Wegen Haushaltsdefizit |
11.04.2025 16:15:00
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Scope sieht höheren Druck für Strukturreformen in Österreich
Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) steigen die alterungsbedingten Kosten bis 2030 um rund 2 Prozent des BIP. Eine Reihe außerordentlicher Pensionserhöhungen zwischen 2018 und 2023 haben nach Schätzungen des Fiskalrats zu jährlichen Haushaltskosten von etwa 1,3 Mrd. Euro geführt. Aber auch im Gesundheitswesen weise Österreich im europäischen Vergleich hohe Pro-Kopf-Kosten auf, merkt Scope an.
Höhere Zinszahlungen und Verteidigungsausgaben
Hinzu komme, dass Österreichs mittelfristige Haushaltssalden durch steigende Zinszahlungen sowie höhere Verteidigungsausgaben weiter unter Druck geraten werden. Bei den Zinszahlungen geht Scope davon aus, dass diese von 1 Prozent des BIP im Vorjahr bis 2029 auf 1,8 Prozent des BIP steigen werden. Die Verteidigungsausgaben sollen hingegen von 1 Prozent des BIP im Vorjahr bis 2032 auf 2 Prozent des BIP steigen.
Die bereits zugesagten Konsolidierungsmaßnahmen von 6,4 Mrd. Euro heuer und 2,3 Mrd. Euro im nächsten Jahr reichen nach Ansicht von Scope nicht aus. "Das gesamtstaatliche Defizit von 4,7 Prozent des BIP im Jahr 2024 übertrifft bei weitem die ursprüngliche Projektion der Regierung von 2,9 Prozent und auch unsere frühere Schätzung von 3,3 Prozent", merkte Scope an. Mittelfristig sei ein Haushaltsdefizit von rund 2,5 Prozent des BIP notwendig, um die Schuldenentwicklung zu stabilisieren.
Leichter Aufschwung in Sicht
Für heuer rechnet Scope mit einem Haushaltsdefizit von 4 Prozent und für 2026 von etwa 3,7 Prozent des BIP. Abgesehen davon prognostiziert die Ratingagentur für Österreichs Wirtschaft heuer einen Rückgang um 0,2 Prozent. Erst ab 2026 sei mit einer leichten Erholung und einem Wirtschaftswachstum von 1 Prozent zu rechnen - sofern glaubwürdige Reformen und schrittweise Konsolidierungsmaßnahmen gesetzt werden, ohne den Aufschwung abzuwürgen, so Scope.
Österreichs Kreditrating werde weiterhin durch eine wohlhabende und diversifizierte Wirtschaft, einen starken Außenhandel sowie eine niedrige Privatverschuldung gestützt. Hinzu komme ein solider Bankensektor sowie eine Schuldenstruktur mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 11,71 Jahren. Dies schütze Österreich vor höheren Refinanzierungskosten, ergänzte die Ratingagentur.
Budget: Fiskalrat erwartet für heuer Defizit von 4,4 Prozent
Das Defizit wird heuer noch höher ausfallen als erwartet. Eine entsprechende Prognose gab am Freitag der Fiskalrat ab. Demnach geht man für 2025 von einem Abgang in Höhe von 4,4 Prozent des BIP aus, für kommendes Jahr nimmt man ein Minus von 4,1 Prozent an. Die Schuldenquote erreicht den Berechnungen zu Folge 2026 ein historisches Hoch mit 86,1 Prozent des BIP.
Einer der Hauptgründe für die pessimistische Einschätzung ist, dass die Regierung aus Sicht des Expertengremiums die Spar-Maßnahmen zu optimistisch einschätzt. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) zeigte sich dagegen zuversichtlich, das vereinbarte Sanierungsvolumen zu erreichen.
In der Herbstprognose hatte der Fiskalrat das Defizit für 2025 noch mit 4,1 Prozent beziffert. Die revidierte Einschätzung hängt auch damit zusammen, dass das Minus im Vorjahr mit 4,7 Prozent deutlich höher ausgefallen war als angenommen. Dazu kämen Mindereinnahmen aufgrund der anhaltenden Rezession und der Rückgang des erwarteten Wirtschaftswachstums für das kommende Jahr.
Geringeres Konsolidierungsvolumen
Bei vollständiger Umsetzung des von der Regierung geplanten Konsolidierungsvolumens von 6,3 Milliarden Euro würde das Budgetdefizit 4,0 Prozent betragen. Nur glaubt der Fiskalrat nicht, dass die eingeleiteten Maßnahmen tatsächlich Einsparungen in diesem Ausmaß bringen. Vielmehr geht man von einem Umfang von 4,2 Milliarden Euro aus. Auch die für 2026 von der Regierung angepeilten 8,7 Milliarden Euro können die Budget-Experten nicht annähernd nachvollziehen. 4,9 Milliarden Euro erwartet man aus dem Sparpaket im kommenden Jahr.
