Starkes Börsenjahr |
30.12.2016 17:31:00
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Trotz Trump und Brexit: Wiener Leitindex ATX legt 2016 fast 14 Prozent zu
Im Vergleich zu den großen Börsen war die Wiener Börse damit von der Performance her stark unterwegs. Der New Yorker Dow Jones gewann in dem Zeitraum 13,69 Prozent, der deutsche DAX 6,59 Prozent. Noch stärker legte der Londoner FTSE 100 zu (+14,06 Prozent). Der Euro Stoxx 50 brachte es nur auf +0,13 Prozent, der Nikkei in Tokio auf +0,59 Prozent.
Den bisherigen Jahreshöchststand erreichte der ATX just zum Jahresausklang: Am 29. Dezember schloss der Leitindex bei 2.649,93 Punkten.
Den ATX gibt es nun seit einem Vierteljahrhundert. Seit dem Start am 2. Jänner 1991 gewann der Leitindex 164,99 Prozent, inklusive Dividenden 371,72 Prozent.
Im abgelaufenen Jahr 2016 war aber nicht alles eitel Wonne. So hatte die Wiener Börse erneut Abgänge zu beklagen und die Aktienumsätze gingen nach dreijährigem Aufwärtstrend zurück.
Vor allem Unternehmen mit kleinem Streubesitz beklagen die hohen Kosten für die Börsennotiz, die die strengere Regulierung in Europa mit sich bringt. "Die kleinen Betriebe sagen es selbst sehr deutlich, für sie wurde es einfach zu teuer", heißt es dazu von der Wiener Börse.
Vom Wiener Parkett haben heuer einige alteingesessene Börsenfirmen Abschied genommen bzw. diesen angekündigt. Der Feuerfestkonzern RHI etwa will die Börsennotierung im Gefolge der Fusionierung mit der brasilianischen Magnesita nach London verlegen, der Sanitärgroßhändler und Autozulieferer Frauenthal möchte ebenso weg von der Börse. Im Sommer ging die insolvente Teak Holz (THI), die Eigner von BWT wollen den Wasseraufbereiter von der Börse nehmen. Eco Business verschwand nach der vollständigen Fusion mit der Conwert vom Kurszettel, ebenso der Autozulieferer WP AG des Industriellen Stefan Pierer. Nach 161 Jahren gab Mitte Dezember Austria Email, das am längsten an der Börse notierte Unternehmen in Österreich, den Rückzug vom Handelsplatz bekannt. Zurückziehen könnte sich auch der Sekthersteller Schlumberger, den die Schweizer Sastre zu 100 Prozent schlucken will.
Von den Börsenabgängen im Vorjahr 2015 seien Anleger aber viel weniger betroffen gewesen als die Öffentlichkeit meint, betont die Wiener Börse. Der jährliche Aktienumsatz der abgegangenen Unternehmen machte rund 17 Mio. Euro aus - weniger als ein Zehntel eines Tagesumsatzes an der Wiener Börse. 2015 haben sich 5,6 Prozent der an der Wiener Börse notierten Unternehmen verabschiedet, in Deutschland waren es 8 Prozent.
Im Jahr 2016 ist die Zahl der Börsenfirmen weiter geschrumpft. Aktuell sind nur mehr 90 Aktien von 84 Unternehmen handelbar, 2015 waren es 98 Aktien von 92 Firmen. Weiters sind derzeit in Wien mehr als 450 Unternehmensanleihen von rund 220 Firmen handelbar.
Bei Bonds war 2016 ein Rekordjahr: 48 Unternehmensanleihen mit einem Gesamtvolumen von erstmals über 7,5 Mrd. Euro kamen neu an die Börse. Vom Volumen her entfiel mit 6,1 Mrd. Euro der Großteil auf ausländische Emittenten. Zum Vergleich: 2015 waren 36 Corporate Bonds mit einem Emissionsvolumen von 5,3 Mrd. Euro an die Börse gebracht worden.
Das Aktienhandelsvolumen ging 2016 indes leicht zurück. Bis 19. Dezember beliefen sich die Umsätze an der Wiener Börse bei Beteiligungswerten auf 54,31 Mrd. Euro, im Vergleichszeitraum des Vorjahres (bis 18. Dezember 2015) waren es 57,51 Mrd. Euro gewesen. Andere europäische Börsen hatten zweistellige Einbußen.
Die einzelnen Aktien haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Größter Gewinner war der Faserhersteller Lenzing, der an der Börse 2016 (30. Dezember 2015 bis 29. Dezember 2016) um mehr als 62 Prozent zulegte. Auch für die Aktionäre des Ölfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann (SBO, +54 Prozent), der Baukonzerne Porr (+44 Prozent) und Strabag (+39 Prozent) lief es sehr gut. Die ATX-Schwergewichte RHI, Voest, OMV, Raiffeisen Bank International (RBI) und Verbund legten ebenso stark zu. Größte Verlierer im ATX waren der Caterer DO&CO (-38 Prozent) und der Leuchtenhersteller Zumtobel (-26 Prozent). Insgesamt gab es bei den größten Börsenfirmen mehr Gewinner als Verlierer.
International war das Börsenjahr geprägt von politischen Unsicherheiten. Auf der anderen Seite haben große Notenbanken mit ihren Geldschwemmen für gute Stimmung gesorgt. So ist Geld in der Eurozone und in Japan weiterhin extrem billig, die Zinsen niedrig. Das treibt Anleger in Aktien. Die Geldpolitik sowie die leichte Erholung der Weltwirtschaft dürften die Aktienkurse auch in den kommenden Monaten antreiben, erwarten Analysten.
Der Unsicherheitsfaktor Politik bleibt groß, auch in Europa. Die Börsianer haben etwa die im Frühling beginnenden Brexit-Verhandlungen, die Parlamentswahlen in den Niederlanden, die Präsidentenwahlen in Frankreich und die Bundestagswahlen in Deutschland im Blick. Eine Erstarkung von Rechtspopulisten, die den Freihandel und den Euro tendenziell ablehnen, würde die Börsenkurse wahrscheinlich drücken. Der Trump-Effekt hingegen ist zweischneidig: Macht der 45. US-Präsident, der am 20. Jänner ins Amt kommt, tatsächlich Politik gegen internationale Freihandelsabkommen, könnte das Anleger abschrecken. In den USA hingegen haben die angekündigten hohen Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen bereits für Jubelstimmung bei Börsianern gesorgt.
In Österreich dürfte es mit dem ATX 2017 ähnlich nach oben gehen wie 2016, meinen etwa die Analysten von Raiffeisen. Sie sehen den Leitindex zum Jahresende 2017 bei 2.800 Punkten.
snu/ivn
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