01.03.2018 07:31:37

Steinhoff nimmt deutsche Möbelkette Poco aus Bilanz

Steinhoff habe bei der Beteiligung nicht mehr das Sagen, erklärte der Konzern am Mittwoch.

Deshalb könne er die Umsätze nicht mehr konsolidieren, sondern nur noch die Beteiligungserträge bilanzieren. Das drückte den Umsatz im ersten Quartal 2017/18 (zum 31. Dezember) um fünf Prozent auf 4,86 Mrd. Euro. Ohne den Bilanzeffekt hätte Steinhoff in der tiefsten Krise seiner Geschichte sogar zwei Prozent mehr umgesetzt.

Bei Kika und Leiner ist der Umsatz auf vergleichbarer Fläche um 4 Prozent zurückgegangen, geht aus dem Trading Update hervor. Die Märkte seien aufgrund des hohen Wettbewerbs unter Druck gewesen. Das Segment mit großen Möbeln, wie etwa Küchen, bei denen Kunden eine Anzahlung leisten, habe unter den Unsicherheiten bei Steinhoff gelitten, heißt es. Die Kika- und Leiner-Standorte in Osteuropa hingegen hätten ihre "starke Performance" fortgesetzt.

Der Konzern legte zum ersten Mal seit dem Auftauchen von Bilanz-Unregelmäßigkeiten operative Zahlen vor. "In unserem Unternehmen ist viel falsch gelaufen", räumte die amtierende Konzernchefin Heather Sonn in einem Brief an die Aktionäre ein. "Wir alle wollen eine sichere Zukunft für Steinhoff, und ich will alles dafür tun." Die Wirtschaftsprüfer von PwC durchforsten derzeit die Zahlen und Verträge. So lange sie nicht fertig seien, könne Steinhoff auch keine Bilanz für 2016/17 vorlegen.

Die Enthüllungen hatten nicht nur den Aktienkurs um bis zu 90 Prozent nach unten gedrückt, sondern Steinhoff auch in eine Liquiditätskrise gestürzt. Vor allem einigen Töchtern in Europa drohte zeitweise das Geld auszugehen, wie Sonn einräumte. Die größten Löcher seien inzwischen gestopft, doch brauche vor allem der US-Matratzenhändler Mattress Firm frische Mittel. "Gespräche mit unseren verschiedenen Gläubigern, sowohl in Südafrika als auch international, dauern an", teilte Sonn mit. Steinhoff arbeite weiterhin daran, die Gläubiger in Europa dazu zu bewegen, keine Kredite fällig zu stellen. Finanzkreisen zufolge muss Steinhoff in diesem Jahr etwa ein Fünftel seines rund 10,7 Mrd. Euro schweren Schuldenbergs refinanzieren.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet Steinhoff in Europa, vor allem mit Möbeln und Haushaltswaren über Ketten wie Conforama in Frankreich, Kika/Leiner in Österreich und Poco in Deutschland. Ein Gericht in Amsterdam hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass sich Steinhoff die umstrittenen Anteile des österreichischen Mitaktionärs XXXLutz nicht zurechnen lassen dürfe. Weil Poco-Aufsichtsratschef Peter Pohlmann, der sich mit Steinhoff verbündet hatte, nach zehn Jahren seine Stimmrechte von zehn Prozent verloren hat, hat Steinhoff damit trotz eines 50-Prozent-Anteils bei Poco nicht mehr das Sagen. Damit fehlen von Oktober bis Dezember allein 365 Mio. Euro Umsatz.

Operativ habe bei Poco die Insolvenz des Küchen-Lieferanten Alno ins Kontor geschlagen. Die Umstellung auf andere Hersteller habe zehn Millionen Euro Umsatz gekostet, insgesamt stagnierte das Geschäft.

Im Aufsichtsrat von Steinhoff geht unterdessen eine Ära zu Ende: 20 Jahre nach dem Börsengang legte Firmengründer Bruno Steinhoff wie sein Geschäftspartner Claas Daun sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Zur Hauptversammlung am 20. April hätten sie nach den Vorschriften ohnehin ihren Platz freimachen müssen. Die Familie ist noch mit Angela Krüger-Steinhoff in dem Gremium vertreten.

(Schluss) kan

ISIN NL0011375019 WEB http://www.steinhoffinternational.com/ http://www.kika.at http://www.leiner.at

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