Trotz großer Kritik |
16.07.2015 12:35:46
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Schäuble wirbt gegen alle Widerstände weiter für "Grexit auf Zeit"
Doch der Koalitionspartner hält dagegen. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht, nannte den Vorschlag deplatziert. "Fakt ist, dass ein Grexit auf Zeit mit der SPD-Bundestagsfraktion nicht zu machen gewesen wäre", sagte Lambrecht in der ARD.
In der Nacht hatten die griechischen Abgeordneten für das Spar- und Reformpaket gestimmt. Mit Blick auf die Abstimmung sagte der Finanzminister: "Wir sind einen Schritt weiter. Es sind schwierige Debatten in Griechenland." Der CDU-Politiker erinnerte die griechische Regierung daran, dass sie sich an das halten müsse, was sie versprochen habe.
SPD will für ESM-Verhandlungen stimmen
Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone hatten sich am Montag auf ein neues Rettungspaket im Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro für Griechenland verständigt. Im Gegenzug muss Athen jedoch Reformen durchsetzen.
Am Freitag wird der Bundestag entscheiden, ob Schäuble mit Griechenland in Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket einsteigen kann. Die Sozialdemokraten signalisierten breite Unterstützung dafür. "Nachdem Griechenland durch die Entscheidung gestern den Weg frei gemacht hat, ist diese Bereitschaft noch gestiegen", kündigte Lambrecht an.
Schäuble sprach sich in dem Interview auch für die von Frankreich ins Spiel gebrachte Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung aus. Es müssten mehr Kompetenzen auf die europäische Ebene verlagert werden, erklärte der CDU-Minister.
In der Union ging aber die Diskussion um Schäubles Grexit-Vorschlag und die griechische Schuldentragfähigkeit weiter. "Was würde ein Schuldenschnitt nützen?", fragte Fraktionsize Ralph Brinkhaus. Die schlechten Strukturen in Griechenland müssten sich ändern. Es bestehe derzeit "überhaupt kein Anlass", um über die Schuldentragfähigkeit zu reden, sagte er zu n-tv, denn die Erzeugung von Wachstum in Griechenland habe wenig mit den Schulden zu tun.
Unions-Abweichler stellen sich hinter Grexit-Plan
Ausdrücklichen Beifall bekam Schäuble von dem CDU-Wirtschaftspolitiker Christian von Stetten. Der Grexit-Vorschlag des Finanzminsters sei "der richtige Vorschlag" gewesen, sagte er auf N24. Man solle den Griechen fünf Jahre Zeit geben, um die Wirtschaft mit ihrer eigenen Währung wieder auf Vordermann zu bringen, und dann könnten sie wieder in die Währungsunion eintreten. "Das war der Vorschlag, und das wäre der sinnvollste und auch kostengünstigste gewesen."
Auch Unions-Abweichler Klaus-Peter Willsch stellte sich hinter Schäubles Plan. "Das wäre nach wie vor das Mittel der Wahl", sagte der CDU-Abgeordnete, der ein langjähriger Kritiker der Griechenland-Hilfen ist. "Es wäre auf jeden Fall besser für beide Seiten, sowohl für Griechenland als auch für die Eurozone."
Von Stetten, der bereits im Februar ebenfalls gegen die Verlängerung der Griechen-Hilfen gestimmt hatte, kündigte auch für die kommende Abstimmung am Freitag sein Nein an. "Der ESM sieht vor, dass die Schuldentragfähigkeit von Griechenland gegeben sein muss, die ist offensichtlich nicht da, und die Systemrelevanz von Griechenland für die gesamte Eurozone, die ist auch nicht da", sagte er. "Deswegen kann ich dem auch nicht zustimmen."
Regling sieht Risiko in griechischem Bankenkollaps
Allerdings mehren sich inzwischen Stimmen, die Wege für eine Erfüllung der Bedingungen eines ESM-Programms aufzeigen. So vertrat ESM-Chef Klaus Regling die Ansicht, ein Kollaps griechischer Banken sei ein Risiko für die Eurozone - was die entsprechende Bedingung für die Hilfen erfüllen würde.
Sollte Griechenland kein drittes Paket bekommen, würde das griechische Bankensystem kollabieren, sagte Regling im ARD-Morgenmagazin. Die vier größten Institute des Landes seien systemrelevante Banken, und wenn die vier größten systemrelevanten Banken eines Landes nicht mehr funktionierten, habe das ernsthafte Konsequenzen nicht nur für Griechenland selbst, sondern auch für die Eurozone insgesamt, sagte Regling auf die Frage, ob ein Ausstieg Griechenlands aus der gemeinsamen Währung eine Bedrohung für die Finanzstabilität des Euroraums darstellen würde.
Mit einer Streckung der Kredite um 30 Jahre könnte auch die Bedingung der Schuldentragfähigkeit erfüllt werden, räumte von Stetten zudem ein. "Das kann man machen, damit wird die Schuldentragfähigkeit künstlich hergestellt", sagte der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion. "Nur ist es eigentlich feige und verlagert das Problem der ungedeckten Schecks in die nächste Generation.".
DJG/chg/jhe
Dow Jones Newswires
BERLIN (Dow Jones)
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