Dank einer fulminanten 180-Grad-Kehrtwende hat die chinesische Leitbörse in Schanghai am Mittwoch im Plus geschlossen.
Nachdem der Shanghai-Composite zunächst mit Verlusten von bis zu 5 Prozent nahtlos an die Vortagestalfahrt angeknüpft hatte, drehte der Leitindex offenbar unter tatkräftiger Unterstützung staatlicher Stellen im späten Geschäft ins Plus und beendete die Achterbahnfahrt mit einem Aufschlag von 1,2 Prozent bei 3.795 Punkten. Der kleinere Bruder in Shenzhen vollzog eine ähnliche Erholung und gewann 2,2 Prozent, die Startup-Handelsplattform ChiNext legte um 2,7 Prozent zu.
"Investoren zeigten sich enttäuscht, dass Peking am Vortag nichts zur Stützung des Marktes unternommen hat. Sie verlassen sich aber zu sehr auf stabilisierende Maßnahmen der Regierung", sagte Marktstratege Fu Xuejun von Huarong Securities. Er verglich das staatliche Handeln am Aktienmarkt mit der Verabreichung von "Drogen". Die meisten der übrigen Börsen zeigten sich von der späten Erholung in China jedoch weitgehend unbeeindruckt. Hier überwogen unverändert die Sorgen über das chinesische Wirtschaftswachstum, die Anleger das Weite suchen ließen. So meldeten Hongkong, Taipeh, Seoul und Tokio zum Teil üppige Verluste. Der HSI in Hongkong hat die gesamten Aufschläge seit Jahresbeginn nun wieder eingebüßt. Laut Bank of America-Merrill Lynch sind Fondsverwalter wegen der Bedenken über die konjunkturelle Entwicklung in China in Schwellenländeraktien insgesamt so stark untergewichtet wie zuletzt im Sommer 2005. Anleger machten am chinesischen Aktienmarkt noch immer eine Blase aus, obwohl der Markt in Schanghai seit seinen Hochs im Juni bereits um rund ein Viertel abgestürzt sei. Die Analysten verwiesen auf eine Erhebung, wonach der Löwenanteil der Fondsmanager davon überzeugt sei, dass sich das Wachstum in China bis 2018 auf unter 6 Prozent abschwächen werde. Neue Daten der Regulierungsbehörden in China schienen diese negative Sicht zu bestätigen. Demnach verzeichnete das Land im Juli einen Kapitalabfluss. Goldman Sachs rechnete mit der Fortdauer dieser Entwicklung nach der jüngsten Abwertung des Yuan. Am Vortag hatte die chinesische Notenbank mit der höchsten Kapitalinjektion seit 19 Monaten die Märkte aufgeschreckt und damit die jüngste Talfahrt am Aktienmarkt eingeleitet. Der Yuan hielt sich indes recht wacker, nachdem die Zentralbank die chinesische Landeswährung weitgehend unverändert gefixt hatte.
In Tokio sank der Nikkei-225 um 1,6 Prozent auf 20.223 Punkte. "Obwohl der Abwertungsschock des Yuan durch die People's Bank of China in der Vorwoche weitgehend verdaut ist, bleiben Anleger über die konjunkturelle Lage in China besorgt. Da es kaum lokale Impulse gibt, drücken diese Sorgen den Aktienmarkt in Tokio", sagte Marktstratege Masashi Akutsu von SMBC Nikko Securities. In Japan hatten die Exporte im Juli zwar deutlich stärker als erwartet angezogen, allerdings zeigte das China-Geschäft kräftige Bremsspuren. Zugleich deuteten sinkende Importe an, dass die Binnenkonjunktur trotz der Stimuli der Regierung nicht in Gang kommt. Gegen den lokalen Trend erholte sich die
Börse in Sydney von den Vortagesverlusten - angeführt von Aufschlägen in den Sektoren Energie und Bankenwesen. Händler bezeichneten den australischen Leitindex S&P/ASX-200 als "Fels in der Brandung". Vor allem positiv aufgenommene Geschäftsberichte stützten den Markt. Die Schwäche am Rohstoffmarkt belastete den sehr rohstoffabhängigen Aktienmarkt in Australien nicht. Die Konjunkturschwäche in China bändigt zunehmend den Rohstoffhunger des Riesenreichs. So fiel der
Kupferpreis erstmals seit der Finanzkrise unter 5.000
Dollar je Tonne. Die Ölpreise stabilisierten sich auf niedrigem Niveau und zogen leicht an.
Unter den Einzelaktien zogen Woodside Petroleum in Sydney um 2,5 Prozent an. Das Nettoergebnis im ersten Halbjahr traf die Markterwartungen. Der Ölkonzern hielt zudem an seinen Jahresproduktionszielen fest. Treasury Wine Estates schossen um 13 Prozent empor. Nach einer Rückkehr in die Gewinnzone will das Unternehmen Anleger am Erfolg beteiligen. Nach positiven Geschäftausweisen von Alumina und Federation Centres stiegen die Titel der Gesellschaften um 3,1 bzw. 2,2 Prozent.
In Tokio kletterten die schwergewichteten Aktien von Softbank um 0,5 Prozent. Präsident und COO Nikesh Arora hatte den Erwerb von Aktien des Unternehmens angekündigt und damit ein Zeichen des Vertrauens ausgesandt. Toshiba sprangen um 7,7 Prozent. Nach einem Bilanzskandal rückten neue Mitglieder von außerhalb in den Board und stellten dort nun die Mehrheit. Eine gesenkte Unternehmensprognose trat dabei in den Hintergrund.
TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones)