Trotz Niedrigwasser 27.07.2017 13:43:00

Verbund bis Juni mit konstantem Gewinn und Umsatz

Das Nettoergebnis legte um 0,4 Prozent auf 154,5 Mio. Euro zu, und die Erlöse wuchsen um 1,1 Prozent auf 1,476 Mrd. Euro. EBITDA und EBIT blieben jedoch hinter den Analystenerwartungen zurück.

Das operative Ergebnis (EBIT) erhöhte sich im Jahresabstand um 27,5 Prozent auf 243,3 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sank um 7,6 Prozent auf 415,9 Mio. Euro, gab der Verbund am Donnerstag bekannt. Der Nettoverschuldungsgrad (Gearing) wurde binnen Jahresfrist von 64,2 auf 54,7 Prozent reduziert.

Dass für das Gesamtjahr unverändert rund 830 Mio. EBITDA und rund 300 Mio. Euro Konzernergebnis erwartet werden - falls Wasserführung und Windangebot im Durchschnitt liegen werden -, hat der Verbund bereits vorab am Dienstag mitgeteilt. Da hat der führende heimische Stromkonzern auch erklärt, für 2017 die Ausschüttungsquote gemessen an dem um Einmaleffekte bereinigten Konzernergebnis auf 40 bis 45 Prozent anheben zu wollen, das bei rund 300 Mio. Euro erwartet wird. Bei der Dividende für 2016 waren es 30,9 Prozent bezogen auf 325,9 Mio. Euro gewesen.

Die Wasserführung der Flüsse lag heuer bis Juni mit einem Erzeugungskoeffizienten von 0,89 um 10 Prozentpunkte tiefer als im gleichen Vorjahreszeitraum bzw. um 11 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. Daher sei die Erzeugung aus Wasserkraft um 1.477 GWh gefallen, so der Verbund am Donnerstag. Insgesamt war die Eigenerzeugung des Konzerns im Halbjahr mit 15.132 GWh um 4,7 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Auch die deutlich gestiegene thermische Erzeugung sowie die Mehrproduktion aus neuen erneuerbaren Energiequellen hätten die niedrige Wasserführung nicht kompensieren können, heißt es. Belastend habe sich ferner ein geringeres Netz-Ergebnis ausgewirkt. Positiv für die Ergebnisentwicklung seien dagegen insbesondere die höheren Erlöse aus Flexibilitätsprodukten, vor allem aus dem Engpassmanagement, sowie die thermische Restrukturierung gewesen.

Mehr Stromaufbringung, weniger Eigenerzeugung

Die gesamte Stromaufbringung des Verbund-Konzerns lag im Halbjahr mit 31.032 GWh um 3,6 Prozent über dem Vorjahresvergleich. Die Eigenerzeugung sank aber um 4,7 Prozent auf 15.132 GWh, vor allem weil die Stromproduktion aus Wasserkraft wegen der deutlich geringeren Wasserführung um 9,9 Prozent auf 13.369 GWh sank (samt Bezugsrechten), geht aus dem Halbjahres-Zwischenbericht von Donnerstag hervor.

Wind/Sonne lieferten mit 484 GWh um 10,4 Prozent mehr - in erster Linie wegen eines höheren Windaufkommens in Rumänien -, die Wärmekraft mit 1.279 GWh mehr als doppelt so viel (+113 Prozent) wie ein Jahr davor.

Das Gas-Kombikraftwerk Mellach in der Steiermark produzierte heuer - durch einen erhöhten Einsatz für Engpassmanagement - um 632 GWh mehr Strom. Das Kohlekraftwerk Mellach erzeugte um 46 GWh mehr. Der Bezug von Fremdstrom für den Handel und Vertrieb stieg um 630 GWh oder 5,0 Prozent auf 13.126 GWh, der Fremdbezug von Strom für Verlust- und Regelenergie wuchs um 1.194 GWh oder 75,6 Prozent auf 2.774 GWh.

Der Stromabsatz des Verbund lag heuer bis Juni mit 28.415 GWh fast punktgenau auf Vorjahresvergleichshöhe. Der Absatz an Endkunden legte um 4,5 Prozent auf 5.853 GWh zu; dabei sei ein leichter Rückgang im Auslandsgeschäft durch eine deutliche Steigerung der Abgabe an Inlandskunden mehr als ausgeglichen worden. Im Privatkundenbereich belief sich der Kundenstock Ende Juni auf rund 419.000 Strom- und Gasabnehmer.

Der Absatz an Weiterverteiler wuchs wegen deutlich gestiegener Engpassmanagement-Lieferungen des Höchstspannungsnetzbetreibers APG um 4,0 Prozent auf 13.628 GWh. Der Absatz an Händler sank dagegen um 7,9 Prozent auf 8.934 GWh - wobei das Minus einzig aus Frankreich resultierte, wo der Marktzugang für die beiden schon länger verkauften Gaskraftwerke Pont-Sur-Sambre (PSS) und Toul weggefallen ist.

