11.07.2015 23:04:48

Schäubles Grexit-Plan laut Offiziellen mit Merkel abgestimmt

   Von Andreas Kißler und Andrea Thomas

   BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trägt nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen den Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble für einen vorübergehenden Austritt Athens aus dem Euro mit, sollten die Verhandlungen mit den Geldgebern über ausreichende Bedingungen für Hilfen scheitern.

   "Alles, was Schäuble macht, ist mit der Bundeskanzlerin abgesprochen", sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter zu Dow Jones Newsires. Ein anderer Offizieller bekräftigte diese Angaben. "Alles, was er sagt und tut, ist mit der Kanzlerin koordiniert worden", erklärte ein Vertreter des Finanzministeriums.

   Während der laufenden Verhandlungen der Euro-Finanzminister zum Schicksal Griechenlands war bekannt geworden, dass Schäuble erwägt, bei einem Scheitern der Griechenland-Verhandlungen einen vorübergehenden Austritt Athens aus der Währungsunion vorzuschlagen.

   In einem Vorbereitungspapier des deutschen Finanzministeriums für das Sondertreffen in Brüssel, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, ist als eine Option ein so genannter "Grexit" für mindestens fünf Jahre genannt, in denen Athen seine Schulden restrukturieren soll. Sie soll für den Fall gelten, dass die andere in dem einseitigen Dokument genannte Alternative nicht realisiert wird, nämlich dass Athen seine bisherigen Vorschläge schnell, umfassend und mit voller parlamentarischer Unterstützung nachbessert.

   Schäuble warnte schon bei seinem Eintreffen

   Hintergrund der Vorschläge ist, dass Berlin offenbar mit den von Athen bisher vorgeschlagenen Maßnahmen einen Schuldenschnitt für unausweichlich hält, den es aber nach Überzeugung der Bundesregierung in der Eurozone nicht geben darf. Schäuble machte dies schon bei seinem Eintreffen zu der Sitzung deutlich. "Wir wissen, dass nach den europäischen Verträgen Schuldenerlass nicht möglich ist", sagte er vor der Sitzung am Nachmittag in Brüssel. "Das ist für Mitglieder der Währungsunion nicht möglich."

   Deutschland hat sich auch bei einem Treffen der Finanz-Staatssekretäre am Samstagvormittag nach Aussagen zweier europäischer Vertreter gegen eine Ausweitung der Laufzeit der griechischen Schulden aus Rettungsmitteln auf 60 Jahre ausgesprochen.

   Vor dem wohl entscheidenden Treffen im Schuldenstreit mit Griechenland forderten zahlreiche Finanzminister von Athen noch detailliertere Reformpläne und Garantien zu deren Umsetzung. Schäuble zeigte sich aber besonders skeptisch. Sein französischer Amtskollege Michel Sapin hingegen lobte die griechische Regierung ausdrücklich und meinte, diese habe "ihre politische Entschlossenheit bewiesen".

   Griechenland hatte den Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) am Donnerstagabend eine 13-seitige Liste mit Reform- und Sparvorschlägen vorgelegt und verspricht sich dadurch ein neues, dreijähriges Hilfsprogramm vom europäischen Rettungsfonds ESM. Der gesamte Finanzbedarf wird mittlerweile auf 74 Milliarden Euro beziffert, davon 16 Milliarden vom IWF.

   Griechenland verspricht Reformen und Steuererhöhungen

   Athen bietet in dem Programm unter anderem eine Rentenreform, Steuererhöhungen sowie Privatisierungen an. So soll der Mehrwertsteuersatz auf 23 Prozent angehoben werden, und die Steuervergünstigungen der Inseln sollen stufenweise bis Ende 2016 wegfallen. Die Körperschaftsteuer soll sich von 26 auf 28 Prozent erhöhen, und Steuervergünstigungen sollen abgeschafft werden.

   Das gesetzliche Rentenalter soll bis 2022 schrittweise auf 67 Jahre steigen. Die Obergrenze für Militärausgaben soll 2015 und 2016 um 100 bzw 200 Millionen Euro sinken. Im Gegenzug fordert Griechenland aber auch ein Investitionspaket und Zugeständnisse beim Primärüberschuss.

   Die endgültige Entscheidung darüber müssen gegebenenfalls die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder bei ihrem Sondergipfel am Sonntag in Brüssel treffen. Nur ihre einstimmige Billigung von Verhandlungen über weitere Hilfen würde es Athen erlauben, den Staatsbankrott in letzter Sekunde abzuwenden.

   Griechische Offizielle haben schon gewarnt, den Banken des Landes könnten nach Montag das Bargeld ausgehen. Am 20. Juli muss Athen 3,5 Milliarden Euro plus 700 Millionen Euro an Zinsen an die EZB zurückzahlen. Versäumt die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras diese Zahlung, könnte die EZB auch ihre Notkredite einstellen, was Athen zwingen könnte, eine eigene Währung aufzulegen.

   (Mitarbeit: Hans Bentzien, Viktoria Dendrinou und Gabriele Steinhauser, mit AFP-Material)

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

   DJG/ank/raz

   (END) Dow Jones Newswires

   July 11, 2015 15:09 ET (19:09 GMT)

   Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.- - 03 09 PM EDT 07-11-15

JETZT DEVISEN-CFDS MIT BIS ZU HEBEL 30 HANDELN
Handeln Sie Devisen-CFDs mit kleinen Spreads. Mit nur 100 € können Sie mit der Wirkung von 3.000 Euro Kapital handeln.
82% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Indizes in diesem Artikel

Dow Jones 44 544,66 -0,75%