05.07.2015 21:55:44
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Union will Athen nach dem Referendum "keinen Reformrabatt" gewähren
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Spitzenvertreter der Großen Koalition im Bundestag haben mit Entsetzen auf die ersten Teilergebnisse des griechischen Referendums reagiert, zugleich aber ein Festhalten an Reformen im Gegenzug für Hilfen betont.
"Es gibt auch nach dem Referendum keinen Reformrabatt", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) zu Dow Jones Newswires. "Wir werden jetzt sehr genau darauf achten, wie die EZB mit der Situation umgeht", hob er zudem ausdrücklich an die Adresse der Europäischen Zentralbank hervor, die Athen bisher mit Notkrediten über Wasser gehalten hatte. "Verdeckte Staatsfinanzierung gehört nicht zu ihren Aufgaben."
Der Unions-Budgetexperte Eckhardt Rehberg (CDU) erklärte, man habe das Votum der Griechen zu akzeptieren. "Das Ergebnis aber ist eine Katastrophe", hob er hervor. Ministerpräsident Alexis Tsipras habe die Menschen in Griechenland über die Konsequenzen des Referendums in die Irre geführt, doch er und Finanzminister Yanis Varoufakis "dürften relativ schnell von der bitteren Realität eingeholt werden". Eine schnelle Einigung sei nun noch unwahrscheinlicher geworden. "Ob es überhaupt eine geben kann, wird sehr vom Verhalten der griechischen Seite abhängen."
SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider sah nach dem Referendum enorme Probleme. Griechenland stehe vor chaotischen Zuständen, warnte er in der ARD. "Die griechische Regierung hat meines Erachtens den Leuten Sand in die Augen gestreut", sagte der SPD-Fraktionsvize.
Die Opposition nahm das Votum hingegen zum Anlass für Kritik an den Gläubiger-Institutionen und die Forderung nach einem EU-Sondergipfel. "Das Ergebnis ist überraschend deutlich", sagte der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. "Aber ich lese es nicht als ein Nein zu Europa oder zum Euro, sondern als ein Nein zur Kaputtsparpolitik der Troika."
Es sei zu befürchten, dass die Bargeldversorgung immer problematischer werde und sich die soziale Krise schnell zuspitze. "Es braucht nun einen Neustart der europäischen Krisenpolitik", forderte Schick. Dafür sollten die europäischen Staats- und Regierungschefs zügig einen Sondergipfel einberufen.
Bei dem Referendum haben ersten Teilergebnissen zufolge mehr als 60 Prozent der Wähler die Sparvorgaben der internationalen Geldgeber abgelehnt. Wie das Innenministerium am Sonntagabend nach Auszählung von 20 Prozent der Stimmzettel mitteilte, votierten 60,5 Prozent der Wähler mit Nein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Montag nach Paris reisen, um mit Frankreichs Präsident François Hollande "eine gemeinsame Bewertung" des Ergebnisses vorzunehmen, kündigte ihr Sprecher Steffen Seibert in Berlin an.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
(Mitarbeit: Andrea Thomas, mit AFP-Material)
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July 05, 2015 15:25 ET (19:25 GMT)
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