Paukenschlag 27.08.2016 11:42:00

STADA-Hauptversammlung endet mit Abwahl des Aufsichtsratschefs - Oetker Nachfolger

Der aktivistische Aktionär AOC hat sich mit seiner Forderung, den amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Abend abzuwählen, durchgesetzt. Die Aktionäre stimmten mehrheitlich für den Antrag von AOC.

Carl Ferdinand Oetker wird neuer Oberaufseher

In der Nacht hat der Aufsichtsrat von Stada Carl Ferdinand Oetker zum neuen Vorsitzenden gewählt. Zuvor war AOC mit dem Antrag auf dessen an der Mehrheit gescheitert. Nicht durchsetzen konnte sich AOC zudem mit zwei weiteren Wahlvorschlägen für den Aufsichtsrat. Die Abstimmungen entwickelten sich zu einem Marathonlauf, der sich tief in den Freitagabend hineinzog. Verzögert wurden sie unter anderem auch von der Abstimmung über die Abwahl der Versammlungsleiterin, der Berliner Notarin Karin Arnold, die ein Aktionär gefordert hatte und die mehrheitlich abgelehnt wurde.

   In einer Stichwahl mussten die Aktionäre über die AOC-Kandidaten und die vorgeschlagenen Manager der Verwaltung entscheiden. In einem ersten Wahlgang hatten zuvor weder die beiden von AOC vorgeschlagenen Kandidaten für den Aufsichtsrat Klaus-Joachim Krauth und Hans-Helmut Fabry noch die beiden STADA-Kandidaten Birgit Kudlek und Gunnar Riemann die erforderliche Zustimmung der Aktionäre gefunden. Gewählt wurden schließlich die beiden von STADA vorgeschlagenen Kandidaten Birgit Kudlek und Gunnar Riemann. Nach der Abwahl von Abend wurde auch noch Eric Cornut, den AOC vorgeschlagen hatte, in das Gremium gewählt.

   Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat wurden auf der Hauptversammlung in Einzelabstimmung mehrheitlich entlastet. In den Aufsichtsrat gewählt wurden außerdem die von STADA vorgeschlagenen und von AOC unterstützten Manager Tina Müller, Marketingvorstand bei Opel, und Rolf Hoffmann, zuletzt Mitglied des erweiterten Vorstands von Amgen. Durchgefallen ist STADA bei den Aktionären allerdings mit dem vorgeschlagenen neuen Vergütungssystem für den Vorstand. Die Aktionäre lehnten es mehrheitlich ab.

   Die Hauptversammlung des Pharmakonzerns, der im einem Machtkampf mit aktivistischen Investoren steckt, war überwiegend von sachlichen Diskussionen geprägt. Aktionäre äußerten teils Unmut, teils Zustimmung zu den von der Verwaltung gemachten personellen Vorschlägen zur Neubesetzung des Aufsichtsgremiums.

   Vor allem der Aufsichtsratsvorsitzende Martin Abend stand dabei in der Kritik. Vertreter des aktivistischen Aktionärs Active Ownership Capital (AOC) griffen Abend massiv an und forderten seine Abwahl. Ein Neuanfang bei STADA sei mit Abend nicht möglich. Einige Aktionäre äußerten aber auch die Sorge, dass die Unabhängigkeit des Unternehmens bei einem kompletten Austausch des Aufsichtsrates gefährdet sein könnte. Viele Aktionäre begrüßten den mittlerweile eingeleiteten Neuanfang bei STADA, monierten aber, dass er erst nach Druck von AOC möglich wurde.

   Die STADA Arzneimittel AG hat ihren Aktionären inzwischen einen Katalog von Maßnahmen präsentiert, die das Unternehmen profitabler für die Zukunft machen sollen. Grundsätzlich sei STADA richtig aufgestellt und brauche sich nicht neu zu erfinden, sagte der neue CEO Matthias Wiedenfels auf der mit Spannung erwarteten Hauptversammlung des Unternehmens. Er räumte aber auch Fehler in der Vergangenheit ein. STADA habe noch längst nicht sein gesamtes Potenzial ausgeschöpft. "Wir werden liefern", versprach er. Die Präsenz auf der Hauptversammlung war für den MDAX-Konzern mit gut 57 Prozent des Grundkapitals deutlich höher als in früheren Jahren.

Kosten sollen sinken, Umsätze steigen

Künftig will STADA die Umsätze steigern, Kosten reduzieren und das Working Capital verbessern. Zudem werde das Unternehmen noch wertsteigernder investieren und effizienter und effektiver werden. Über Details will es am 5. Oktober auf seinem Kapitalmarkttag berichten.

