01.12.2015 20:47:38
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Südwest Presse: LEITARTIKEL · BUNDESWEHR
Gestern hat das Bundeskabinett grünes Licht für den Syrien-Einsatz der Bundeswehr gegeben. Zwar war Deutschland schon seit über einem Jahr Teil der maßgeblich von Amerikanern und Franzosen befehligten Anti-Terror-Koalition gegen den "Islamischen Staat". Doch beschränkten sich die Beiträge der Bundesrepublik im Nordirak und in Mali auf Ausbildungsmaßnahmen und Waffenlieferungen, während das künftige Mandat auch Aufklärung und Logistik in der Krisenregion umfasst, die Entsendung von Tornados, Tankflugzeugen und einer Fregatte. Damit erhält das deutsche Engagement im Kampf gegen den IS eine neue Qualität. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande spricht offen von Krieg, weshalb es keinen Sinn macht, jetzt die Umstände und Risiken zu verbrämen, die mit dem Marschbefehl an unsere Soldaten verknüpft sind. Nur weil die Bundeswehr weder Bomben abwirft noch Bodentruppen stellt, ist die Mission kein ungefährlicher Freundschaftsdienst an der Seite des von blindwütigen Gotteskriegern attackierten Nachbarn. Es handelt sich vielmehr um einen ziemlich robusten Auftrag, der jederzeit in eine unmittelbare Verstrickung in Kampfhandlungen münden kann. Mit anderen Worten: Die schwarz-rote Koalition schickt die Bundeswehr in den Krieg gegen eine Terrormiliz, die nach dem Urteil von Experten allein auf dem Schlachtfeld in Syrien nicht zu besiegen ist. Nun ziehen die Kanzlerin und ihre verantwortlichen Minister keineswegs mit Hurra in dieses Gefecht. Angela Merkel hat Frankreich nach den Anschlägen von Paris "jedwede Unterstützung" versprochen, und Paris wäre mit weniger als einem bedeutenden militärischen Beitrag Deutschlands nicht zufrieden gewesen. Soviel Solidarität sind wir unserem wichtigsten Verbündeten in Europa einfach schuldig. Nebenbei: Es wäre schön, wenn auch unsere EU-Partner dasselbe Maß an Gemeinsinn in anderen Fragen aufzubringen bereit wären. Freilich wirft die Entscheidung für den Kriegseinsatz in Syrien ernste Fragen auf, die im Bundestag unbedingt zur Sprache kommen sollten, bevor dort über das Mandat abgestimmt wird: angefangen bei den völkerrechtlichen Grundlagen, die nicht zweifelsfrei sind, über die berechtigte Sorge, dass ein bewaffneter Feldzug gegen den Terror zumeist die potenzielle Zahl von Attentätern und damit die Anschlagsgefahr auch in Deutschland erhöht, bis zu den gleicher Maßen schmerzhaften wie kostspieligen Erfahrungen aus den Kriegen im Irak, in Afghanistan und Libyen. Offen ist bis zur Stunde vor allem die zentrale Frage: Wer verfügt über ein einleuchtendes, effizientes und nachhaltiges Gesamtkonzept, das zur militärischen Ausschaltung der IS-Kommandostrukturen ebenso wie zur politischen, wirtschaftlichen und ideologischen Eindämmung des islamistischen Terrors führt? Dieser asymmetrische Krieg wirkt aus westlicher Perspektive wie eine Offensive ohne Strategie, bestritten von einer multinationalen Allianz, die zwar vom gemeinsamen Siegeswillen getragen wird, aber nicht von übereinstimmenden Interessen - wie denn auch? Russland und die Türkei, Saudi Arabien und der Iran, die Amerikaner und die Europäer verfolgen geopolitisch unterschiedliche, teilweise sogar gegensätzliche Ziele in dieser Region. Das alles wiegt schwer und steht einer militärischen Intervention mindestens so lange entgegen, wie diese als bloßer Selbstzweck erscheint, als Signal von Vergeltung und Symbol der Entschlossenheit.
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Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218
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