Die für das Geschäftsjahr 2017 maßgeblichen Preise für Strom-Future-Kontrakte (Front-Year-Base 2017, gehandelt 2016) lagen mit durchschnittlich 26,6 Euro/MWh um 14,2 Prozent unter dem durchschnittlichen Niveau des Vorjahres. "Hier spiegeln sich die Erwartungen eines fortgesetzten Zubaus erneuerbarer Energien und eines weiterhin günstigen Preisniveaus auf den Primärenergie- und CO2-Märkten wider", so der Verbund.

Durch die Kälteperiode Anfang 2017 stiegen die Spotmarktpreise (Base) in der Berichtsperiode um 41,8 Prozent auf 35,5 Euro/MWh. Der Day-Ahead sei in der zweiten Jänner-Hälfte in den dreistelligen Euro-Bereich vorgestoßen, auch Anfang Februar habe es anhaltend feste Notierungen gegeben (wenig Wind und Kälte).

Die Stromerlöse des Verbund stiegen im Halbjahr um 31,2 Mio. Euro auf 1,200 Mrd. Euro. Bei gleicher Absatzmenge wirkten vor allem die deutlich höheren Spotmarktpreise positiv. Die Netzerlöse wuchsen um 11,7 Mio. auf 210,7 Mio. Euro, im Wesentlichen durch gestiegene internationale Netzerlöse aus Versteigerungen von Grenzkapazitäten sowie durch höhere Erlöse im Zusammenhang mit Regelenergie, wie erklärt wird.

Wertminderungen bei Kraftwerken waren heuer keine zu verzeichnen, geht es dem Halbjahresbericht hervor. 2016 hatte es in den ersten beiden Quartalen Wertminderungen von 90,4 Mio. Euro gegeben, die resultierten damals u.a. aus den Windparks in Rumänien (57,2 Mio. Euro), den Laufwasserkraftwerken Gössendorf und Kalsdorf (16,5 Mio. Euro) sowie dem Gas-Kombikraftwerk Mellach (15,5 Mio. Euro).

Der Personalaufwand sank heuer im Halbjahr (trotz einer KV-Erhöhung um 1,55 Prozent) um 1,7 Mio. auf 161,5 Mio. Euro "aufgrund der konsequenten Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen der Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme", wie erklärt wird. Der durchschnittliche betriebswirtschaftliche Personalstand sank im Jahresabstand um 3,3 Prozent von 2.940 auf 2.843.

Um Einmaleffekte bereinigt lag das Verbund-Konzernergebnis heuer im ersten Halbjahr mit den 154,5 Mio. Euro um 11,2 Prozent tiefer, da diesem Vergleich eine mit 173,9 Mio. Euro höhere Basis aus dem Vorjahr zugrunde liegt, gegenüber den unbereinigt 153,9 Mio. Euro, die es von Jänner bis Juni 2016 gegeben hatte.

Je Aktie blieb das Ergebnis bei 0,44 Euro, die EBIT-Marge verbesserte sich auf 16,5 (13,1) Prozent, die EBITDA-Marge sank auf 28,2 (30,8) Prozent. Das Eigenkapital per 30.6. ist mit 5,626 Mrd. Euro ausgewiesen, um 1,7 Prozent mehr als die 5,530 Mrd. Euro Ende 2016 - die Eigenkapitalquote stieg damit bereinigt von 50,0 auf 52,0 Prozent. Die Nettoschulden sanken zugleich um 4,6 Prozent von 3,222 Mrd. auf 3,075 Mrd. Euro, der Nettoverschuldungsgrad verringerte in diesen sechs Monaten von 58,3 auf 54,7 Prozent.

Verbund sieht mittelfristig keine Signale für höhere Strompreise

Der Verbund sieht mittelfristig beim Strompreis keine Trendwende nach oben. Seit einem Tief Anfang des Vorjahres haben sich die Börsenpreise zwar wieder erholt, das derzeitige Niveau dürfte aber bis 2020 aufrecht bleiben. "Es scheint jetzt, dass wir den Tiefpunkt gesehen haben, aber es wäre verfrüht davon auszugehen, dass diese Reise jetzt weitergeht", sagte Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber.

Im Jänner und Februar 2016 sind die Strompreise auf 20 Euro pro Megawattstunde (MWh) gefallen, aktuell sind es um die 30 Euro/MWh. Der Verbund sieht die (Forward)-Strompreise heute bei 30/31 Euro je MWh. Man glaube auch, dass dieses Niveau mittelfristig die nächsten zwei bis drei Jahre auch noch aufrecht bleiben werde und dass es keine großen Veränderungen geben werde, so Anzengruber am Donnerstag bei der Halbjahrespressekonferenz. Er sieht bis zum Jahr 2020 keine wirklichen Signale, "dass es deutlich nach oben geht". Der Preis dürfte bei den rund 30 Euro/MWh bleiben. Im ersten Halbjahr 2017 sind beim Verbund die durchschnittlichen Absatzpreise für die abgesicherte Menge bei 29,8 Euro/MWh gelegen, nach 31,0 Euro/MWh in der Vorjahresperiode.

