06.07.2015 20:49:45

UPDATE/Merkel fordert von Tsipras präzise Vorschläge in dieser Woche

   -- Griechischer Ministerpräsident soll Dienstag sagen, wie es weitergeht

   -- Merkel sieht derzeit keine Voraussetzung für Verhandlungen

   -- Hollande sieht Dringlichkeit für Griechenland und ganz Europa

   (NEU: weitere Aussagen, Hintergrund)

   Von Andreas Kißler

   BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras vor dem Euro-Sondergipfel am Dienstag dazu aufgefordert, noch in dieser Woche konkrete Pläne für mittelfristige Reformen vorzulegen. Derzeit bestehe keine Voraussetzung für Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm, betonte Merkel nach einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsidenten Francois Hollande am Montagabend in Paris.

   "Morgen wird es wichtig sein, dass der griechische Ministerpräsident uns sagt, wie es weiter gehen soll, und welche präzisen Vorschläge er uns für ein mittelfristiges Programm, das auch Griechenland wieder zu Prosperität und zu Wachstum führt, unterbreiten kann", erklärte die Kanzlerin und fügte hinzu: "Wir werden darauf Wert legen, dass in dieser Woche solche Vorschläge auf den Tisch kommen müssen, damit wir die Situation so, wie sie im Augenblick ist, dann auch auflösen können." Die Zeit dränge, betonte Merkel.

   "Wir sagen sehr deutlich, dass die Tür für Gespräche offen bleibt", hob sie hervor. In diesem Sinne sei auch das Treffen am Dienstag zu verstehen. "Aber wir sagen gleichzeitig, dass die Voraussetzung für den Eintritt in Verhandlungen zu einem konkreten ESM-Programm zurzeit nicht gegeben ist", betonte sie mit Blick auf ein Hilfsprogramm aus dem europäischen Rettungsschirm. Ausdrücklich bekannte sie sich zum Euro, unterstrich aber, dass dafür gemeinsame Verantwortung und Solidarität gleichermaßen nötig seien. "Wir wollen diese eine Währung behalten", sagte Merkel.

   Brüsseler Krisentreffen sollen Klarheit bringen

   Hollande sagte ebenfalls, die Tür stehe "zu Diskussionen offen", jedoch müsse Tsipras konkrete Pläne vorlegen. "Wir haben nicht viel Zeit", erklärte Frankreichs Staatspräsident. "Es liegt eine Dringlichkeit für Griechenland und ganz Europa vor."

   Merkel hatte zuvor mit Tsipras telefoniert. Der griechische Ministerpräsident will den Geldgebern am Dienstag neue Reformvorschläge unterbreiten, die nach Berichten auch die Unterstützung der griechischen Opposition gefunden haben.

   Die Euro-Länder wollen am Dienstag bei einem Sondergipfel darüber beraten, wie es im Verhältnis zu Athen weitergehen soll. Zuvor treffen sich am Dienstagmittag die Euro-Finanzminister. "Die Minister erwarten neue Vorschläge von der griechischen Regierung", betonte die Eurogruppe am Montag.

   Bei dem Volksentscheid am Sonntag haben über 61 Prozent der Griechen die von den Geldgebern geforderten Reformen abgelehnt. Die Bundesregierung hatte daraufhin angekündigt, bei Merkels Treffen mit Hollande solle es um eine "gemeinsame Bewertung der Situation" um Griechenland gehen.

   Merkel betont Respekt vor souveräner Entscheidung

   Ausdrücklich bekundeten Merkel wie Hollande ihren Respekt vor dem Votum des griechischen Volkes in dem Referendum. "Wir respektieren diese Entscheidung im Referendum natürlich als ein Votum eines souveränen demokratischen Landes und müssen jetzt mit dieser Entscheidung umgehen", erklärte Merkel. Es gehe nun darum, wie stellten sich die anderen 18 Mitglieder der Eurozone zu diesem Votum, "und welche Wege finden wir". Hollande betonte, man habe das Ergebnis des Referendums zur Kenntnis genommen, "denn Europa, das sind Demokratien". Ebenso habe man "die Botschaft des gesamten demokratischen Parteienspektrums vernommen", dass Griechenland im Euro bleiben solle.

   Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich allerdings zurückhaltend zu den Konsequenzen für mögliche weitere Verhandlungen gezeigt. "Wir können einen Vorschlag nicht kommentieren, den wir nicht kennen, den wir gar nicht bekommen haben", sagte Schäuble nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Polen am späten Nachmittag in Warschau.

   Zum Rücktritt des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis unterstrich Schäuble, dieser habe zwar "eine Position vertreten, mit der wir in vielen Punkten nicht einer Meinung waren". Dies sei jedoch "zu keinem Zeitpunkt" ein persönliches Problem gewesen. "Jeder Nachfolger von ihm wird in der nicht einfachen Lage sein, mit seinen Kollegen in der Eurogruppe eine Lösung für die nicht einfachen Probleme seines Landes zu finden."

   USA drängen Europa zu einem Kompromiss

   Neuer griechischer Finanzminister wird nach Angaben aus Athen der bisherige Vizeaußenminister Evklidis Tsakalotos. Der Syriza-Politiker hatte bereits die jüngsten Verhandlungen mit den Geldgebern koordiniert, was als eine teilweise Entmachtung von Varoufakis interpretiert worden war.

   Unterdessen hat die US-Regierung die Eurogruppe und Athen zu einem Kompromiss gedrängt. "Das ist die Verantwortung der Europäer", sagte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest, am Montag in Washington. Es sei ein "Bündel aus Finanzhilfen und Reformen" notwendig, das Griechenland auf den "Pfad von Wirtschaftswachstum und Schuldentragfähigkeit" bringe.

   Der Internationale Währungsfonds (IWF) erklärte derweil seine grundsätzliche Bereitschaft zu Hilfen für Athen. IWF-Chefin Christine Lagarde teilte am Montag mit, der Währungsfonds habe den Ausgang der Volksabstimmung "zur Kenntnis" genommen. "Wir beobachten die Situation genau und stehen bereit, Griechenland zu unterstützen, wenn darum gebeten wird."

   Die deutsche Wirtschaft hat aber schon vor einem Aufweichen der Hilfsbedingungen für Griechenland gewarnt und die Regierung in Athen zu Reformen aufgefordert, ohne die ein Ausscheiden aus dem Euro drohe. Athen müsse jetzt "ein positives Signal an die Partner in Europa senden", verlangte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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   July 06, 2015 14:19 ET (18:19 GMT)

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