Trauerspiel geht weiter 10.08.2016 12:20:00

Air Berlin-Aktie tief im Minus nach erneutem Verlust

Das Trauerspiel um Air Berlin legt auch in der wichtigen Sommersaison keine Pause ein. Nach tiefroten Zahlen im zweiten Quartal sieht Vorstandschef Stefan Pichler auch in der wichtigsten Reisezeit des Jahres eine schwache Nachfrage und anhaltenden Druck auf die Ticketpreise. Die instabile politische Lage in Feriengebieten wie der Türkei, Griechenland und Nordafrika treffe Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft "besonders hart". Die Terrorangst bremse die Ticketnachfrage. Wie das Jahr 2016 ausgeht, wagt Pichler nicht vorauszusagen - deutet aber "tiefgreifende Veränderungen" im Unternehmen an.

Nach der Vorlage der Quartalszahlen am Dienstagabend ging es für die Air-Berlin-Aktie am Mittwoch kurzzeitig um mehr als sieben Prozent nach unten. Wenig später verringerte sich das Minus auf rund ein Prozent. Beim derzeitigen Aktienkurs von rund 70 Cent wäre die gesamte Air Berlin rechnerisch für 81 Millionen Euro zu haben. Das ist etwa der Preis eines Airbus-Mittelstreckenjets. Knapp 30 Prozent der Air-Berlin-Aktien gehören der arabischen Fluglinie Etihad, die ihren deutschen Ableger seit Jahren mit Finanzspritzen in der Luft hält.

Pichlers Sparbemühungen brachten auch im zweiten Quartal unter dem Strich keine Besserung. Zwar sanken die Kosten je angebotenem Sitzkilometer um gut drei Prozent. Das lag allerdings an den gesunkenen Treibstoffpreisen. Die Ticketpreise gaben im Schnitt fast doppelt so stark nach. Das zehrte die Einsparungen mehr als auf. Im Jahr 2016 hatte Air Berlin mit rund 447 Millionen Euro den höchsten Verlust ihrer Geschichte eingeflogen.

Im zweiten Quartal schrumpfte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über neun Prozent auf 971 Millionen Euro - auch weil Air Berlin das Flugangebot gekappt und die Flotte verkleinert hatte. Der Verlust vor Zinsen und Steuern vervierfachte sich nahezu auf 63 Millionen Euro. Unter dem Strich wuchs der Fehlbetrag von knapp 38 Millionen auf 89 Millionen Euro.

Pichler erklärte das mit einem Überangebot an Flügen in den westlichen Mittelmeerraum, wo Air Berlin stark vertreten ist. Nach dem Buchungseinbruch bei Reisen in die Türkei und andere Länder hätten viele Fluggesellschaften ihr Flugangebot nach Spanien ausgebaut. Die Nachfrage habe dabei nicht mitgehalten. Air Berlin erzielt bis zu einem Drittel ihrer Umsätze auf Urlaubsstrecken. Das Sommerquartal ist für Fluglinien und Reiseveranstalter das wichtigste des Jahres: Mit den Gewinnen aus dieser Zeit müssen sie die üblichen Verluste aus dem Winter wettmachen.

Die Verunsicherung der Kunden angesichts von Terroranschlägen und politischen Krisen in Europa macht nicht nur Air Berlin zu schaffen. Auch die Lufthansa, die British-Airways-Mutter IAG, der Billigflieger Easyjet und der Reiseveranstalter Thomas Cook haben ihre bisherigen Gewinnziele beerdigt. Allerdings konnte die Lufthansa ihren operativen Gewinn im Passagiergeschäft im zweiten Quartal kräftig steigern - erst im zweiten Halbjahr soll es schwieriger werden. Europas größte Fluggesellschaft bekommt die Terrorangst von Kunden aus den USA und Asien zu spüren, die seit den Anschlägen weniger Reisen nach Europa buchen.

Wie Air Berlin auf die Nachfragekrise reagieren will, führte Pichler bei der Halbjahresbilanz nicht genau aus. Er sei zuversichtlich, mit Hilfe der Großaktionärin Etihad und in der Zusammenarbeit mit weiteren Partnern im Flugnetzwerk erfolgreich durch das "anspruchsvolle Marktumfeld" zu kommen - "auch wenn dafür tiefgreifende Veränderungen in unserem gesamten Unternehmen erforderlich sind". So will er das laufende Sparprogramm fortführen und weitere Aufgaben mit den Fluggesellschaften aus der Etihad-Gruppe bündeln.

Ob damit auch ein Verkauf von Air-Berlin-Teilen an die Lufthansa gemeint sein könnte, blieb offen. Im Juli war durchgesickert, dass Großaktionärin Etihad offenbar einen Verkauf von Air-Berlin-Teilen an die Lufthansa sondiert. Nach Informationen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX gab es dazu bereits Gespräche. Rund 40 Air-Berlin-Flugzeuge samt Besatzung, die vor allem touristische Strecken abseits der Drehkreuze Düsseldorf und Berlin bedienen, könnten dabei der Lufthansa-Billigmarke Eurowings zufallen. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es bisher nicht.

/stw/she/stb

BERLIN (dpa-AFX)

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