13.06.2016 18:41:52

UPDATE/Bundesbank und BMF uneins wegen Barzahlungsobergrenze

   --BMF verteidigt Überlegungen zur Einführung einer Barzahlungsobergrenze

   --Weidmann zweifelt Wirksamkeit einer Obergrenze an

   --Thiele: Reine Symbolpolitik

   (NEU: Zusammenfassung mit Expertenäußerungen aus dem Bargeldsymposium der Bundesbank)

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)--Wird die EU zu einer Zone der Barzahlungsobergrenzen? Zwölf von 28 Mitgliedsländern haben bereits Limits für die Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen mit Bargeld eingeführt und das mit einer effektiveren Bekämpfung von informeller Wirtschaft und Terrorismusfinanzierung begründet. In Deutschland wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine Obergrenze von 5.000 Euro einführen. Aber der Vorschlag hat zu Jahresbeginn einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen, dessen Ausläufer noch beim 3. Bargeldsymposium der Deutschen Bundesbank zu spüren waren, das am Montag in Frankfurt stattfand. Wie sich dort zeigte, sind faktisch alle Experten gegen Barzahlungsobergrenzen. Nur das Bundesfinanzministerium (BMF) nicht.

   Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erinnerte in seiner Eröffnungsrede noch einmal daran, dass Deutschland Weltmeister im Barzahlen ist, weil weder Kunden noch Handel in dem Maße auf Plastikkarten setzen, wie das in vielen anderen Ländern der Fall ist. Das hat viele, auch psychologische Gründe. Und schließlich sind Euro-Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel, über das die Bürger frei und unabhängig verfügen können.

Weidmann und Thiele zweifeln an Zweckmäßigkeit einer Barzahlungsobergrenze "Ich verstehe, dass die Politik mit ganzer Kraft versucht, dem Terrorismus das Handwerk zu legen. Mir sind allerdings keine Studien bekannt, die eindeutig belegen, dass mit Bargeldbeschränkungen die organisierte Kriminalität, Steuerhinterziehung und der internationale Terrorismus tatsächlich wirksam bekämpft werden", sagte Weidmann. Der im Bundesbank-Vorstand für Zahlungsverkehr zuständige Carl-Ludwig Thiele wurde noch etwas deutlicher: "Der Bürger hat hier den Eindruck, es wird Symbolpolitik betrieben."

   Levin Holle, Abteilungsleiter Finanzmärkte im BMF, räumte in seiner Rede ein, dass nach den Terroranschlägen von Paris der französische Finanzminister Michel Sapin in Berlin vorstellig geworden ist, um die Deutschen dazu zu bewegen, ebenfalls eine Barzahlungsobergrenze einzuführen. Dass die völlig wirkungslos sein soll, streitet Holle unter Verweis auf Erkenntnisse von Europol ab.

   "Bei der Gefährdungslage in dem Gebiet sind wir gut beraten, uns damit ernsthaft auseinanderzusetzen", sagte der BMF-Abteilungsleiter. Die Anschläge in Paris seien mit sehr kleinen Beträgen vorbereitet worden. Zudem finde der Zoll bei Kontrollen an den Binnengrenzen der EU immer wieder sechs- bis siebenstellige Geldbeträge, mit denen angeblich mehrere Lkw erworben werden sollen.

BMF: Barzahlungen wandern von Frankreich nach Deutschland "Es liegen uns Erkenntnisse vor, dass es zur Verlagerung von Barzahlungen aus Ländern mit einer Obergrenze nach Deutschland kommt", sagte Holle. der BMF-Abteilungsleiter legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass noch gar nicht klar sei, ob eine Obergrenze kommen werde. Berlin warte auf die Ergebnisse einer entsprechenden Untersuchung der EU-Kommission und bevorzuge eine harmonisierte Lösung im europäischen Binnenmarkt.

   Der Staatsrechtler Hans-Jürgen Papier glaubt allerdings nicht, dass die Einführung von Barzahlungsobergrenzen verfassungskonform ist. Nach seiner Veranstaltung sagte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, dies würde Eingriffe in die Grundrechte auf Eigentumsfreiheit, auf Vertragsfreiheit und auf informationelle Selbstbestimmung bedeuten.

Staatsrechtler: Staat muss Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren Zwar könne der Staat mit guten Gründen alle drei Grundrechte beschneiden, doch müsse der Gesetzgeber für seine Grundrechtseingriffe legitime Gründe des Gemeinwohls anführen. Einzelinteressen oder ökonomische Gründe reichten hierfür nicht aus. Zudem müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

   Wie Weidmann glaubt jedoch auch Papier nicht, dass Barzahlungsobergrenzen Straftaten verhindern können. "Dem Gesetzgeber kommt ein gewisser Beurteilungs- oder Prognosespielraum zu. Die Grenze ist überschritten, wenn der Gesetzgeber offenkundig ungeeignete Mittel ergreift", sagte Papier.

   BMF-Abteilungsleiter Holle versicherte: "Wenn wir uns in Deutschland zu so etwas entschließen sollten, sollten wir einen Vorschlag machen, der gut durchdacht, gut mit Daten unterfüttert und verhältnismäßig ist."

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   June 13, 2016 12:11 ET (16:11 GMT)

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