10.11.2016 20:41:49

Schäuble: Europa wird noch stärker seine Aufgaben erfüllen müssen

   Von Andreas Kißler

   BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Europa vor dem Hintergrund der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten dazu aufgerufen, die eigenen Strukturen zu stärken.

   "Wahrscheinlich werden wir den Weg fortsetzen müssen, dass wir Europäer noch stärker auch in der Lage sind, selber einigermaßen unsere Aufgaben zu erfüllen", sagte Schäuble bei einer Festveranstaltung zum 100jährigen Jubiläum des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) in Berlin. Dies bedeute eine Stärkung der Widerstandsfähigkeit, der Resilienz. "Das ist jedenfalls auch durch das Wahlergebnis nicht weniger wichtig geworden", betonte der Finanzminister. "Diese Schlussfolgerung kann man wahrscheinlich schon ziehen."

   Als eine "wichtige Etappe zur Wiederherstellung der Resilienz" nannte Schäuble eine weitere Stärkung der Bankenunion in Europa. Auch müsse man dafür sorgen, dass die vereinbarten europäischen Regeln wirklich eingehalten würden. In manchen Mitgliedstaaten werde inzwischen schon "zu einer Aussetzung der Bail-In-Regeln" gerufen, die eine Gläubigerbeteiligung im Fall von Bankenschieflagen vorsehen. "Ich bin da ausgesprochen schwerhörig", betonte Schäuble. Wenn man es ernst meine mit den Beschlüssen nach der Finanzkrise, führe an Bail-In jedoch kein Weg vorbei.

   Zudem seien "weitere Schritte zum Abbau der Risiken im Bankensektor notwendig". Schäuble wandte sich generell dagegen, vor einer Reduzierung von Risiken "weitere Schritte der Vergemeinschaftung von Risiken" zu gehen. "Eine Vergemeinschaftung von Risiken ohne Risikoreduzierung führt leider zu Fehlanreizen." Deshalb dürfe man auch nicht "über eine verfrühte Vergemeinschaftung der Einlagensicherung" reden, sagte Schäuble den Bankenvertretern.

Schäuble will höhere Zinsen Er machte ihnen aber auch klar, dass für ihn eine ausgewogene Regulierung wichtig ist. "Wir werden ohne richtige Regulierung keine langfristige Stabilität bekommen können", betonte Schäuble. Allerdings sei diese nicht ohne Kosten für die Banken - aber letztlich doch in deren "ureigenem Interesse", denn sie stärkten das Vertrauen in die Finanzwirtschaft.

   Kritisch äußerte sich der deutsche Finanzminister zu den derzeit niedrigen Zinsen. "Mir wäre lieber, sie wären nicht so niedrig", sagte Schäuble und plädierte für eine allmähliche, "nicht schockartige" Normalisierung. Sonst sei die Gefahr von Fehlinvestitionen "fast nicht zu vermeiden", warnte er. Schäuble meinte auch, die Banken müssten nach seiner Ansicht irgendwann Eigenkapital für Staatsanleihen vorhalten müssen, da auch diese "nicht risikofrei" seien.

   Zum Brexit betonte der deutsche Finanzminister, die Briten müssten "sich entscheiden, ob sie zum Binnenmarkt gehören wollen oder nicht". Wolle Großbritannien darin verbleiben, gebe es dafür Möglichkeiten und Regeln. "Aber was nicht gehen wird, ist, dass man sich aus dem Binnenmarkt wie aus einer Menükarte einzelne Gänge aussucht", hob er hervor. "Das Menü gibt es nur als Ganzes oder es gibt es gar nicht." Die vier europäischen Grundfreiheiten nannte er "nicht verhandelbar", weil die unmittelbare Folge nach seiner Überzeugung ein Auseinanderfallen der EU wäre.

   Schäuble zog in diesem Kontext erneut eine Verbindung zur Wahl Trumps. "Das wäre die falsche Antwort", sagte er mit Blick auf solche Zugeständnisse an die Briten "auf die zusätzlichen Herausforderungen, die wir ja spüren und die natürlich auch in einem Wahlergebnis in den Vereinigten Staaten von Amerika ... deutlicher geworden sind".

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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   November 10, 2016 14:10 ET (19:10 GMT)

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