01.11.2015 15:17:45
|
UPDATE/Koalitionsspitzen vertagen Entscheidung zu Transitzonen
-- Reaktionen und mehr Details
BERLIN (AFP)--Im Streit um die Flüchtlingspolitik haben die Spitzen der großen Koalition eine Entscheidung zu den umstrittenen Transitzonen vertagt. Es gebe "eine Vielzahl von inhaltlichen Gemeinsamkeiten" und einige noch offene Punkte, darunter das Thema Transitzonen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag nach einem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel in Berlin mit. Ein neues Treffen ist demnach am Donnerstag geplant.
Nach den gut zweistündigen Gesprächen im Kanzleramt erklärte Seibert, die drei Parteivorsitzenden hätten "ein konstruktives Gespräch über alle Aspekte der Flüchtlingssituation" geführt. Bis zum nächsten Treffen vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag sollen demnach Fachleute aus Bund und Ländern weitere Gespräche zum Thema Transitzonen führen.
Die Union fordert Transitzonen an den deutschen Grenzen - ähnlich denen in Flughäfen, wo die Asylchancen von Flüchtlingen sofort nach der Einreise geprüft werden. Wer keine Aussicht auf Asyl hat, soll direkt abgeschoben werden. Die SPD sperrt sich gegen Transitzonen und fordert stattdessen im gesamten Bundesland verteilte Einreisezentren. Flüchtlinge sollen sich nach Vorstellung der Sozialdemokraten ausschließlich dort registrieren und auf die Entscheidung über die Weiterverteilung warten.
Im Vorfeld des Spitzentreffens hatte Seehofer Merkel aufgefordert, für eine Begrenzung der Zuwanderung zu sorgen. Beide kamen bereits am Samstagabend mit CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und CDU-Fraktionschef Volker Kauder zu einem Gespräch über die Flüchtlingspolitik zusammen und setzten dieses auch am Sonntag nach dem Treffen mit Gabriel fort.
Der SPD-Vizevorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel forderte die Union auf, ihre Blockade aufzugeben, damit die von seiner Partei vorgeschlagenen Einreisezentren schnell umgesetzt werden könnten. Die Einreisezentren seien ein guter Lösungsansatz, um das Registrierungsverfahren von Flüchtlingen zu verbessern, sagte er dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe). "Umzäunte und bewachte Haftanstalten" seien "unmenschlich und auch vollkommen unnötig", ergänzte er mit Blick auf die Transitzonen.
Auch Gabriel hatte die Transitzonen nach einem Treffen des Parteipräsidiums und der SPD-Ministerpräsidenten am Samstag erneut als "riesige Haftzonen" kritisiert. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hannelore Kraft verwies zudem darauf, dass nur ein geringer Teil der Flüchtlinge aus einem sicheren Herkunftsland nach Deutschland komme. Es werde deshalb zu Unrecht der Eindruck erweckt, dass dadurch der Zuzug nach Deutschland gebremst würde.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wertete das Ende des Spitzentreffens ohne Ergebnisse als "Ausdruck irritierender Hilfslosigkeit". "Eine zerstrittene Regierung, die mehr auf Parteiinteressen achten muss als auf die Lösung von Problemen braucht dieses Land in diesen Tagen noch weniger als sonst", erklärte sie. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erklärte, es sei ein "Trauerspiel", dass die große Koalition sich in der Flüchtlingskrise "weiterhin als zerstritten und handlungsunfähig" erweise.
Bundeskanzlerin Merkel rechnet einem Zeitungsbericht zufolge in diesem Jahr mit der Ankunft von insgesamt einer Million Flüchtlingen in Deutschland. Dies habe Merkel vor einer Woche beim Sondertreffen zur Situation auf der Westbalkan-Route gesagt, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
Eine Regierungssprecherin erklärte dagegen, an der offiziellen Prognose der Bundesregierung von 800.000 Flüchtlingen habe sich nichts geändert. Laut Bundesinnenministerium sind von Januar bis Ende September in Deutschland 577.000 neu angekommene Flüchtlinge registriert worden.
DJG/AFP/mpt
(END) Dow Jones Newswires
November 01, 2015 08:47 ET (13:47 GMT)- - 08 47 AM EST 11-01-15
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!