09.01.2014 17:21:31
|
UPDATE: Draghi verschärft EZB-Niedrigzinszusage
--EZB will falls erforderlich "entschiedene" Maßnahmen ergreifen
--Draghi: Weitere Maßnahmen abhängig von Geldmarkt und Inflationsausblick
--Volkswirte: EZB schürt Hoffnung auf weitere Lockerung
(NEU: Reaktionen von Bankvolkswirten, Hintergrund))
Von Hans Bentzien
EZB-Präsident Mario Draghi hat die Niedrigzinszusage der Europäischen Zentralbank (EZB) bekräftigt und dabei schärfere Worte als zuletzt verwendet. Das setzte den Euro spürbar unter Druck, obwohl Draghi in seiner monatlichen Pressekonferenz zur Erläuterung des Zinsbeschlusses nicht den Eindruck erweckte, dass die EZB kurz vor weiteren geldpolitischen Schritten steht.
"Der EZB-Rat bekräftigt sehr deutlich, dass er seine wachstumsfördernde Geldpolitik so lange wie erforderlich beibehalten und damit zur Konjunkturerholung im Euroraum beitragen wird", sagte Draghi. Zuvor hatte der EZB-Rat wie erwartet beschlossen, seinen geldpolitischen Schlüsselsatz auf dem Allzeittief von 0,25 Prozent zu belassen. "Wir sind entschlossen, unsere sehr wachstumsfördernde Politik fortzuführen und weitere entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, falls das erforderlich sein sollte", sagte Draghi.
Auch seinen Ausblick für die weitere Zinsentwicklung versah Draghi mit einem erneuten Ausrufezeichen: "Wir bekräftigen entschieden unsere Forward Guidance, laut der wir damit rechnen, dass die EZB-Zinsen für längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau liegen werden", sagte er und fügte auf Nachfrage hinzu: "Sie haben recht, wir haben deutlichere Worte gewählt."
Zugleich machte der EZB-Präsident klar, was die EZB zu weiteren Schritten bewegen würde: Ein ungerechtfertigter Anstieg der Zinsen, zu denen sich die Banken untereinander Geld leihen, und eine Verschlechterung der Inflationsaussichten. Den jüngsten Anstieg der Geldmarktzinsen wollte Draghi auf Nachfrage allerdings nicht als ungerechtfertigt bezeichnen, und die derzeit sehr niedrige Inflation ist nach seiner Aussage Bestandteil des EZB-Basisszenarios.
"Wir werden handeln, wenn wir Anlass zu der Annahme haben, dass sich unsere mittelfristigen Inflationsaussichten zum Schlechteren verändern", sagte der EZB-Präsident. Derzeit ist das nicht der Fall, denn Draghi bezeichnete die Inflationsrisiken erneut als "weitgehend ausgewogen". Welche Maßnahmen die EZB konkret ins Auge fassen könnte - negative Einlagenzinsen, mehr Liquidität für Banken, Wertpapierkäufe - , darüber wollte Draghi dieses Mal nicht spekulieren. Er sagte lediglich, dass alle in den EU-Verträgen genannten Instrumente denkbar seien.
Nach Einschätzung von Ökonomen stehen weitere EZB-Maßnahmen nicht unmittelbar bevor, sind aber nicht auszuschließen. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte: "Nach unserer Meinung wird es vor allem auf die Inflation ankommen. Sie sollte in den kommenden Monaten weiter um lediglich 1 Prozent schwanken. Das dürften die Vertreter der Krisenländer im EZB-Rat zum Anlass nehmen, um mittelfristig ein weitere Lockerung der Geldpolitik durchzusetzen."
Alexander Krüger, der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, sieht die Entwicklung der Geldmarktzinsen als wahrscheinlicheren Auslöser an. Er kalkulierte: "Der Dreimonatseuribor hat Ende November bei 0,22 Prozent gelegen, heute beträgt er 0,32 Prozent. Wenn er demnächst bei 0,35 liegt, könnte das ein Auslöser sein - niemand weiß das." Möglicherweise sei diese Marke schneller erreicht, als man derzeit glaube. Seiner Einschätzung nach stemmt sich die EZB derzeit vor allem gegen den Anstieg der Geldmarktzinsen.
ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski sieht drei mögliche Faktoren, die weitere EZB-Maßnahmen hervorrufen könnten: Einen ungerechtfertigten Anstieg der Geldmarktzinsen, eine schwächere Konjunkturerholung und einen höheren Euro-Wechselkurs. "Diese drei Faktoren hätten einen deflationären Einfluss auf die Euroraum-Wirtschaft."
Reagieren würde die EZB darauf jeweils mit mehr Liquidität für den Geldmarkt, wenn auch dieses Mal unter härteren Bedingungen als bei den bisherigen Dreijahrestendern, einer höheren Kreditvergabe, die gezielt der Realwirtschaft zu Gute kommen würde, Wertpapierkäufen und negativen Einlagenzinsen. Auch eine Kombination aus allen drei Maßnahmen hält er für möglich.
Zumindest mit Blick auf den Euro konnte Draghi alleine mit seinen Worten schon etwas ausrichten: Die europäische Gemeinschaftswährung fiel im Verlauf seiner Pressekonferenz von 1,3600 auf 1,3560 US-Dollar.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
DJG/hab/jhe
(END) Dow Jones Newswires
January 09, 2014 10:47 ET (15:47 GMT)
Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.- - 10 47 AM EST 01-09-14

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!