die französische Regierung agiert in Fragen der Haushaltsdisziplin nicht mit der gleichen Strenge wie Deutschland. Der CDU-Minister wollte sich auch aus der Geschichte keine Nachsicht aufdrängen lassen. Einen Vergleich mit der Schuldenkonferenz von 1953, als der Bundesrepublik Kriegsschulden erlassen wurden, nannte er irreführend.

   Vor dem Showdown am Sonntag verschiebt sich aber nach und nach der Diskurs, ob den Griechen nicht doch mehr Last von den Schultern genommen werden sollte. Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und EU-Ratspräsident Donald Tusk drängen auf ein Zusammenstreichen des riesigen Schuldenbergs. Von Athen verlangte Verpflichtungen für Reformen sollten von den Gläubigern mit "einem ebenso realistischen Vorschlag bei der Schuldentragfähigkeit" begleitet werden, sagte Tusk in Luxemburg. Lagarde hält eine Umschuldung, also Verlängerung der Laufzeiten und Senkung der Zinsen, für "notwendig".

   Für Ministerpräsident Alexis Tsipras war und ist ein Schuldenschnitt eine zentrale Forderung. Sein Land steht mit 180 Prozent der Wirtschaftsleistung in der Kreide. Ökonomen glauben nicht, dass die Euro-Sorgenkinder diese Kredite jemals zurückzahlen können.

   In Merkels Lager wächst der Druck

   Die Kanzlerin steckt mittlerweile in einer ungemütlichen Lage, weil der Druck in der Unionsfraktion gegen weitere Milliarden für die Griechen wächst. Bekannte Politiker wie die ehemaligen Minister Peter Ramsauer und Hans-Peter Friedrich (beide CSU) werben öffentlich für ein "Nein". Unterstützt werden sie unter anderem von den CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach und Christian von Stetten.

   Schäuble und Merkel warten wie die anderen Finanzminister und Regierungschefs der Eurozone gespannt darauf, dass Griechenland die finale Reformliste einreicht. Die griechische Seite hat dazu Zeit bis 24 Uhr. Laut Schäuble ist die Liste noch nicht eingegangen. Bisher liegt nur ein allgemeiner Antrag der Griechen auf ein drittes Hilfsprogramm über drei Jahre vor.

   Griechische Medien berichten über erste Details aus der Reformliste, an der die Regierung unter Hochdruck arbeitet. Demnach soll das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben werden. Frührenten sollen der Vergangenheit angehören. Außerdem soll die Mehrwertsteuer für Hotels und Restaurantbesuche steigen. Insgesamt sollen Kürzungen und höhere Steuern zusammen 10 Milliarden bringen.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/chg/jhe

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   July 09, 2015 11:34 ET (15:34 GMT)

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