11.10.2016 21:22:37
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Südwest Presse: Kommentar zum doppelten Regierungssitz
Ulm (ots) - Das Bonn/Berlin-Gesetz ist das Trostpflaster, das der
Bundestag vor mehr als zwei Jahrzehnten erfand, um die Residenz am
Rhein für den Umzug von Parlament und Regierung an die Spree ideell
und materiell halbwegs zu entschädigen. Seither hat sich Bonn als
Bundesstadt mit Ministerien und Behörden, als Standort von immerhin
19 UN-Organisationen sowie als Heimat potenter Dax-Unternehmen
(Telekom, Post) vortrefflich entwickelt: In der Region gibt es heute
sogar 2200 mehr Arbeitsplätze als im Jahr 2000, und im früheren
Regierungsviertel wird gerade ein 15-Etagen-Hochhaus neu gebaut, um
zusätzlichen Raum für die Vereinten Nationen zu schaffen. Der
Aufwand, den der doppelte Regierungssitz verursacht, führt zwar nicht
zu beträchtlichen Kosten, auch hemmt er den allgemeinen
Politikbetrieb nicht übermäßig. Dennoch gibt es gute Gründe für einen
geordneten Rückzug der Ministerien aus Bonn, finanzielle wie
verwaltungstechnische. Außerdem übt Berlin auf die Beamten einen so
starken Sog aus, dass die Verlagerung von immer mehr Dienstposten an
die Spree ohnedies unaufhaltsam erscheint. Die ehemals provisorische
Hauptstadt könnte den Verlust der Ministerien durchaus verschmerzen,
zumal sich der Bund ja nicht völlig aus Bonn zurückzieht, sondern
eine Vielzahl von Dienstposten dort belässt - beim
Bundesrechnungshof, dem Kartellamt oder der Datenschutzbeauftragten.
Über ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung wird es
wirklich Zeit, einen Anachronismus zu beenden. Und weil das auf
minimalinvasive Weise möglich erscheint, sollte der 2017 neu zu
wählende Bundestag wohl auch eine tragfähige Lösung für alle
Beteiligten finden können.
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Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218
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