Neue Eskalationsstufe |
24.02.2022 15:15:38
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Ukraine-Konflikt: EU-Sanktionen sollen russische Banken vom Finanzmarkt ausschließen
Der Kreml hat in den vergangenen Jahren immer wieder behauptet, 2014 hätten aus dem Ausland gesteuerte "Faschisten" in Kiew einen Staatsstreich herbeigeführt.
"Ich habe beschlossen, eine Sonder-Militäroperation durchzuführen. Ihr Ziel ist der Schutz der Menschen, die seit acht Jahren Misshandlung und Genozid ausgesetzt sind", sagte der Kremlchef in der Rede, die gegen 3.30 Uhr deutscher Zeit begann. Für diese Vorwürfe hat Putin bislang keine Beweise vorgelegt.
US-Präsident Joe Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Europäische Union und die Nato verurteilten Putins Vorgehen scharf und kündigten weitere Sanktionen an. EU und Nato beriefen Krisengipfel ein.
Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg griff das russische Militär aus verschiedenen Richtungen an und attackierte militärische Infrastruktur sowie wichtige Ballungszentren in der Ukraine. Stoltenberg sprach in Brüssel von Luft- und Raketenangriffen und einem Einsatz von Bodentruppen und Spezialkräften.
Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150 000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Nach Nato-Angaben gibt es außerdem 30 000 russische Soldaten im nördlichen Nachbarland Belarus.
Putin hatte am Montag die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt. Dort rollten nun russischen Panzer ein. Der Kremlchef plant zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs wurden bis Mittag (MEZ) mehr als 30 Angriffe mit Flugzeugen, Artillerie und Marschflugkörpern "auf ukrainische zivile und militärische Infrastruktur" gezählt. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben zunächst nicht.
Die Nato aktivierte als Reaktion auf den russischen Angriff die Verteidigungspläne für Osteuropa. Der Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte bekommt weitreichende Befugnisse, um zum Beispiel Truppen anzufordern und zu verlegen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Bündniskreisen erfuhr.
Die US-Regierung hat seit Beginn des Konflikts um die Ukraine bereits rund 6000 Soldaten in osteuropäische Nato-Mitgliedsländer verlegt oder deren Verlegung angekündigt. Die meisten von ihnen wurden nach Polen verlegt, das im Osten an die Ukraine grenzt.
Die Nato schließt eine militärische Unterstützung der Ukraine weiter aus. "Wir haben keine Nato-Truppen in der Ukraine, und wir haben auch keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu schicken", sagte Stoltenberg.
US-Präsident Biden verurteilte den russischen Angriff im Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Die Gebete der ganzen Welt sind heute Nacht beim ukrainischen Volk, während es unter einem unprovozierten und ungerechtfertigten Angriff durch die russischen Streitkräfte leidet", erklärte Biden. "Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen."
Biden wollte sich noch am Donnerstag mit seinen Amtskollegen aus der Gruppe der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen (G7) besprechen.
Bundeskanzler Scholz nannte den russischen Angriff einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. "Als nächsten Schritt werden wir in enger Absprache mit unseren internationalen Partnern in der Nato und in der Europäischen Union noch heute weitere harte Sanktionen gegen Russland beschließen", sagte er in Berlin.
An die Adresse des russischen Präsidenten sagte Scholz: "Es wird sich zeigen: Putin hat mit seinem Krieg einen schweren Fehler begangen."
Als Reaktion auf den Angriff brach die Ukraine die diplomatischen Beziehungen mit Russland ab. Präsident Wolodymyr Selenskyj rief den Kriegszustand aus.
Russland und China machen nach Angaben aus Moskau die USA und die Ukraine für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich. Das teilte das Außenministerium in Moskau nach einem Gespräch von Ressortchef Sergej Lawrow mit dessen chinesischem Kollegen Wang Yi mit.
Angesichts der massiven internationalen Proteste warnte der Kreml den Westen vor einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. "Ein Land wie Russland kann nicht hinter einem Eisernen Vorhang sein", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamts, Dmitri Peskow, der Agentur Interfax zufolge.
Die neuen EU-Sanktionen werden nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten stoppen. Russische Vermögenswerte in der EU sollen eingefroren, wichtigen Sektoren der russischen Wirtschaft der Zugang zu Schlüsseltechnologien und Märkten verwehrt werden.
An den internationalen Handelsplätzen brachen die Kurse ein. In Frankfurt ging beispielsweise der Leitindex DAX auf Talfahrt. Direkt zum Handelsstart fiel die Marke von 14 000 Punkten.
Die Bundesregierung rief deutsche Staatsangehörige auf, die Ukraine zu verlassen.
Wie der ukrainische Generalstab weiter mitteilte, wurde der Feind im Gebiet Tschernihiw, das im Nordwesten an Belarus grenzt, gestoppt. "Heftige Kämpfe gehen in Richtung Charkiw weiter." Die Großstadt Charkiw liegt im Osten unweit der russischen Grenze. Mariupol am Asowschen Meer sei "unter volle Kontrolle zurückgebracht worden".
Mit Blick auf den Süden des Landes teilte das Militär mit: "In Cherson ist die Situation schwierig." Die russische Armee starte auch Offensiven von der 2014 von Russland einverleibten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim in Richtung Cherson und Melitopol aus.
Russland hatte betont, keine Flugzeuge, Raketen oder Artillerie gegen ukrainische Städte einzusetzen, sondern lediglich gegen militärische Infrastruktur, Luftverteidigung und Flugplätze vorzugehen.
Bei einem Angriff auf den Flugplatz Hostomel - rund 30 Kilometer nordwestlich des Zentrums von Kiew - seien mindestens drei russische Hubschrauber abgeschossen worden, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Die Berichte beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Aus Angst vor einem noch größer angelegten russischen Angriff auf die Ukraine flohen viele Menschen aus der Hauptstadt. Vor Bankautomaten in Kiew bildeten sich lange Schlangen, wie ein dpa-Korrespondent berichtete. Fotos zeigten lange Autokolonnen. Andere versuchten, mit Zügen aus der Metropole zu flüchten.
Viele Menschen deckten sich mit Lebensmitteln und Trinkwasser ein. Die U-Bahn stellte am Vormittag ihren Betrieb nicht ein. Am Morgen liefen testweise die Luftschutzsirenen.
/rom/DP/stk
MOSKAU/KIEW (dpa-AFX)
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