17.06.2018 15:01:43
|
Seehofer will Merkel anscheinend wegen Flüchtlingspolitik nicht kippen
FRANKFURT (Dow Jones)-- Der unionsinterne Streit um die Flüchtlingspolitik soll nach dem Willen von CSU-Chef Horst Seehofer weder die Regierungskoalition sprengen noch Bundeskanzlerin Angela Merkel stürzen oder das Fraktionsbündnis mit der CDU beenden. "Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen. Wir wollen endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag".
Robert Seegmüller, Vorsitzender des Bunds Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen, hält Zurückweisungen von Asylbewerbern an der deutschen Grenze derweil für rechtlich möglich. Seegmüller sagte der "Bild am Sonntag", die Prüfung der Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens sei "in dem Land durchzuführen, aus dem der Asylbewerber gerade ausreisen möchte und nicht in dem Land, in das er einreisen möchte". Folge man dieser Ansicht, die er persönlich überzeugend finde, "steht Europarecht einer Zurückweisung an der Grenze nicht entgegen".
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat sich derweil in den Streit um die Flüchtlingspolitik eingeschaltet und fordert seine Partei zu einem härteren Vorgehen in Asylfragen auf. Gabriel drängte im Interview mit "Bild am Sonntag" besonders auf konsequentere Abschiebungen: "Wir haben 400.000 Fälle bei den Verwaltungsgerichten rumliegen. Weil wir uns nicht einfach mal trauen zu sagen: Wir schieben jetzt ab. Wir haben die liberalste Abschiebepraxis in Europa." Man müsse nun wesentlich konsequenter sein.
Seine Partei habe diese Realität noch nicht akzeptiert: "Anscheinend sind wir in der Wirklichkeit noch nicht richtig angekommen", so Gabriel. Denn wenn Andrea Nahles die Binsenweisheit verkünde, dass wir nicht jeden aufnehmen könne, dann sei es doch nicht zu verstehen, dass sie dafür von SPD-Landesverbänden massiv kritisiert werde. Auch Deutschland habe Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit. Die seien weiter, als viele glauben, aber eben nicht unendlich weit.
Um die Migrationsbewegungen zu kontrollieren forderte Gabriel Asyllager in Nordafrika und einen Militäreinsatz zur Auflösung der libyschen Camps: "Wir brauchen Asylzentren an der afrikanischen Mittelmeerküste. Otto Schily hat diese Idee schon vor 15 Jahren geäußert. Gleichzeitig müssen wir, wahrscheinlich auch mit bewaffneter Hilfe, diese fürchterlichen Lager in Libyen zerstören. Ein deutscher Botschafter hat von KZ-ähnlichen Zuständen gesprochen. Da dürfen wir Europäer nicht länger wegsehen."
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
DJG/mpt
(END) Dow Jones Newswires
June 17, 2018 09:02 ET (13:02 GMT)

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!