04.06.2015 16:28:46
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UPDATE/Griechenland und Gläubiger nähern sich nur etwas an
-- Zentrale Probleme sind weiterhin ungeklärt
-- Moscovici: Die nächsten Tage sind absolut entscheidend
-- Varoufakis: Neuwahlen sind nicht notwendig, Regierung hat klaren Auftrag
(NEU: weitere Details, Merkel, Kreise-Informationen zu nächstem Treffen)
Von Gabriele Steinhauser, Marcus Walker, Viktoria Dendrinou und Nektaria Stamouli
BRÜSSEL/ATHEN (Dow Jones)--Griechenland und seine Geldgeber haben sich im Schuldenstreit in einigen Punkten angenähert, einige zentrale Probleme sind aber weiterhin ungeklärt, wie europäische Offizielle sagten. Die Lage bleibe schwierig. Nachdem das Spitzentreffen zur Griechenlandkrise in Brüssel am Donnerstagmorgen ohne Durchbruch beendet wurde, wolle Griechenland seinen Kreditgebern nun ein "Gegenangebot" unterbreiten, sagten zwei der Informanten.
"Die nächsten Stunden, die nächsten Tage sind absolut entscheidend", sagte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici. "Ich würde sagen, dass ich optimistisch bin." Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras werde sich in den nächsten Tagen erneut mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker treffen, sagte Junckers Sprecher Margaritis Schinas.
Nicht ganz so optimistisch äußerte sich Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Die Differenzen zwischen Athen und seinen Gläubigern seien weiter recht groß, sagte er am Donnerstag. Es gebe keinen Grund für weitere Verhandlungen, wenn es nichts Neues zu diskutieren gebe, erklärte Dijsselbloem.
Nach Angaben aus EU-Kreisen soll nun eine nächste Zusammenkunft am Freitagabend stattfinden. Ein mit den Verhandlungen vertrauter EU-Vertreter erwartet eine lange Verhandlungsnacht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihr Ziel eines griechischen Verbleibs in der Eurozone bekräftigt und zugleich ihre Rolle bei den jüngsten Verhandlungen mit Athen heruntergespielt. "Ich werde weiter darauf hinarbeiten, dass Griechenland in der Eurozone bleiben kann," sagte die Kanzlerin in einem Interview mit RTL Aktuell nach Angaben des Senders. Mit Blick auf die jüngsten Verhandlungen verwies die Kanzlerin auf die Zuständigkeit der drei Gläubiger-Institutionen.
Geldgeber gehen auf Athen zu
Im Vorfeld des Spitzentreffens zwischen Juncker, Tsipras und Dijsselbloem hatten sich die Kreditgeber offenbar zu Zugeständnissen durchgerungen. In ihrem vorgestellten "letzten Angebot" an die Regierung in Athen machten Griechenlands Geldgeber beispielsweise beim Primärüberschuss weniger harte Vorgaben als zuvor. So werde von Griechenland in diesem Jahr nur noch ein Primärüberschuss von einem Prozent verlangt, sagte ein mit dem Vorschlag vertrauter Offizieller. Im nächsten Jahr soll der Primärüberschuss, also der Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen und Schuldentilgung, 2 Prozent erreichen, 2017 3 Prozent und 2018 3,5 Prozent.
Ursprünglich hatte die Vorgabe für dieses Jahr auf 3 Prozent und für nächstes Jahr auf 4,5 Prozent gelautet. Allerdings sind die neuen Vorgaben für den Primärüberschuss immer noch höher als von Griechenland erhofft. Um diese Vorgaben zu erfüllen, müsste die Regierung weitere harte Einschnitte vornehmen und würde damit womöglich auf Konfrontationskurs mit den linken Hardlinern gehen.
Darüber hinaus fordern die Kreditgeber von Juli an Kürzungen bei den Rentenausgaben. Diese Einsparungen sollen in diesem Jahr 0,25 bis 0,5 Prozent zu Griechenlands Bruttoinlandsprodukt beitragen und im kommenden Jahr 1 Prozent.
Auch in Sachen Arbeitsmarkt scheinen Griechenlands Geldgeber zu Zugeständnissen bereit. So sieht der Vorschlag der Gläubiger weder einen weiteren Stellenabbau im öffentlichen Dienst noch eine unmittelbare Lockerung des Kündigungsschutzes vor.
Trotz Annäherung bleibt ein weiter Weg
Im Anschluss an der Spitzentreffen hatte Tsipras allerdings bereits zu verstehen gegeben, dass er zwar mit den neuen Vorgaben für den Primärüberschuss einverstanden ist, nicht aber mit weiteren Einschnitten bei den Rentenausgaben oder der von den Kreditgebern unverändert geforderten Mehrwertsteuererhöhung.
Ein EU-Offizieller sagte jedoch, Tsipras habe während des Spitzentreffens am Mittwoch weder die von den Gläubigern verlangten Kürzungen bei den Rentenausgaben noch Mehrwertsteuererhöhung rundheraus abgelehnt. Beides bleibe Gegenstand weiterer Verhandlungen.
"Vorschläge und Gegen-Vorschläge sind Teil der Verhandlungen, die andauern", erklärte ein Offizieller. Am Mittwoch hätten sich die beiden Seiten bei wenigen Punkten angenähert, bei anderen aber nicht. ""Es wird schwierig werden", ergänzte die Person.
Nach Aussage eines Vertreters Griechenlands müssen die Verhandlungen spätestens bis zum 14. Juni abgeschlossen sein. Das sei die Frist, die die EU-Kommission vorgegeben habe.
Angesichts der stockenden Gespräche wurden in den vergangenen Tagen vereinzelt Stimmen nach möglichen Neuwahlen in Griechenland laut. Dazu sagte Finanzminister Yanis Varoufakis im griechischen Radio am Donnerstag, dass vorgezogene Parlamentswahlen nicht nötig seien. "Das Volk hat unserer Regierung ein klares Mandat gegeben", betonte er.
Griechenland läuft die Zeit davon. Bis Ende Juni muss das Land insgesamt 1,5 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Bis zum 5. Juni werden 300 Millionen Euro davon fällig. Beobachter gehen davon aus, dass Griechenland diese Rate wird überweisen können. Europäische Offizielle glauben allerdings, dass Griechenland die verbliebenen 1,25 Milliarden Euro unter Umständen nur wird zurückzahlen können, wenn das Land bis dahin an frisches Geld kommt.
Mitarbeit: Andreas Kissler
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
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June 04, 2015 09:58 ET (13:58 GMT)
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