In der Kritik 03.09.2014 16:36:00

Semperit-Streit in Thailand nicht wegen Arbeitsbedingungen

Es gehe um das Management des JV. Eine finnische NGO, die im März die Arbeitsbedingungen im Siam-Sempermed-Werk in Thailand scharf kritisiert hatte, veröffentlicht indes in Kürze einen neuen Report.

Ob die vorgeworfenen Missstände in der Handschuhfabrik in Songkhla nahe der malaysischen Grenze beseitigt wurden, wollte Sonja Vartiala, Chefin von Finnwatch, gegenüber der APA am Mittwoch nicht kommentieren. "Es ist zu früh für eine Stellungnahme. Unser Follow-up-Report kommt im Herbst."

Definitiv verbessert habe sich die Kommunikation mit dem Konzern. "Jetzt gibt es einen Dialog." Als Finnwatch Ende 2013 Semperit mit den Ergebnissen ihrer Untersuchungen hatte, sei man nicht gerade auf offene Ohren gestoßen. "Es hat sehr lange gedauert, bis wir Antworten bekommen haben", erzählt Vartiala. In der Folge ging die NGO an die Öffentlichkeit.

In Finnland gab es im Frühjahr wegen des Reports ein großes Medienecho, so musste der Chef des finnischen Gummihandschuhimporteurs OneMed im Fernsehen Stellung nehmen: OneMed verlängere den Vertrag mit Semperit nur, wenn die thailändischen und internationalen Arbeitsgesetze eingehalten würden, stellte er klar.

Die Semperit-Gummihandschuhe aus Thailand werden an viele finnische Krankenhäuser verkauft.

"Wir sind nicht auf einen Boykott aus", betonte Vartiala. "Wir wollen, dass die Kunden (OneMed bzw. finnische Kommunen und ihre Spitäler) Gespräche führen, damit es zu Verbesserungen kommt."

Finnwatch nimmt die Aktivitäten finnischer Firmen in den Ländern des Südens unter die Lupe und sieht sich auch an, ob deren Geschäftspartner Umwelt- und Sozialstandards einhalten.

Zur aus Sicht der NGO anfangs missglückten Kommunikation mit Semperit in Thailand meinte Vartiala. "Es war klar, dass die Firma vorher noch nie mit einem solchen Thema zu tun hatte. Sie haben nicht gewusst, wie sie damit umgehen sollen."

Nun sind die Finnen jedenfalls direkt in Kontakt mit dem Semperit-Vorstand in Österreich, bestätigte Semperit-Sprecherin Martina Büchele der APA.

Die Vorwürfe, die Finnwatch gegen Siam Sempermed erhoben hatte, wiegen schwer: Die Arbeiter müssten bis zu 13 Stunden ohne Pause arbeiten und so lange Überstunden leisten, bis vorgegebene Produktionsziele erreicht sind. Während der Arbeit erkrankte Mitarbeiter hätten das Fabriksgelände nicht verlassen dürfen, Arbeiter aus Myanmar seien diskriminiert und Unter-18-Jährige mit gefälschten Pässen beschäftigt worden.

Die Semperit-Sprecherin dazu: "Es gibt bei uns keine Kinderarbeit. Unter 18 stellen wir niemanden ein."

Aufgrund der Vorwürfe von Finnwatch habe Semperit die Arbeitsbedingungen von einer externen Organisation, der Business Social Compliance Initiative (BSCI), überprüfen lassen. "Wir wollten das Audit im Mai machen, haben es aber vorgezogen", so Büchele.

BSCI habe bei einer Überprüfung im April festgestellt, dass Siam Sempermed an ihrem größten Produktionsstandort in Hat Yai (Hatyai, Provinz Songkhla an der Grenze zu Malaysia) alle lokalen Gesetze einhalte. Weder gebe es Kinder- oder Zwangsarbeit noch Diskriminierungen. Alle Mitarbeiter erhielten eine "angemessene Vergütung", wie Semperit im Juni mitteilte.

Beim Thema Überstunden ist Semperit aber durchgefallen, weil die Arbeiter mehr als 12 Überstunden pro Woche geleistet haben. "Die Überstunden - einer der entscheidenden Punkte für die vollständige BSCI-Konformität - lagen über den im BSCI-Standard definierten 12 Stunden pro Woche, aber innerhalb der gesetzlich erlaubten Grenzen", erklärte der Konzern vor drei Monaten.

Semperit gelobte Besserung: "Man kann Arbeitsbedingungen so gestalten, dass sie rechtlich vielleicht gerade noch zulässig sind", so Semperit-Vorstand Richard Ehrenfeldner, oder man organisiere sie vorbildhaft. "Wir haben uns für Letzteres entschieden und wollen die Richtung vorgeben."

"Wir haben Verbesserungen durchgeführt, was sich auch im Audit widerspiegelt", sagte Konzernsprecherin Büchele heute. Die BSCI-Überprüfung wolle man auch nächstes Jahr wieder machen lassen.

Semperit beschäftigt weltweit knapp 10.300 Menschen, davon 7.000 in Asien und nur mehr 700 in Österreich. Die erste Handschuhfabrik in Thailand wurde 1989 gegründet. Seit damals gibt es auch das Joint Venture mit Sri Trang Agro Industry - jene Gruppe, mit der die Österreicher jetzt vor Gericht streiten.

Am gestrigen Dienstagabend teilte Semperit ad hoc mit, sowohl gegen Sri Trang als auch gegen die JV-Gesellschaft ein Schiedsverfahren in der Schweiz anzustrengen. Weiters klagen die Österreicher auf Ermittlung und Ersatz des Schadens, der durch das "nachteilige Verhalten" des thailändischen Partners entstanden sei. Eine Summe wurde auf Anfrage nicht bekanntgegeben.

Die thailändische Partnerfirma habe kein "vertragskonformes und konstruktives Verhalten" an den Tag gelegt, "besonders hinsichtlich Transparenz, Compliance und Corporate Governance", hieß es in der Pflichtmitteilung. Mit dem Thema Arbeitsbedingungen habe das "nicht direkt" zu tun, so Büchele am Mittwoch zur APA.

Bei dem Rechtsstreit gehe es um das Management des Joint Ventures und Entscheidungen, die im Unternehmen getroffen werden. Schon im Juli kündigte Semperit an, den Vertrieb im Joint Venture neu ordnen und sein Recht intern durchsetzen zu wollen. Stein des Anstoßes war, dass ein von Sri Trang nominierter JV-Vorstand in Thailand vor Gericht gezogen ist - der Direktor hat eine Entscheidung des Boards angefochten.

Auch die NGO Finnwatch hat von den internen Zwistigkeiten des Konzerns in Thailand Wind bekommen. Ob es einen Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen gibt, wisse sie nicht, sagte Vartiala.

(APA) snu/gru

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