15.08.2016 17:36:45

UPDATE/Gabriels mögliche "Flexi-Steuer" entzweit die Koalition

   -- Indexierung von Steuersätzen im Gespräch

   -- Ministerium: Kein fertiges Konzept

   -- Kritik von CSU, FDP und Mittelstand

   (NEU: Ohoven)

   Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Ein Vorschlag aus dem Bundewirtschaftsministerium, die Benzinsteuer flexibel an die Höhe der Spritpreise anzupassen, sorgt für reichlich Streit in der Regierungskoalition.

   In einem "Grünbuch Energieeffizienz", über das jetzt bis Ende Oktober öffentlich diskutiert werden soll, wird zum Beispiel vorgeschlagen, durch eine Indexierung von Steuersätzen das Energiesparen auch in Zeiten niedriger Rohstoffpreise zu fördern. Übersetzt: Fallen die Spritpreise an der Tankstelle, erhöht sich im Gegenzug die auf das Benzin erhobene Steuer, um die Bürger zum Spritsparen anzuhalten.

Ministerium: Diskussionsvorschlag, kein fertiges Konzept Das Wirtschaftsministerium relativierte allerdings die Pläne für eine solche "Flexi-Steuer", die in dem Grünbuch des Ministeriums über Energieeffizienz enthalten sind. "Es handelt sich hierbei um einen Diskussionsprozess, kein fertiges Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums", betonte eine Ministeriumssprecherin bei einer Pressekonferenz in Berlin. Es solle "ergebnisoffen" diskutiert werden, mit welchen Lösungen mehr Energieeffizienz erreicht werde.

   Die Empfehlungen aus dem Grünbuch kommen aus dem Ministerium von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Der Minister habe selbstverständlich "dieses Grünbuch gesehen und auch freigegeben", erklärte die Sprecherin dazu. Die dort gemachten Vorschläge seien jedoch lediglich "Handlungsansätze".

Union: Dreister Griff in die Tasche der Steuerzahler Die Überlegungen sorgten jedoch für deutliche Kritik, auch beim Koalitionspartner Union. "Der Vorschlag ist nichts anderes als eine Steuererhöhung", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) laut einer Mitteilung seines Ministeriums. "Das lehnen wir klar ab." Dobrindt schlug stattdessen vor, umgekehrt die Steuern auf Energie zu deckeln, "damit nicht bei steigenden Energiepreisen der Staat auch noch mitprofitiert". Bei sinkenden Energiepreisen hingegen die Steuern künstlich hoch zu halten, "wäre ein dreister Griff in die Steuerzahlertasche".

   FDP-Chef Christian Lindner griff Gabriel wegen der Überlegungen scharf an. "Sigmar Gabriel scheint die Mechanismen der Marktwirtschaft nicht verstanden zu haben", sagte er dem Kölner Express. Es belege "die Orientierungslosigkeit des Wirtschaftsministers, wenn ausgerechnet er die Axt an eine der Säulen der Marktwirtschaft" lege. FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing brandmarkte solche Überlegungen, fallende Energiepreise durch automatische Steuererhöhungen auszugleichen, als ein "Instrument der Bürgergängelung".

Ohoven fordert Entlastung des Mittelstandes Kritik kam auch aus der Wirtschaft. "Der Mittelstand lehnt eine Flexisteuer ab", sagte der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven. Die Unternehmen bräuchten vielmehr eine Entlastung bei den Energiekosten, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. "Betriebe und Bürger müssen auch in Zukunft von sinkenden Rohstoffpreisen profitieren können, da aus der Politik keine Entlastungen kommen", betonte Ohoven.

   Unterstützung für seine Pläne bekommt Gabriel dagegen von Claudia Kemfert, der Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "Niedrige Ölpreise sind Gift für die Energiewende", sagte sie der Bild-Zeitung. "Deshalb muss man gegensteuern und das Energiesparen belohnen."

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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   August 15, 2016 11:06 ET (15:06 GMT)

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