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21.09.2014 16:08:30

UPDATE: G20 bestätigen Wachstumsziel und gehen Steuerpraktiken an

   -- Wachstum soll bis 2018 um 2 Prozentpunkte zunehmen

   -- Finanzminister begrüßen Fortschritt bei Steuervorschlägen

   -- Schäuble gegen Nutzung des ESM für Investitionen

   (NEU: Pressekonferenz)

   Von Andreas Kißler

   CAIRNS--Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer der Welt (G20) haben ihr Ziel bestätigt, bis 2018 mit Strukturmaßnahmen 2 Prozentpunkte an zusätzlichem Wachstum zu erreichen, und erste Maßnahmen vereinbart, um schädlichen Steuerpraktiken von Großkonzernen künftig einen Riegel vorzuschieben.

   Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20 fassten am Sonntag bei ihrem Treffen im australischen Cairns entsprechende Beschlüsse. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich für mehr Investitionen aus, lehnte aber Vorschläge ab, dafür den Euro-Rettungsfonds ESM zu nutzen.

   "Die G20-Finanzminister und -Zentralbankgouverneure haben heute Strategien vorgelegt, die 1,8 Prozent an zusätzlichem Wachstum in der gesamten Weltwirtschaft erreichen werden", erklärte der Gastgeber des Treffens, Australiens Schatzkanzler Joe Hockey. Deswegen stimmten die Minister überein, dass noch mehr getan werden müsse. "Wir haben 90 Prozent des Weges bestritten, um die 2-Prozent-Wachstumsambition zu erreichen," betonte Hockey. Dazu seien bereits 1.000 Initiativen vorgelegt worden.

   Deutschland setzt dafür laut Schäuble unter anderem auf zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen und eine stärkere Mobilisierung privaten Kapitals, Impulse durch mehr erneuerbare Energien, aber auch eine Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit und eine nötige Erhöhung des Anteils der Frauen an den Beschäftigten.

   Der deutsche Finanzminister zeigte sich allerdings zurückhaltend zu einer Quantifizierung der Wachstumsmaßnahmen. "Es gibt unterschiedliche Berechnungen internationaler Institutionen, die man auch nicht überfordern darf", sagte er. Bundesbankpräsident Jens Weidmann betonte angesichts der bisher laut den Berechnungen erreichten 1,8 Prozentpunkte, "dass durchaus noch Nachbesserungen in dieser Strategie erforderlich sind".

   Bei der Tagung in Cairns stand die Frage, wie das Wachstum angekurbelt werden kann, auch unter dem Eindruck einer weltweiten Konjunkturabkühlung.

   "Das Wachstum der Weltwirtschaft ist ungleich verteilt und bleibt hinter dem Tempo zurück, das notwendig ist, um in angemessener Weise dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen", erklärten die G20 in der Abschlusserklärung ihres Treffens. "Abwärtsrisiken bestehen fort, einschließlich an den Finanzmärkten und aus geopolitischen Spannungen." Um das Wachstum zu erhöhen, sei bereits eine Reihe konkreter Maßnahmen ausgearbeitet worden.

   Schäuble erteilte aber Vorschlägen aus Brüssel eine klare Absage, das Kapital des ESM zur Finanzierung von Investitionen einzusetzen. "Das eingezahlte Kapital für den ESM hat die Aufgabe, nicht gebraucht zu werden", betonte er. Es diene vielmehr dazu, Vertrauen zu schaffen. "Mit der Finanzierung von öffentlichen Investitionen hat das nichts zu tun, und ohne Konditionalität steht dieses Kapital für niemanden zur Verfügung."

   Für internationale Großkonzerne soll es nach dem Willen der Staatengruppe schwerer werden, ihre Steuerlast durch Vermeidungsstrategien und Gewinnverlagerungen klein zu rechnen. Die Finanzminister begrüßten entsprechende Vorschläge der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und sprachen von einem "bedeutenden Fortschritt", um bis Ende 2015 einen Gesamtplan abzuschließen.

   Der australische Schatzkanzler forderte andere Länder im Namen der G20 dazu auf, sich der Initiative anzuschließen. Bisher wird sie von 44 Ländern vertreten. Es solle "keinen Ort geben, sich zu verstecken", betonte Hockey.

   Die G20 und die OECD haben einen Aktionsplan mit 15 Maßnahmen zur Bekämpfung des "Base Erosion and Profit Shifting" (Beps) definiert - des Aushöhlens der steuerlichen Bemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung von Unternehmen. In Cairns wurden sieben Punkte diskutiert, die die Experten der OECD ausgearbeitet haben.

   Es gehe um Beträge über rund zwei Billionen US-Dollar, die die Großkonzerne weltweit in Steueroasen und Niedrigsteuerländer verschöben, betonte OECD-Generalsekretär Angel Gurría in Cairns. "Wir glauben, dies ist sicher der prominenteste Schritt für eine Modernisierung des internationalen Steuersystems seit 100 Jahren."

   Schäuble sagte, die G20 hätten "große Fortschritte erzielt", um die Verschiebung von Gewinnen deutlich zu verringern. Er hatte bereits bei seiner Anreise in die nordaustralische Stadt erklärt, die G20 hätten im Moment "die größten Fortschritte auf dem Gebiet der Steuerinitiativen" zu verzeichnen.

   Der Finanzminister ärgert sich ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits seit langem darüber, dass multinationale Unternehmen in Deutschland gute Geschäfte machen, ihre Gewinne aber mit Steuertricks minimieren. Ziel des Maßnahmenbündels ist es nun, dass die Konzerne künftig ihre Einnahmen auch dort angemessen versteuern, wo sie ihre Geschäfte machen.

   Zu den Aufgabenfeldern zählen die Besteuerung der digitalen Wirtschaft sowie die Verhinderung einer "doppelten Nichtbesteuerung" bei hybriden Gestaltungen, mit denen die Konzerne Unterschiede in der steuerlichen Behandlung zwischen Ländern ausnutzen.

   Wie künftig mit so genannten Lizenz- und Patentboxen umgegangen wird, ist aber noch umstritten. Mit deren Hilfe werden Unternehmensgewinne niedriger besteuert, die aus innovativer Tätigkeit wie Forschung und Entwicklung stammen. Deutschland drängt darauf, solche Sonderregeln nur zu erlauben, wenn die Forschungsleistung auch in dem betreffenden Land erbracht wurde. "Da sind wir in der Einzelausgestaltung noch in letzten Verhandlungen", räumte Schäuble aber ein.

   Außerdem ging es bei dem Finanzministertreffen um die Regulierung von Schattenbanken und zusätzliche Kapitalregelungen für systemrelevante Institute. Die G20 begrüßten eine Ankündigung des Financial Stability Board (FSB), bis zum Gipfel in Brisbane einen Vorschlag dazu zu unterbreiten. Es geht darum, wie die Großbanken zusätzliches restrukturierungsfähiges Kapital bereitstellen sollen, damit sie im Fall von Schieflagen nicht den Steuerzahlern zur Last zu fallen. Zu den Schattenbanken sollen vom FSB bis Brisbane verbleibende Kernelemente eines Rahmenwerkes vorgelegt werden.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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