06.07.2014 19:45:58
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Schwäbische Zeitung: Öffentliche Deutlichkeit - Leitartikel zur neuen Spionageaffäre
Ravensburg (ots) - Bisher war Bundespräsident Joachim Gauck
seltsam still, wenn es um abgehörte Kanzlerinnen-Handys oder das
Ausspähen unser aller Emails ging. Doch jetzt wird auch er leicht
ungehalten über das Verhalten der amerikanischen Geheimdienste. Der
Mann, der aus seinem DDR-Leben und als Stasi-Unterlagen-Chef nach der
Wende weiß, was es bedeutet, wenn eine Überwachungskrake den Alltag
eng macht. Nun sei es aber mal genug, hat Gauck gesagt, in der ihm
eigenen väterlich-norddeutschen Art. Und meinte damit, die neue
Spionageaffäre um US-Geheimdienste. Die meist verhaltenen Reaktionen
von Bundespräsident und Kanzlerin auf das Ungemach, das die
Amerikaner in Berlin anrichten, sind aus ihren ostdeutschen
Biographien zu deuten. Und sie sind weniger energisch, als manch
einer im Westen der Bundesrepublik es sich wünscht. Sie kamen erst
vor 25 Jahren mit den USA, dem Land der Träume und der Freiheiten, in
Berührung. Zu einer Zeit, als viele im Westen schon mal als
Austauschschüler in den USA gewesen waren, sich mit Stipendien und
Geschäftskontakten eine Nähe hergestellt hatte, die Ostdeutsche wie
Merkel und Gauck nie hatten. Vielleicht ist auch darum die Empörung
im Westen der Bundesrepublik heftiger: Dort wird das Verhältnis zu
Amerika leidenschaftlicher gepflegt, der Anti-Amerikanismus ebenso
wie die Zuneigung zu den USA und die Bewunderung für den
amerikanischen Traum. Dass ein BND-Mann den amerikanischen Diensten
Unterlagen verkaufte, bestätigt zwar alle Vorurteile über die CIA
oder die NSA. Es bekräftigt aber vor allem alle Klischees über den
BND als einer Truppe, die lieber Zeitungsartikel abschreibt als vor
die Tür zu gehen. Es braucht deutliche Worte in Berlin. Es reicht
kaum, wenn Merkel erklärt, sie werde Obama schon sagen, was sie
denke, sich dann aber im Rosengarten des Weißen Hauses Küsschen geben
lässt. Öffentliche Deutlichkeit von der Kanzlerin wie dem
Bundespräsidenten will das Land. Gegenüber den eigenen Diensten wie
gegenüber den USA.
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