14.09.2015 20:40:48
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Ungarn schließt Hauptübergang für Flüchtlinge an Grenze zu Serbien
RöSZKE (AFP)-- Kurz vor dem Inkrafttreten verschärfter Einwanderungsgesetze hat Ungarn seine Grenze zu Serbien hermetisch abgeriegelt. Dutzende Polizisten blockierten am Montag bei Röszke eine Lücke im Stacheldrahtzaun an der Grenze und schlossen damit den Hauptübergang für Flüchtlinge. Österreich kündigte seinerseits Grenzkontrollen zu Ungarn an, auch Tschechien und die Slowakei verstärkten die Kontrollen. Zuvor hatte Deutschland vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt.
Durch die etwa 40 Meter breite Lücke in dem Stacheldrahtzaun waren zuletzt täglich mehrere tausend Flüchtlinge über Serbien nach Ungarn gelangt. Nun brachen viele der ankommenden Schutzsuchenden in Tränen aus, als sie am Montagnachmittag sahen, dass der Übergang nicht mehr offen war, wie mehrere AFP-Reporter berichteten. Unter den Flüchtlingen waren viele kleine Kinder und verzweifelte Mütter.
Der Übergang liegt an Bahngleisen, über die die Asylsuchenden zu Fuß zu dem Schlupfloch im Zaun gelangten. Dutzende ungarische Polizisten reihten sich am Montag entlang des Zauns auf und blockierten auch die Gleise, damit niemand mehr die Grenze passieren konnte. Rasch bekamen die Beamten Verstärkung von weiteren Polizisten und auch von Soldaten. Zwei arabischsprechende Dolmetscher wiesen die auf serbischer Seite ankommenden Menschen an, sich zu einem zwei Kilometer entfernten "offiziellen" Grenzposten zu begeben. Über dem Ort kreisten Helikopter.
Am Dienstag treten in Ungarn verschärfte Einwanderungsgesetze in Kraft. Sie sehen unter anderem Haftstrafen für Menschen vor, die unerlaubt in das EU-Land einreisen. Die Zahl der in Ungarn ankommenden Flüchtlinge hatte in den vergangenen Tagen immens zugenommen - allein am Sonntag kamen über 5800 Menschen und damit so viele wie noch nie an einem Tag ins Land. Bis Montagmittag waren es erneut fast 5400 Menschen.
Ungarn begann nun offenbar zudem damit, die von Serbien kommenden Flüchtlinge nicht mehr zu registrieren, sondern direkt in Zügen zur österreichischen Grenze zu bringen. "Nach unseren Informationen bringen Spezialzüge die Flüchtlinge vom Grenzort Röszke direkt und ohne Halt zur österreichischen Grenze", sagte Erno Simon, der Repräsentant des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) für Zentraleuropa, AFP. Am Sonntag hätten UNHCR-Mitarbeiter drei dieser Züge mit mindestens 2000 Passagieren beobachtet. Ungarische Polizisten hätten Flüchtlinge nachts aufgeweckt, um sie auf die Reise Richtung Österreich zu schicken.
Österreich kündigte seinerseits ebenfalls Kontrollen an. Die Regierung in Wien reagiere damit auf tausende Flüchtlinge, die weiter aus Ungarn kämen, und auf die Wiedereinführung der Grenzkontrollen durch Deutschland an seiner Grenze zu Österreich, sagte die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in Brüssel. Die Kontrollen sollten zumindest in den "nächsten Tagen" aufrecht erhalten werden.
Die Regierung in Wien kündigte außerdem an, in der Flüchtlingskrise nun Teile der Armee einzusetzen. Bundeskanzler Werner Faymann sagte, rund 2200 Soldaten sollten unter anderem bei Grenzkontrollen helfen. Das Auswärtige Amt stimmte Österreich-Reisende wegen der Grenzkontrollen auf Wartezeiten ein. Auf österreichischen Autobahnen bildeten sich Staus von mehreren Dutzend Kilometern Länge.
Rumänien, das bislang weitgehend von der Flüchtlingskrise verschont blieb, sieht nach Angaben der Regierung zunächst von schärferen Maßnahmen an der Grenze ab. Sein Land stehe "derzeit nicht unter Druck", sagte Präsident Klaus Iohannis bei einer Pressekonferenz. Für Vorkehrungen an den Grenzen gebe es "keinen Grund", auch dürfe nicht "in Panik verfallen" werden. Rumänien ist kein Vollmitglied des Schengen-Raums.
In Brüssel berieten am Montag die EU-Innenminister auf einem Sondertreffen über die Flüchtlingskrise. Debattiert wurde vor allem über den Vorschlag, 120.000 Menschen über verpflichtende Quoten auf alle EU-Länder zu verteilen.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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September 14, 2015 14:08 ET (18:08 GMT)- - 02 08 PM EDT 09-14-15
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