   "STADA erlebt bewegte Zeiten aber STADA bewegt sich auch selbst", sagte Wiedenfels. Auch Aufsichtsratschef Martin Abend bat die Aktionäre um Vertrauen und die Billigung der von der Verwaltung vorgeschlagenen Kandidaten für den Aufsichtsrat. Die Kandidaten von AOC müssten unter Umständen als Vertreter eines maßgeblich beteiligten Aktionärs gesehen werden, meinte er. Zudem fehlt es nach Ansicht von Abend bei einem kompletten Austausch der Anteilseignerseite des Aufsichtsrats an jeglicher Kontinuität und Erfahrung im Umgang mit STADA. Ab 2018 soll es nach dem Willen von Abend einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden geben. Den Vorstand will Abend um zwei Mitglieder auf vier erweitern.

   Dieter Tassler von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, das Unternehmen sei mit CEO Wiedenfels auf dem richtigen Weg, die verkrusteten Strukturen, die manchmal das Unternehmen geleitet hätten, zu verlassen. Er hält es für fragwürdig, dass ein Aktionär wie AOC, der 5 oder 7 Prozent am Unternehmen hält, eine komplette Neubesetzung des Aufsichtsrates verlangt.

   Peter Barth von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte, Stada sei von AOC aus seinem Dornröschenschlaf wachgerüttelt, nicht wachgeküsst worden. Auch der Aufsichtsrat habe die Zügel in der Vergangenheit schleifen lassen. AOC sei aber dennoch ein selbsternannter weißer Ritter, der mit geschlossenem Visier arbeite. Er stellte die Frage, wer wirklich hinter AOC stehe und welche Ziele die Gesellschaft verfolge. "Wir wissen sehr wenig über AOC", meinte er.

AOC will Stada-Beteiligung langfristig halten

Florian Schuhbauer von AOC sagte, STADA zeige derzeit ein Bild der inneren Zerrissenheit und Führungslosigkeit. "Wir möchten den Aufsichtsrat neu besetzen und setzten uns auch für eine umfassende Erneuerung der Corpoarate Governance ein", erklärte er. AOC habe keinen Konflikt mit dem Unternehmen, beteuerte er. "Wir mögen STADA". AOC habe aber einen Konflikt mit den Personen, die ihre eigenen Interessen über die des Unternehmens stellten, erklärte Schuhbauer. Auch wolle AOC die Beteiligung an STADA langfristig halten. "Wir sehen uns als langfristiger Ankerinvestor", erklärte er. Um STADA erfolgreich weiterzuentwickeln, sei aber eine personelle Erneuerung des Aufsichtsrates nötig. Ein Neuanfang mit dem bisherigen Aufsichtsratschef Abend sei nicht möglich. Das Management will AOC nicht auswechseln, den jetzigen Vorstand aber erweitern. AOC habe in kurzer Zeit für alle Aktionäre viel erreicht, meinte er. Auch Klaus Röhrig, der mit Florian Schuhbauer hinter AOC steht, griff Abend massiv an. Er kritisierte unter anderem dass er über die Auflösung des Vorstandsvertrages des früheren Vorstandschefs Hartmut Retzlaff aus der Presse erfahren habe und als Aktionär nicht vom Unternehmen informiert wurde.

AOC soll Massenentlassungen bei STADA planen

CEO Wiedenfels sagte, der Auftritt und Redebeitrag von AOC habe Finanzvorstand Helmut Kraft und ihn überrascht. Der Investor habe auf der Hauptversammlung "im Grunde sehr moderate Forderungen gestellt", sagte er. "Das deckt sich nicht mit dem, was wir in bilateralen Gesprächen in den letzten Wochen von AOC gehört haben." In diesen Gesprächen war der Investor demnach hart aufgetreten. Den Unternehmenswert wolle AOC maßgeblich und vor allem auch dadurch steigern dass STADA in massiver Weise Personal abbaue, sagte Wiedenfels. "Von Massenentlassungen war hier die Rede", sagte der Konzernlenker. "Für uns ist nachhaltiges Wirtschaften wichtig". AOC sprach dagegen von einer Unterstellung oder einem Missverständnis. Massenentlassungen seien nicht geplant.

   Für den Vertreter von Deka Investment, Winfried Mathes, geht der komplette Austausch des Aufsichtsrates zum jetzigen Zeitpunkt zu weit. Die Ablösung aller Mitglieder einschließlich des Vorsitzenden sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht gut für das Unternehmen.

   Im Vorfeld des Aktionärstreffens ist ein Machtkampf um STADA entbrannt, der von AOC angestoßen wurde. Der Aktionär ist unzufrieden mit der Wertentwicklung von STADA. Er will den Aufsichtsrat komplett austauschen und schlägt eigene Kandidaten vor. STADA wehrt sich dagegen, will lediglich vier Mitglieder der Kapitalseite auswechseln und hat dafür Kandidaten vorgeschlagen. STADA hat inzwischen den längst überfälligen Wandel eingeleitet. So musste STADA langjähriger und vor allem wegen seiner hohen Pensionsansprüche umstrittener Vorstandschef Hartmut Retzlaff seinen Hut nehmen.

FRANKFURT (Dow Jones)

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