08.11.2015 17:18:45
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UPDATE/Koalition streitet über Familiennachzug aus Syrien
--Koalitionsdebatte über Familiennachzug syrischer Flüchtlinge
--unterschiedliche Vorstellung auch innerhalb der Union
--de Maiziere will Familiennachzug unverändern bremsen
(NEU: Weitere Stimmen und Meinungen)
BERLIN (AFP)--Mit seinem Vorstoß für ein Verbot des Familiennachzugs für Syrien-Flüchtlinge hat Bundesinnenminister Thomas de Maiziere am Wochenende neuen Streit in der Koalition ausgelöst. Kanzleramtsminister Peter Altmaier bestätigte am Sonntag, dass er von de Maiziere nicht über dessen Vorgehen informiert wurde. Unterdessen unterstützten einige Unionspolitiker de Maiziere, andere verteidigten den bisherigen Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (alle CDU).
"Ich persönlich habe es nicht gewusst, das ist richtig", sagte Altmaier im Deutschlandfunk zum Vorgehen des Innenministers. Er stellte weiter klar, es werde vorerst dabei bleiben, Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien den Flüchtlingsstatus nach der UN-Flüchtlingskonvention zuzuerkennen und damit auch das Recht auf Familiennachzug. Für die Zukunft legte sich Altmaier allerdings nicht fest.
De Maiziere bekräftigte sein Ziel, den Familiennachzug von Flüchtlingen zu begrenzen. "Die Zahl der Flüchtlinge ist so hoch, wir können nicht noch ein Vielfaches an Familienmitgliedern aufnehmen", sagte er am Sonntag dem Sender n-tv. Zuvor hatte er am Freitagabend seinen umstrittenen Vorstoß erst einmal zurückgezogen.
Für ein Verbot des Familiennachzugs für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge plädierten auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und weitere Unionspolitiker. "Es muss der Status des sogenannten subsidiären Schutzes sein - das heißt zeitlich begrenzt und ohne Familiennachzug", sagte Scheuer der "Bild am Sonntag".
Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach kritisierte indirekt das Vorgehen des Kanzleramts und forderte in der Flüchtlingspolitik eine dominierende Rolle des Innenministeriums. Es sei "wichtig, dass wir wieder zum Ressortprinzip zurückkehren", sagte Bosbach mit Blick auf die Koordinierungsrolle Altmaiers.
Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, stellte sich auf einer Tagung in Berlin hinter den Kurs Merkels. "Sie orientiert sich in der Flüchtlingspolitik am Grundsatz: 'Der Mensch ist wichtiger als die Sache'", sagte er auf der CDA-Bundestagung unter Hinweis auf "das christliche Menschenbild" der Unionsparteien.
Bei den Syrern "bleibt es dabei, wie wir es bisher gemacht haben", stellte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Samstag im ZDF klar. Auch er sagte, die von de Maiziere geplanten Maßnahmen seien nicht in der Koalition abgesprochen gewesen, "und es ist klug, dass die wieder zurückgenommen wurden". Damit sei diese Angelegenheit erledigt.
"Es reicht jetzt wirklich", attackierte SPD-Vize Ralf Stegner im NDR den Innenminister. In der "BamS" forderte er ein Eingreifen der Kanzlerin. Den Rücktritt de Maizieres forderte neben Oppositionspolitikern auch Juso-Chefin Johanna Uekermann.
Der CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl forderte die SPD auf, über die von de Maiziere ins Spiel gebrachte Einschränkung des Familiennachzugs bei syrischen Flüchtlingen zu diskutieren. Strobl, der auch Fraktionsvize der Union ist, sagte der "Welt": "Natürlich kann jeder es menschlich nachvollziehen, wenn Flüchtlinge ihre Familie nachholen möchten. Wer in und für Deutschland Verantwortung trägt, muss aber bedenken, was das angesichts von 300.000 anerkannten syrischen Flüchtlingen bedeutet", sagte Strobl. "Darüber muss man in der Koalition noch sprechen."
Von einem "Putsch" in der Union gegen Merkel sprach in der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe) der Grünen-Politiker und Vizeministerpräsident Schleswig-Holsteins, Robert Habeck. Grünen-Chefin Simone Peter rief die Kanzlerin auf, sich persönlich klar von dem Vorstoß de Maizieres zu distanzieren. Die Grünen wollen im Bundestag "Aufklärung über Alleingänge des Innenministers" verlangen.
Gegen eine "inhumane Schleifung des Asylrechts" wandte sich in Berlin Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Auch die christlichen Kirchen warnten mit Blick auf den Familiennachzug vor einer Politik "der Abschreckung und der Abschottung", wie es in Bremen der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm formulierte.
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
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November 08, 2015 10:48 ET (15:48 GMT)- - 10 48 AM EST 11-08-15
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