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22.05.2013 20:36:32

UPDATE: Fristen statt Beschlüsse beim Kampf gegen Steuerflucht

   -- Österreich und Luxemburg halten beim Bankgeheimnis sich Türchen offen

   -- Andere EU-Staaten wollen bis Jahresende Bankgeheimnis abschaffen

   -- Unternehmen sollen stärker in die Pflicht genommen werden, ihren Anteil zu leisten

   (NEU: Hintergrund Details zu Fristen und EU-Gesetzgebung, Stimmen Van Rompuy, Barroso und Faymann)

   Von Angelika Busch-Steinfort

   BRÜSSEL--Die Regierungschefs der Europäischen Union haben am Mittwoch an die Steuerzahler appelliert, dass jeder - von Großverdienern bis hin zu internationalen Konzernen - seinen fairen Anteil an die oft finanziell bedrängten Staaten leisten soll. Um die bestehenden Schlupflöcher zu schließen, soll dazu das Bankgeheimnis in allen 27 Mitgliedsländer faktisch abgeschafft werden.

   Doch die kleinen Fortschritte, die der Gipfel gebracht hat, zeigen, wie schwierig es für die Regierungen ist, gegen Steuervermeidung durch Privatpersonen und Unternehmen vorzugehen. Denn gleichzeitig stehen die Länder auch im Wettbewerb um ausländische Investitionen.

   Luxemburg und Österreich haben sich auf dem Gipfel prinzipiell bereit erklärt, ihr Bankgeheimnis zu lockern. Dadurch erhalten andere Staaten bessere Einsicht in die Vermögen, die ihre reichen Bürger dort eventuell bunkern. Dadurch steht die Tür offen für eine breitere Neuverhandlung des Informationsaustausches zwischen den Ländern, der weit über Konten einzelner Personen hinausgeht. "Es gibt, glaube ich, keinen Zweifel, dass alle Mitgliedstaaten wissen, dass der komplette Informationsaustausch über alle Einkommensarten das Gebot der Stunde ist", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Gipfel.

   Bis Jahresende soll die seit langem von Luxemburg und Österreich blockierte Überarbeitung der Zinssteuerrichtlinie auf den Weg gebracht werden, womit der Anwendungsbereich der Direktive zum automatischen Informationsaustausch auf Erträge aus Wertpapieren, Lebensversicherungen und Investmentfonds erweitert werden soll. Erfasst werden dann auch Zinszahlungen an Stiftungen, Fonds und Treuhandgesellschaften.

   Aber beide Länder haben gleichzeitig erklärt, dass sie alle Maßnahmen von entsprechenden Schritten in Ländern mit ähnlichen Bankenregeln abhängig machen. "Unser Ziel ist es, ein Abkommen außerhalb der EU zu erzielen", sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. "So bald wie möglich" sollten Verhandlungen mit der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino über den Austausch von Steuerdaten aufgenommen werden. Damit stellte sich Faymann gegen Bundeskanzlerin Merkel, die nach dem Gipfel erklärte, Österreich und Luxemburg hätten schließlich auf diese Vorbedingungen verzichtet.

   Steuervermeidung ist in ganz Europa zu einem heißen Eisen geworden. Der französische Präsident François Hollande geriet wegen der Affäre um seinen früheren Haushaltsminister Jérôme Cahuzac in große Bedrängnis. Dieser musste im Frühjahr wegen eines Schweizer Bankkontos zurücktreten. In Deutschland überschattet das Thema nach der Selbstanzeige von Uli Hoeneß den Wahlkampf von Angela Merkel.

   Zudem wächst der Unmut über internationale Konzerne wie Google oder Apple, die einen Großteil ihres Umsatzes in Irland verbuchen und so durch Schlupflöcher in der Steuergesetzgebung kaum Abgaben zahlen. Ein Ausschuss des US-Senats stellte in dieser Woche fest, dass Apple in den vergangenen vier Jahren auf 74 Milliarden US-Dollar Einkommen kaum Unternehmenssteuer gezahlt hatte.

   Vor diesem Hintergrund und der Wirtschaftskrise zeichne sich nach jahrelangem Aktionsmangel "eine Dynamik ab, die sich überhaupt nicht vergleichen lässt, mit anderen Momenten der Vergangenheit", erklärte der Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy. Auch Kommissionspräsident José Manuel Barroso macht "ein starkes Engagement der Mitgliedstaaten aus". Es sei wichtig, dass die Öffentlichkeit nun genau im Auge behalte, was mit diesen Ankündigungen passiere. Beide Präsidenten betonten allerdings auch, dass für alle Steuerbeschlüsse die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten erforderlich sei.

   So wiederholte Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker denn auch am Rande des Gipfels, er werde über die Teilnahme an einem automatischen Informationsaustausch erst entscheiden, wenn die Ergebnisse vorlägen, die mit den Drittstaaten ausgehandelt wurden. Luxemburg und Österreich fürchten bei einer Zusage zu strengeren EU-Regeln Nachteile im Wettbewerb mit Finanzplätzen in Drittstaaten.

   Weiter beschlossen die Regierungschefs, dass die beiden bereits vorliegenden Gesetzesvorschläge zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetruges bis Ende Juni verabschiedet werden sollen. Um Betrügereien bei der Unternehmensbesteuerung einen Riegel vorzuschieben, soll die Kommission einschlägige EU-Rechtsakte auf Bestimmungen zur Missbrauchsbekämpfung überprüfen und bis Jahresende eine Überarbeitung der Mutter-Tochter-Direktive vorlegen. Merkel sprach in diesem Zusammenhang von einem "klaren Signal gegen Steuerhinterziehung und heute noch legale Praxis der Steuervermeidung".

   Merkel sprach von einem "Durchbruch", der nur durch die Vorarbeiten der EU-Finanzminister und dadurch möglich geworden sei, dass sich Länder bewegt hätten. Am 30. Mai will sie zu Frankreichs Präsident Hollande nach Paris reisen, um mit ihm gemeinsame Positionen zur Weiterentwicklung Europas abzustecken.

   Auch die Kontrolle über ordnungsgemäße Steuerzahlungen der digitalen Wirtschaft soll verstärkt werden. Diesem Thema will man sich beim Gipfel im Oktober zur digitalen Agenda näher widmen. Im Dezember soll dann Bilanz über Fortschritte in all diesen Fragen gezogen werden.

   Kontakt zur Autorin: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/ang/chg/

   (Mehr zu diesem Thema und weitere Berichte und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf www.WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

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   May 22, 2013 14:04 ET (18:04 GMT)

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