07.06.2015 20:37:37
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Südwest Presse: LEITARTIKEL · KIRCHENTAG Wahrer Reichtum
Ulm (ots) - Es war eine heiße Sache: der 35. Deutsche Evangelische
Kirchentag. Gestern ging er zu Ende - und er hat gezeigt, welches
Potenzial Christen in die Gesellschaft einbringen. "Ein Festival des
Ehrenamtes", nannte Bundespräsident Joachim Gauck das Glaubensfest
der Laien. Und er hatte dabei nicht nur die vielen tausend
Mitwirkenden im Blick, ohne die eine solche Großveranstaltung nicht
zu bewerkstelligen wäre. Der Kirchentag ist Sammelpunkt eines aktiven
Teils der Gesellschaft. In hundertfacher Zahl präsentierten sich hier
Initiativen und Solidaritätsgruppen. Klimafreunde trafen sozial
Engagierte aus Pflege und Hospizbewegungen, Vertreter von
Flüchtlingsinitiativen, Afrika-Freunde, Israel-Begeisterte, Anhänger
fairer Wirtschaftsstrukturen. Die Gesellschaft profitiert von dieser
Einsatzfreude. Denn engagierte Bürger widersetzen sich mit ihrem Tun
der Resignation, die so viele angesichts von Krieg und Krisen
befällt. Ihr Einmischen ist ein Gegenpol zu jenen, die mit Radau und
dumpfer Polemik eigener Ohnmacht begegnen wollen. Kurz: Erst ihr
Engagement macht das wohlhabende Deutschland wirklich reich.
Verbindendes Band zwischen den Aktiven war in Stuttgart der Glaube.
Beten, Handeln und sich auseinandersetzen mit aktuellen Fragen der
Politik, anderen Religionen oder auch einmal mit den fremden Brüdern
und Schwestern im eigenen kirchlichen Verband. In Stuttgart boten
sich viele Gelegenheiten: liberale Protestanten trafen auf
Andersgläubige oder Pietisten (und umgekehrt), Visionäre auf Macher,
Wähler auf Politiker. Die direkte Begegnung forderte heraus eigene
Positionen zu erklären und Fremdes anzuhören, auch wenn das nicht ins
eigene Gedankenschema passt. Oft wurde heiß diskutiert, doch
ausgebuht wurde keiner. Dabei herrschte kein Mangel an Kontroversen:
beim Thema Flüchtlinge, dem Freihandelsabkommen TTIP oder Fragen von
Krieg und Frieden. Manch ein Brückenschlag ist dem Kirchentag
gelungen: 46 Jahre nachdem sich ebenfalls in Stuttgart politisch
engagierte Protestanten und Pietisten für Jahrzehnte entzweit hatten,
kam es dieses Jahr zu einer Annäherung, die, so deutete die
Generalsekretärin des Kirchentags Ellen Ueberschär an, wohl weiter
wirken wird, auch in den Kirchentag 2017 in Berlin hinein. Andere
Verbindungen haben sich als stabil erwiesen: Fast das ganze Kabinett
der großen Koalition in Berlin war auf Podien oder mit
Bibelinterpretationen vertreten. Das bürgerliche Christentreffen
bietet eine wohlwollende Bühne für die Regierung, selbst wenn in
Umfragen eine Mehrheit der Kirchentagsbesucher den Grünen zugeneigt
ist. Es zeigen sich aber auch neue Bruchlinien. Gruppen der
Friedensbewegung und des Palästina-Solidaritätsnetzes fanden im
offiziellen Programm keinen Platz. Sie wurden von der
Kirchentagsleitung bewusst ausgegrenzt. Zuviel Polarisierung, zuviel
Konflikt. Ganz so, als könne über Krieg und Frieden nur in der
Bandbreite der großen Koalition gesprochen werden. Gehör fanden die
an den Rand gedrängten Basisgruppen dennoch. 1500 Menschen bildeten
trotz flirrender Hitze eine Menschenkette, um gegen die Stuttgarter
US-Kommandozentralen Africom und Eucom zu demonstrieren. Es müsste in
dieser neuen Abgrenzung nicht das letzte Wort gesprochen sein. Der
Kirchentag in Stuttgart gibt Anlass zur Hoffnung: "Auf dass wir klug
werden" hieß seine Losung. Und klug werden im umfassenden Sinn kann
jeder, auch das Kirchentagspräsidium.
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Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218
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