18.10.2014 12:34:32

UPDATE: Lokführer legen Bahnverkehr in Deutschland lahm

   -- Weniger als ein Drittel der Züge fährt

   -- Kritik an Arbeitskampf wächst

   -- Experten warnen vor zu großen Erwartungen an Gesetz zur Tarifeinheit, "Ritt auf der Rasierklinge"

   (NEU: Reaktionen, Kontext)

   Von Markus Klausen

   Der Lokführerstreik der Gewerkschaft GDL führt zu massiven Behinderungen im deutschen Bahnverkehr. Weniger als ein Drittel der Züge fährt an dem Wochenende, an dem in vielen Bundesländern die Herbstferien beginnen oder zu Ende gehen. Damit sind nicht nur Pendler betroffen, sondern auch viele Urlaubsreisende. Angesichts der Heftigkeit des Streiks wächst die Kritik an der GDL.

   Am Samstag sind bisher sowohl der Fern- und Regionalverkehr als auch der Gütertransport stark betroffen. Nach derzeitigem Stand fahren rund 30 Prozent der ICE- und Intercity-Züge, der Güterverkehr ist jedoch "stark eingeschränkt", wie die Deutsche Bahn mitteilte. Mit einem Ersatzfahrplan will das Unternehmen mindestens ein Drittel des Angebotes über das Wochenende hinweg aufrechterhalten.

   Der Güterverkehr ist bereits ab Freitagnachmittag von dem bundesweiten Arbeitskampf betroffen, im Personenverkehr streiken die Lokführer seit dem frühen Samstagmorgen bis Montag um 4 Uhr. Besonders betroffen seien derzeit die Regionen Leipzig/Halle, Hamburg/Hannover und Mannheim.

   Die Bahn hatte kurzfristig noch versucht, den massiven Streik mit einem aufgebesserten Angebot zu verhindern. Die Lokführer hatten das allerdings erneut zurückgewiesen. Das Angebot sei "nicht geeignet, in die Verhandlungen einzusteigen, weil es lediglich dazu da ist, das Zugpersonal zu entsolidarisieren", sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Die DB verweigere nach wie vor, inhaltliche Verhandlungen für das gesamte Zugpersonal in der GDL. Sie biete lediglich unverbindliche Gespräche und will weiterhin an der Tarifeinheit festhalten.

   Angesichts des Machtkampfs im Tarifstreit wächst die Kritik an der GDL. "Bislang haben die Gewerkschaften in Deutschland immer Augenmaß bewiesen und deshalb haben wir auch die wenigsten Streiks. Aber diese Haltung beginnt sich zu drehen", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Karl Schiewerling dem Focus.

   Kritisch äußert sich auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. "Jede Gewerkschaft hat das Recht zu streiken", so Katja Mast gegenüber dem Focus. "Aber es ist keine gute Entwicklung, wenn einzelne kleine Gruppen das Streikrecht beanspruchen, um mehr für sich herauszuholen als für alle anderen Beschäftigten."

   Knackpunkt der Tarifauseinandersetzung ist weniger die Frage über die Höhe der Lohnsteigerung als vielmehr die Frage, welche Mitarbeiter die GDL in Verhandlungen mit der Bahn vertreten kann. Die GDL streitet mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) darum, wer für welche Mitarbeitergruppe die Verhandlungen führen darf. Die Bahn will konkurrierende Tarifverträge für eine Berufsgruppe vermeiden und fordert klare Zuständigkeiten.

   Angesichts der verhärteten Fronten hatte das Unternehmen vorgeschlagen, die Tarifverhandlungen mit der GDL auszusetzen, bis die von der großen Koalition geplante gesetzliche Grundlage zur Tarifeinheit steht. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will Anfang November ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Dabei geht es um den Grundsatz, dass in einem Betrieb nicht mehrere Tarifverträge gelten sollen. Für Konfliktfälle wie bei der Deutschen Bahn werde die Bundesregierung "im Sinne einer Befriedung" einen Lösungsvorschlag machen, so Nahles am Freitag.

   Doch Experten sind angesichts der schwierigen Thematik vorsichtig und warnen vor allzu großen Erwartungen. "Juristisch ist das ein Ritt auf der Rasierklinge", sagte CDU-Experte Schiewerling dem Focus. Denn "die Verfassung setzt beim Thema Tarifeinheit enge Grenzen." Man dürfe sich "von dem Gesetz keine Wunder erwarten." Die Bundesregierung könne den Machtkampf der Arbeitnehmervertreter nicht einfach dadurch lösen, dass sie "die Gewerkschaften zur Kooperation zwingt. Wenn es zwei Gewerkschaften in einem Betrieb gibt, muss es eine Art Stufenplan geben, um zu einer Einigung zu finden, notfalls mit einem Schlichter."

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   October 18, 2014 06:03 ET (10:03 GMT)

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