Kursaffäre vor Gericht 06.02.2013 16:28:00

Telekom-Prozess - Telekom Austria als Privatbeteiligte dabei

Der damalige Vorstand der Telekom Austria, Generaldirektor Heinz Sundt, Festnetz-Vorstand Rudolf Fischer und Finanz-Vorstand Stefano Colombo, der frühere Telekom-Manager Josef Trimmel sowie der Euro Invest-Bankier Johann Wanovits. Die Anklage wirft ihnen Untreue vor, es drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Vorwurf: Euro-Invest-Chef Wanovits wurde mittels Geldern der Telekom bestochen, um den Kurs der Telekom-Aktie im Februar 2004 hochzutreiben, damit ein Mitarbeiter-Aktienoptionsprogramm ausgelöst wurde. Die Telekom hat dadurch laut Anklage einen Schaden von über 10,6 Mio. Euro erlitten. Die Anklage wird von Staatsanwalt Hannes Wandl vertreten, vorsitzender Richter des Schöffensenats ist Michael Tolstiuk, Gerichtssachverständiger ist Matthias Kopetzky.

Die Affäre rund um den Kurssprung der Telekom-Aktie hat viele Facetten. Auf die Finanzmarktaufsicht (FMA) wirft sie ein schlechtes Licht: Schon kurz nach dem Kurssprung in letzter Minute hatte die FMA die Vorgänge untersucht. Obwohl in den Medien die ominöse Kursentwicklung umfangreich thematisiert wurde, konnte die FMA keine Auffälligkeiten entdecken. Die Verbindung zur Telekom wurde nicht aufgedeckt. Mehr als eine Geldstrafe für die ausgeforschte Euro Invest, die den Kurs am 26. Februar 2004 kurz vor Börseschluss nach oben getrieben hatte, kam jedoch nicht heraus. Der von der FMA im August 2004 ausgestellte Strafbescheid über 12.000 Euro wegen Schädigung des Ansehens der Wiener Börse wurde letztlich vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben.

Aufgeflogen ist die Kursaffäre erst in indirekter Folge der Immofinanz-Ermittlungen: Damals wurden bei Hausdurchsuchungen im Bereich der Immfinanz/Constantia Privatbank Zahlungen an den Lobbyisten Peter Hochegger entdeckt. Diese Belege brachten die Buwog-Affäre rund um Korruptionsverdacht bei der Privatisierung von Bundeswohnungen ins Rollen. Hausdurchsuchungen bei Hochegger wiederum deckten die Telekom-Kursaffäre - und zahlreiche weitere mutmaßliche Korruptionsaffären - auf.

Der damalige Vorstandassistent bei der Telekom und spätere Vorstand Gernot Schieszler bot sich der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge an. Er packte aus - und sitzt im kommenden Prozess nun im Zeugensessel und nicht auf der Anklagebank. Auch Hochegger ist nicht Mitangeklagter, sondern Zeuge: Gegen den umtriebigen Lobbyisten ist im Zusammenhang mit diesen Transaktionen ein Strafverfahren anhängig, wobei ihm noch weitere Malversationen zur Last gelegt werden, weshalb er diesbezüglich zur besseren Darstellbarkeit abgesondert verfolgt wird, hieß es von seiten der Staatsanwaltschaft.

Der Sachverhalt laut dem jüngsten Stand der Eingeständnisse und Medienberichte: Als den Telekom-Vorständen klar wurde, dass der Aktienkurs womöglich nicht die für ein Mitarbeiteroptionenprogramm notwendige Höhe erreichen würde, suchten sie Investoren. Euro Invest-Banker Wanovits war für eine finanzielle Gegenleistung bereit, in letzter Minute den Kurs hinaufzutreiben. Diese "Risikoprämie" wurde auf teils abenteuerlichem Weg ausbezahlt.

Rund eine halbe Million Euro sollen Schieszler und Trimmel in bar an Wanovits überreicht haben. Das Geld wurde von Hochegger geholt und dann an Wanovits cash übergeben. Die Geldübergabe fand demnach in einer ruhigen Seitengasse am Wiener Naschmarkt statt. Schieszler und Trimmel sollen sich noch selber Geldscheine genommen haben - die Höhe sei nicht mehr feststellbar, so die Anklage.

Neben Bargeldübergaben flossen an den Broker auch Gelder über den Umweg Hochegger: Für diverse "Studien" gingen fast 400.000 Euro von Hocheggers Valora an Wanovits. Eine der "Studien", über "Investitionsmöglichkeiten in erneuerbare Energien und alternative Investments" war ursprünglich von einem Telekommitarbeiter verfasst worden. Auch dieses Geld zahlte ursprünglich die Telekom an Hochegger, der es verbuchte, versteuerte und sich eine Prämie abzog.

Die teilstaatliche Telekom hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen - wie in allen anderen Fällen auch, bei denen dem Unternehmen ein Schaden entstanden sein könnte. Details wollte die Telekom mit Verweis auf das laufende Verfahren auf APA-Anfrage nicht nennen. Derzeit befinden sich "weniger als die Hälfte" der Personen, die 2004 in den Genuss des neun Millionen Euro schweren Bonusprogrammes gekommen sind, noch im Unternehmen. Konzernchef Hannes Ametsreiter hatte seinen Bonus von 92.000 Euro umgehend nach Bekanntwerden der Vorwürfe zurück bezahlt. Der damalige Telekom Austria-Generaldirektor Heinz Sundt hat seine rund 360.000 Euro Bonus noch nicht rücküberwiesen.

Zumindest aktuell belasten die Angeklagten Vorstände nicht die Bilanz der Telekom. Keiner von ihnen bezieht eine Firmenpension, versichert die Telekom.

Das Bonusprogramm hat die Telekom mittlerweile kräftig überarbeitet. "Anders als bei Vorprogrammen handelt es sich (...) um eine erfolgsabhängige Zuteilung von Aktien und nicht um ein Aktienoptionsprogramm. Als Leistungszeitraum für das Erreichen der Ziele wurden je drei Jahre fixiert. Auch hier bestimmt der Aufsichtsrat die Kennzahlen für die Zielerreichung - konkret sind das Free Cashflow, Total Shareholder Return und EBITDA", so Telekom-Sprecher Alexander Kleedorfer zur APA.

stf/gru

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