15.11.2015 19:37:38

Südwest Presse: KOMMENTAR · TERROR

Ulm (ots) - Kein Zurückweichen

Die Attentäter von Paris haben sich ihre Anschlagsziele mit Bedacht ausgewählt: Es waren Orte, die unsere westliche, unsere europäische Kultur ausmachen. Ein Fußballstadion, wo Zehntausende Wochenende für Wochenende - zumeist friedlich - ihren Idolen zujubeln. Ein Konzertsaal, in dem Bands auftreten, die jenseits vermeintlicher moralischer und politischer Korrektheit kulturelle Vielfalt leben. Und jene Freiheit der Bars und Kneipen, in denen Menschen ganz einfach zusammenkommen - ohne, dass nach Religion, Geschlecht oder Herkunft gefragt wird. Dieses Vorgehen gibt der Nacht des 13. Novembers eine neue Qualität. Die Killerbanden des IS und zuvor von Al-Kaida begnügen sich nicht mehr mit den Angriffen auf Schauplätze, die symbolisch für die westliche Lebensart stehen. Sie feuern buchstäblich mitten in unser tägliches Leben, hinein in jene Kultur, die sich nicht zuletzt aus den Werten der französischen Revolution speist. Der Feldzug des IS ist nicht nur grausam und barbarisch, er ist zugleich perfide. Denn er bringt Regierende und Gesellschaft in ein Dilemma, das kaum lösbar erscheint. Frankreichs Staatspräsident Hollande sprach kurz nach den Attentaten von einem "Kriegsakt", Bundespräsident Gauck nannte sie eine "neue Art von Krieg". Es ist richtig: Wir müssen uns verteidigen und unmissverständlich klar machen, dass der Westen wehrhaft ist. Dazu gehört auch, dass wir in Europa endlich zu einer geordneten Flüchtlingsregistrierung kommen. Wir müssen wissen, wer zu uns kommt. Genauso richtig ist aber: Nein, wir leben nicht im Krieg. Und der 13. November darf auch nicht, wie so oft in den letzten Tagen behauptet, das Ende des Europas sein, wie wir es bisher kennen. Er muss ganz im Gegenteil der Beginn einer Neuentdeckung dieser Idee sein, die in den vergangenen Jahren zu oft im kleingeistigen Streit unterzugehen schien. Das bedeutet: Kein Zurückweichen, keine Änderung unseres Lebensstils, keine Einschränkung der Freiheit. Vor allem aber bedeutet es keine Ausgrenzung der Menschen, die zu uns kommen und keine Vorverurteilung, egal, welcher Religion sie angehören. Alles andere wäre ein Sieg der IS-Mörder, weil sie damit ihrem unheiligen Krieg neue Nahrung geben könnten und noch mehr Anhänger fänden. Eine offene Gesellschaft muss immer mit der Gefahr von Anschlägen leben. Sie ist aber die einzige Antwort auf die Taten des 13. November. Damit Paris immer die Stadt der Freiheit bleibt - und nicht ein Ort des Terrors.

OTS: Südwest Presse newsroom: http://www.presseportal.de/nr/59110 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!