Zum einen sei das geplante Konsolidierungsvolumen nicht vollständig durch Einzelmaßnahmen belegt. Zum anderen werde das Einsparungspotenzial mancher Vorhaben deutlich geringer eingeschätzt als von der Regierung erwartet: Dies gelte zum Beispiel für die geplanten Einsparungen aus der Abschaffung der Bildungskarenz und der Reduktion der Sachausgaben der Ministerien.
Budgetäre Ausgangslage kann nicht kompensiert werden
Damit seien die Maßnahmen nicht ausreichend, um die verschlechterte budgetäre Ausgangslage zu kompensieren, schreibt der Fiskalrat. Mögliche zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen auf Basis des für Mitte Mai angekündigten Doppelbudgets seien in der Abschätzung allerdings noch nicht enthalten.
Ein EU-Defizitverfahren wird wohl kaum zu vermeiden sein. Denn um die Maastricht-Vorgabe von drei Prozent des BIP zu erreichen, würde laut Fiskalrat ein zusätzliches Konsolidierungsvolumen von 8,5 Mrd. Euro benötigt. Fiskalrat-Chef Christoph Badelt hielte so ein Aufstocken auch volkswirtschaftlich für nicht sehr vernünftig, da man in einer Rezession sei. Noch mehr zu konsolidieren, würde der Rezession wohl noch mehr Feuer geben, meinte er im Ö1-"Mittagsjournal".
Historisch hohe Schuldenquote
Einen historischen Höchstwert soll die Schuldenquote nach heuer 84,7 Prozent im kommenden Jahr mit 86,1 Prozent erreichen. Der aktuell höchste Wert datiert aus dem Jahr 2015 und beträgt 85,6 Prozent des BIP.
Dass die Lage jetzt so schwierig ist, hängt mit großzügigen Ausgaben der Vergangenheit zusammen. Die hohe Inflation der Jahre 2022 und 2023 habe die Ausgaben 2024 verzögert zusammen mit großen Maßnahmenpaketen u. a. für Klimaschutz und Hochwasser stark ansteigen lassen, während das Einnahmenwachstum bereits abgeflacht sei. Der Anstieg der Ausgaben fiel dabei laut Fiskalrat u. a. aufgrund der weiterhin unerwartet hohen Ausgaben für Gesundheit und von Einmaleffekten wie der Umsetzung der Dienstrechtsnovelle 2023 mit einer Nachzahlung von Vordienstzeiten für öffentlich Bedienstete besonders groß aus.
Die Prognose des Fiskalrats ist noch einmal deutlich pessimistischer als jene der Nationalbank. Die OeNB hatte Ende März das heurige Defizit mit 3,8 Prozent des BIP eingeschätzt. Für 2026 hatte man 3,3 Prozent erwartet. Doch wurde das überraschend schlechte Ergebnis für 2024 erst nach dieser Prognose der Nationalbank veröffentlicht.
Marterbauer beruhigt
Seitens der Regierung gab es bisher keine Prognose, wie hoch das Defizit heuer ausfallen wird. Finanzminister Marterbauer meinte am Rande des Ecofin, der Fiskalrat habe nicht alle Maßnahmen berücksichtigt, weil diese "erst kommen". In einer Aussendung konkretisierte er, dass es um Einsparungen bei Förderungen und erwartbare höhere Einnahmen, etwa bei Unternehmen mit staatlicher Beteiligung, gehe.
Auch die Einsparungen in der Verwaltung der Ministerien in der Höhe von 1,1 Mrd. Euro 2025 und 1,3 Mrd. Euro im kommenden Jahr würden aktuell in den Budgetverhandlungen im Detail dargestellt und mit Maßnahmen hinterlegt. Dabei erfolge die Aufteilung auf die Ministerien so, dass die Erreichung der Einsparung gewährleistet sei.
Jedenfalls arbeite man gerade konsequent daran, das im Regierungsprogramm ausgemachte Sanierungsvolumen zu erreichen: "Wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingt, denn alle Beteiligten wissen, dass am Sparen kein Weg vorbeiführen kann." Darüber hinaus sehe er "keine Notwendigkeiten" für Einsparungen, erklärte Marterbauer vor dem Treffen mit seinen Amtskollegen in Warschau.
NEOS nehmen auch Länder und Gemeinden in die Pflicht
Die NEOS machten einmal mehr klar, dass aus ihrer Sicht die schwierige Finanzlage auch gesamtstaatliche Anstrengungen brauche - also von Bund, Ländern und Gemeinden. Deshalb brauche es gemeinsame Bemühungen auf allen Ebenen: "Wir müssen im System selbst nach Einsparungspotenzial suchen und strukturelle Reformen auf den Weg bringen", meinte Generalsekretär Douglas Hoyos.
fel/iga

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