14.06.2022 21:56:00
|
Teuerung - Für Wifo-Chef großer Wurf, Treffsicherheit nicht optimal
Das von der Regierung heute vorgestellte Maßnahmenpaket gegen die Teuerung wird von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr als "großer Wurf" eingestuft, vor allem die Teilabschaffung der kalten Progression sei ein "großer Schritt". Zugleich hätte die Treffsicherheit der Maßnahmen besser sein können, sagte Felbermayr im ORF-"Mittagsjournal". Auch Fiskalrats-Chef Christoph Badelt sieht die Gießkannen-Maßnahmen kritisch.
Gut sei das Gesamtpaket insbesondere, weil es keine Senkung von Mehrwert- oder Mineralölsteuer gegeben habe, meinte Felbermayr. In Summe sei das Paket finanzierbar, schätzt Felbermayr, wobei das Wifo noch keine genauen Daten habe, diese dann aber so bald wie möglich genau nachrechnen werde. Österreich werde wohl das Maastricht-Kriterium von maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung als Neuverschuldung nicht sprengen und da die hohe Inflation auch das BIP nominell deutlich erhöhe, würden auch die Schulden "nicht davonlaufen".
Leise Kritik gibt es von Felbermayr am 500-Euro-Klimabonus für alle. Das sei "nicht so sozial treffsicher, wie wir das eigentlich gerne hätten" und mache das Paket teurer. Alle dadurch verursachten zusätzlichen Ausgaben müssten ja am Ende von allen getragen werden, erinnerte er. Wirtschaftlich schlechter Gestellte profitieren von den angekündigten Maßnahmen sehr stark, anerkannte Badelt im ORF-"Report", aber es profitierten auch viele Besserverdiener, merkte auch er etwa in Hinblick auf den erhöhten Klimabonus kritisch an.
Skeptisch zeigte sich Badelt, was die Abschaffung der Kalten Progression betrifft - hier müsse man sich schon die Frage stellen, ob es beispielsweise nicht besser gewesen wäre, die Mehreinnahmen zurückzuhalten und für weitere Hilfen für Bedürftige aufzuheben, sollte die Krise andauern. Die Politik verkleinere sich hier ihren Spielraum. Ausgenommen von der Abgeltung soll ja nur der Spitzensteuersatzes von 55 Prozent sein - davon sind aber lediglich 706 Personen betroffen, betonte Badelt. Die Maßnahmen bringen den Staatshaushalt zwar nicht in nachhaltige Schwierigkeiten, aber einige Milliarden aus dem Paket sind laut Badelt nicht gegenfinanziert. Den kurzfristigen Teil des Pakets nehme er "ohne Bauchweh", sagte der Vorsitzende des Fiskalrats, den längerfristigen Teil sehe er schon als riskant.
Felbermayr hingegen begrüßte die Reformen bei der kalten Progression. Dass nun etwa zwei Drittel der kalten Progression mit einem Automatismus an die Steuerzahler zurückgegeben würden und ein Drittel von politischen Entscheidungen abhänge, sei einerseits am Beispiel Deutschland angelehnt und nicht ein Experiment, und gebe andererseits der Politik einen gewissen Spielraum für politische Entscheidungen - das begrüße er. Wichtig sei aber, dass im Gesetz, das erst ausgearbeitet werden müsse, die vollständige Rückerstattung der gesamten Kalten Progression vorgesehen werde - und nicht nur des auf Automatismus gestellten Teils.
Durch die "Halbautomatik" in der Rückgabe der kalten Progression werde der Spielraum der Politik für Sozial- und Umweltmaßnahmen kleiner, gab Felbermayr zu bedenken. Um solche Maßnahmen zu finanzieren, werde man sich daher künftig mehr anstrengen müssen - es gebe aber breiten Spielraum für Strukturreformen, etwa mit einer Föderalismusreform.
spu/tsk/kre
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!