Der Strompreisverfall zu Jahresbeginn 2016 hat den Verbund auch zu einem weiteren Rationalisierungsprogramm veranlasst. Das Sparprogramm sei übertroffen worden, man habe 176 Mio. Euro erreicht statt der geplanten 130 Mio. Euro, so Finanzvorstand Peter Kollmann. Der Verbund hat vor einem Jahr auch die Investitionen für die Jahre 2016 bis 2019 von 1,5 auf 1,0 Mrd. Euro reduziert und setzt unter anderem verstärkt auf Effizienzsteigerungen bestehender Kraftwerke. Die Zahl der Stellen soll im Zuge der verschiedenen Programme im Zeitraum 2013 bis 2021 Summe um 600 verringert werden. Das erfolge sozialverträglich und auch durch Nicht-Nachbesetzungen, betonte Anzengruber. Der durchschnittliche betriebswirtschaftliche Personalstand des Verbund sank im Jahresabstand laut Halbjahresbericht um 3,3 Prozent von 2.940 auf 2.843.

Mit den Programmen würden der Free-Cash-Flow erhöht, die Schulden abgebaut und damit auch das Rating stabilisiert, so Kollmann. Die Maßnahmen seien durchgeführt worden um angesichts der energiepolitischen Rahmenbedingungen in einem sehr volatilen Umfeld den Konzern widerstandsfähig zu machen.

Deutlich stärker eingesetzt hat der Verbund im Halbjahr die thermischen Kraftwerke für das Engpassmanagement zur Stabilisierung der Stromnetze. Das steirische Gaskraftwerk Mellach sei heuer bis Ende Juni bereits 1.700 Stunden gelaufen, verglichen mit 700 bis 800 Stunden im Gesamtjahr 2016, so Anzengruber. Er sieht Gas in der Energiewende als Brückentechnologie. Mellach bleibe aus Gründen der Versorgungssicherheit am Netz. Das Gaskraftwerk könne schnell hoch gefahren werden und liege im Südosten des Landes, wo es keine Pumpspeicherkraftwerke gebe. Wenn es diese Feuerwehrfunktion nicht gäbe, müsste man Mellach einmotten. Das Steinkohle-Kraftwerk Mellach soll bis Ende 2019 stillgelegt werden, ein weiterer Schritt auf dem Weg zur CO2-freien Erzeugung. Derzeit liege der Erneuerbaren-Anteil bei 95 bis 96 Prozent. In Ökologisierungsmaßnahmen, vor allem Fischwanderhilfen, wird der Verbund 280 Mio. Euro bis 2025 investieren. Für ganz Österreich gebe es ein realistisches Potenzial zum Ausbau der Erneuerbaren Energie im Ausmaß von rund 20 TWh, verwies Anzengruber heute auf Zahlen des Branchenverbands Oesterreichs Energie.

Im ersten Halbjahr hat der Verbund aus der Vermarktung von Flexibilität - von Engpassmanagement über Netzdienstleistungen bis zu Pumpspeichern - 107 Mio. Euro erzielt, nach 62 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr werden 166 Mio. Euro erwartet, nach 128 Mio. Euro 2016.

Für die Energiezukunft positioniert sich der Verbund als CO2-freier Low-Cost-Erzeuger, als verlässlicher Netzbetreiber sowie als kundenorientierter Lösungsanbieter. Die Zahl der Privatkunden stieg im ersten Halbjahr um 7 Prozent auf rund 420.000.

Die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit sei eine der zentralen Aufgaben der Verbund-Tochter APG, die Regelzonenführer des österreichischen Übertragungsnetzes ist. Die Energiewende mache immer mehr Netzstützungen notwendig, im ersten Halbjahr waren es 2.600 Gigawattstunden (GWh).

Bei der 380-kV-Salzburg-Leitung, bei der bis heute die Berufungsverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht läuft, geht Anzengruber von einem Bescheid bis Jahresende aus.

Die geplante Trennung der deutsch-österreichischen Strompreiszone sei eine Entscheidung, "die uns nach wie vor nicht gefällt", so Anzengruber. Er sieht sie auch noch nicht als endgültig an und verweist auf noch ausständige Entscheidungen über neue Preiszonen in Europas (Bidding Zone Review Process).

Weitere Links:

Analysen zu Verbund AGmehr Analysen

20.01.25 Verbund verkaufen Deutsche Bank AG
02.10.24 Verbund verkaufen Deutsche Bank AG
16.08.24 Verbund Hold Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
29.07.24 Verbund Sell Deutsche Bank AG
25.07.24 Verbund Sell Baader Bank
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Aktien in diesem Artikel

Verbund AG 73,05 -0,75% Verbund AG