30.05.2013 17:16:30

UPDATE: Brüssel leitet Verfahren gegen Hauptstadtflughafen ein

   --Wegen fehlender Umweltschutzauflagen

   --Kommission gibt damit Kritik von Umweltschützern und Anwohnern recht

   --Regierung muss innerhalb von zwei Monaten antworten

   Von Susann Kreutzmann und Tom Fairless

   BERLIN/BRÜSSEL--Neuer Ärger für den Pannenflughafen in Berlin: Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen die Bundesrepublik wegen der Flugrouten des neuen BER-Hauptstadtflughafens eingeleitet. Grund sind Verstöße gegen Umweltschutzauflagen, wie die Kommission bekannt gab. Deutschland hat aus Brüssel einen offiziellen Brief erhalten und muss jetzt dazu Stellung nehmen. Dafür hat die Bundesregierung zwei Monate Zeit.

   "Wir werden Deutschland sagen, dass wir denken, dass ein Teil seiner Gesetzgebung nicht mit EU-Recht vereinbar ist", begründete ein Kommissionssprecher den Vorstoß. Das Bundesverkehrsministerium kündigte an, die schriftliche Begründung für das Aufforderungsschreiben der EU-Kommission "intensiv" zu prüfen und in der vorgesehenen Frist zu beantworten.

   Mit dem Verfahren gibt Brüssel der Kritik von Umweltschützern und Anwohnern in großen Teilen recht. Der Naturschutzbund, die Grüne Liga und die Friedrichshagener Bürgerinitiative hatten 2011 Beschwerde bei der EU eingereicht. Der Vorwurf lautet, dass bei den Flugrouten für den Großflughafen europäische Umweltgesetzgebung missachtet werde und keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt sei.

   Schon zu diesem Zeitpunkt hatte die Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie keine Versäumnisse sieht, weil sich aus den EU-Richtlinien im Verfahren zur Festlegung von Flugrouten keine Pflicht zu einer solchen Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt. Das Verkehrsministerium hatte der EU im September 2012 seine Rechtsauffassung mitgeteilt. Nach Ministeriumsangaben hatte das Umweltbundesamt (UBA) die von der Deutschen Flugsicherung (DFS) vorgeschlagenen Routen entsprechend geprüft und bewertet.

   Nach Einschätzung der Lufthansa hat das Verfahren gegenwärtig keine Auswirkungen auf die Airline. BER-Flughafensprecher Ralf Kunkel verwies auf die Zuständigkeit des Bundes und zeigte sich überzeugt, dass das EU-Verfahren keinen Einfluss auf die Fertigstellung des Hauptstadtflughafens habe.

   Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, nannte es konsequent, dass die EU-Kommission jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet habe. "Wenn - wie zu erwarten ist - die Vertragsverletzung festgestellt wird, muss die Umweltverträglichkeit noch geprüft werden", erklärte Gysi, der in dem betroffenen Gebiet Berlin Treptow-Köpenick seinen Wahlkreis hat. Das bedeute eine weitere Verzögerung der Eröffnung des Flughafens. "Der Schaden ist immens und es stellt sich die Frage, wer eigentlich für diese schlampige und arrogante Handlungsweise die Verantwortung trägt", betonte Gysi.

   Gegen die Flugrouten protestieren die Anwohner schon lange, weil sie Belästigungen durch Lärm und Dreck befürchten. Die Flugrouten führen im Südosten Berlins über eine Seenlandschaft. Die Bürgerinitiative Friedrichshagen fühlt sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt und erwartet jetzt von der Bundesregierung, dass die unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt werde.

   Joachim Quast von der Bürgerinitiative verweist im Gespräch mit Dow Jones Newswires darauf, dass mindestens 854.000 Menschen im Südosten Berlins von Lärm und Emissionen des neuen Großflughafens unmittelbar betroffen seien. Er rechnet vor, dass die Lärmbelästigung durch die startenden Flugzeuge bei mehr als 140 Dezibel liege und damit hochgradig gesundheitsschädigend sei.

   Bei einem Vertragsverletzungsverfahren verlangt die Kommission zunächst, dass der Mitgliedstaat die Verstöße gegen das Unionsrecht abstellt. Dafür setzt die Kommission eine Frist. Das vorgerichtliche Verfahren kann aufgrund von Beschwerden eingeleitet werden. Erst wenn es scheitert, folgt eine Vertragsverletzungsklage, bei der die Kommission den Gerichtshof in Luxemburg anruft.

   (Kirsten Bienk hat zu dem Artikel beigetragen)

   Kontakt zu den Autoren: Susann.Kreutzmann@dowjones.com und Tom.Fairless@dowjones.com

   DJG/suk/chg

   (END) Dow Jones Newswires

   May 30, 2013 10:46 ET (14:46 GMT)

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