02.11.2013 17:51:30
|
UPDATE: Berlin und Washington wohl einig über "No-Spy-Abkommen"
-- Deutschland und USA wollen Abkommen zeitnah abschließen
-- Bundesnachrichtendienst hat in Europa bei Abhörtechniken eng kooperiert
-- Deutsche Politiker für Snowden-Befragung, aber in Russland
(NEU: weitere Details, Hintergrund, Moskau hat keine Einwände gegen Snowden-Befragung)
Von Markus Klausen
Zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland wird es offenbar schon bald ein "No-Spy-Abkommen" geben, das die gegenseitige Ausspähung von Regierungen und Bürgern verbietet. Eine entsprechende Absprache habe eine Delegation des Kanzleramts Mitte der Woche mit dem Weißen Haus in Washington getroffen, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf Kreise der Bundesregierung.
Beide Seiten seien übereingekommen, ein solches Abkommen "zeitnah" zu schließen, voraussichtlich schon zu Beginn des kommenden Jahres. In den nächsten Wochen gehe es darum, den Text eines solchen Abkommens zu vereinbaren, so das Blatt. Das solle sowohl auf der politischen Ebene als auch im Austausch zwischen den Nachrichtendiensten geschehen. Möglich sei ein bilaterales zwischenstaatliches Abkommen zwischen Berlin und Washington und ein paralleles Abkommen zwischen den deutschen und amerikanischen Geheimdiensten.
Die Zusage der Amerikaner zu einem solchen Abkommen sei beim Washington-Aufenthalt des außenpolitischen Beraters der Bundeskanzlerin, Christoph Heusgen, und des Geheimdienstkoordinators, Gunter Heiß, Mitte vergangener Woche erreicht, so die Zeitung. Bei der Bundesregierung war zunächst niemand für einen Kommentar zu erreichen.
Aus dem Europaparlament kam Kritik daran, dass die Bundesregierung ein solches bilaterales Abkommen schließe. "Die Amerikaner wollen mit einem solchen Abkommen die Aufregung über die Aktivitäten der NSA dämpfen, ohne an der Massenüberwachung etwas zu ändern", sagte der deutsche Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) der Zeitung. Er befürchte, dass das gemeinsame Auftreten der EU gegenüber den Vereinigten Staaten durch bilaterale Vereinbarungen torpediert werde.
Der Europa-Abgeordnete Axel Voss von der CDU sagte, er hoffe, "dass sich Europa bei bilateralen Vereinbarungen nicht auseinander dividieren lässt". In der Bundesregierung wird indes darauf hingewiesen, dass die EU keinen eigenen Nachrichtendienst hat und deshalb auf diesem Feld nicht handlungsfähig sei. Zudem seien nicht alle europäischen Staaten gleichermaßen von der Problematik betroffen. Für eine rasche Einigung sei ein bilaterales Abkommen der einzig gangbare Weg.
Über die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) in der Spionageaffäre wurden unterdessen neue Details bekannt. So soll der BND einem Bericht des Guardian zufolge bei der Entwicklung von Techniken zur Überwachung von Telefon- und Internetleitungen in den vergangenen fünf Jahren intensiv mit den Geheimdiensten aus Frankreich, Spanien, Schweden und vor allem aus Großbritannien kooperiert haben. Der BND soll dabei sogar für seine technischen Fähigkeiten von seinen Partnern bewundert worden sein.
Eine Schlüsselrolle bei der europäischen Zusammenarbeit soll der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) gespielt haben. Die Spione von der Insel sollen den Partnern dabei geholfen haben, nationale Gesetze, mit denen die Überwachungsaktivitäten eingeschränkt werden, auszuhebeln. "Wir haben den Bundesnachrichtendienst dabei unterstützt, die sehr restriktiven Überwachungsgesetze in Deutschland zu reformieren oder neu zu interpretieren", zitiert der Guardian aus Dokumenten, die ihm vom früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden zugespielt worden sind.
Ein Sprecher des Bundesnachrichtendienstes wollte den Bericht nicht kommentieren.
Um weitere Details in der Spähaffäre zu erhalten, sind Politiker einer Befragung von Snowden in Deutschland unterdessen abgeneigt. "Ein deutscher Untersuchungsausschuss könnte Edward Snowden auch in Russland in den Räumen der deutschen Botschaft vernehmen. Als Zeuge wäre er hilfreich", sagte der Vorsitzendes des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, Elmar Brok (CDU), der Bild am Sonntag.
Andreas Schockenhoff (CDU) sagte der Zeitung Die Welt, Snowden könne ein "sachverständiger Zeuge für uns" sein, eine Befragung durch deutsche Vertreter sei aber nur in Russland möglich. Der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück begrüßte eine mögliche Vernehmung des Whistleblowers. "Wenn es die Möglichkeit dazu gibt, sollten wir ihn (auch) in Deutschland anhören."
Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hält es dagegen für falsch, Snowden nach Deutschland einreisen zu lassen. "Es gibt die Möglichkeit, dass eine Abordnung des Bundestages nach Moskau fährt", sagte Uhl der Berliner Zeitung". Dies könne der Fall sein, wenn sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss konstituiere.
Aus Sicht des Kreml steht einer Befragung von Snowden durch deutsche Vertreter in Russland nichts im Weg. "Er (Snowden) befindet sich auf russischem Territorium, hat vorläufiges Asyl erhalten und ist deshalb frei, sich mit irgendjemandem zu treffen. Wir können ihn daran nicht hindern", sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, der russischen Tageszeitung Kommersant (Samstag).
DJG/kla
(END) Dow Jones Newswires
November 02, 2013 09:03 ET (13:03 GMT)
Copyright (c) 2013 Dow Jones & Company, Inc.- - 09 03 AM EDT 11-02-13
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!