Wechsel bei Pharmakonzern |
05.07.2019 11:33:41
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Sanofi im Fokus: Der Neue soll es richten
LAGE DES UNTERNEHMENS:
Als Olivier Brandicourt im Jahr 2015 von deutschen Bayer-Konzern nach Paris zu Sanofi wechselte, hatte der französische Hersteller gerade turbulente Zeiten hinter sich. Sein Vorgänger Christopher Viehbacher hatte das Unternehmen wenige Monate zuvor verlassen müssen, angeblich wegen interner Streitigkeiten. Brandicourts geplanter Abgang kam zwar bislang ohne große Negativschlagzeilen aus - was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es auch unter seiner Ägide nicht richtig rund lief.
Vor allem die Großbaustelle USA macht den Franzosen immer noch zu schaffen. Sanofi kämpft in den Vereinigten Staaten mit dem dort besonders ausgeprägten Preiswettbewerb der Branche. Das Insulin-Geschäft - lange eine wichtige Domäne der Franzosen - war damit längst keine sichere Bank mehr. Nach dem Patentablauf für seinen Blockbuster Lantus, der das erste Insulin seiner Art auf dem Markt war, haben Anbieter von Nachahmern nachgezogen. Zudem wurde der Markt für Diabetesmittel durch neue Forschungsansätze in der Vergangenheit immer breiter aufgefächert, wobei Sanofi wichtigen Trends lange hinterherhinkte. Nach Lantus hat es Sanofi bis heute nicht geschafft, einen neuen Kassenschlager mit ähnlich hohen Umsätzen herauszubringen.
Brandicourt hat deshalb bereits wichtige Schalthebel umgelegt. Er verschlankte den Konzern etwa mit der Abspaltung der Veterinärmedizin vor wenigen Jahren und verordnete einen noch stärkeren Fokus auf jenen Markt mit den derzeit größten Wachstumschancen: neuartige Biotech- und Gentherapien. Dafür kaufte der Franzose Anfang 2018 für umgerechnet mehr als 13 Milliarden Euro den belgischen Antikörperspezialisten Ablynx und das US-Biotechunternehmen Bioverativ. Das Ziel dahinter: Sanofi zu einem führenden Player auf dem Gebiet seltener Blutkrankheiten zu machen.
Bereits unter Vorgänger Viehbacher hatte Sanofi im Jahr 2011 mit der Übernahme des US-Biotechunternehmens Genzyme, einem Spezialisten im Bereich der Enzymmedikation, einen wichtigen Schritt in Richtung Biotechnik getan. Sanofis Schwenk zeigt auch der Blick auf die Forschungspipeline: Nach aktuellen Angaben des Unternehmens ist von den 84 Produkten in der Entwicklung die große Mehrheit biotechnologisch hergestellt, aber nur zwei Medikamente zielen auf Diabetes. Der Großteil entfällt auf Onkologie, entzündliche Erkrankungen, Multiple Sklerose und andere Nervenkrankheiten sowie Impfstoffe.
Während sich Brandicourt zu Anfang September in den Ruhestand verabschiedet, obliegt die neue Strategie künftig dem bisherigen Novartis-Manager Paul Hudson. Mit dem Briten bricht Sanofi erneut mit alten Traditionen und holt sich nach dem Deutsch-Kanadier Viehbacher wieder einen Nicht-Franzosen ins Haus.
Dass die Entscheidung auf einen Ex-Novartis-Manager fiel, halten Beobachter für keinen Zufall. Auch Novartis setzt aktuell auf neuartige Gentherapien und hat damit bereits Pharmageschichte geschrieben. So haben die Schweizer 2017 mit Kymriah die erste Zelltherapie bei Blutkrebs auf den Markt gebracht. Erst kürzlich hatte der Konzern zudem in den USA die Medikamentenbehörde FDA von seiner Gentherapie Zolgensma überzeugt. Das Mittel gegen erbliche Muskelschwäche ist mit Kosten von mehr als zwei Millionen Dollar pro Dosis derzeit das teuerste Medikament weltweit.
Hudson wird von Beobachtern auch der Orden für den Vermarktungserfolg mit Cosentyx an die Brust geheftet. Die Arznei unter anderem gegen Schuppenflechte könnte drei Jahre nach ihrem Start 2019 mit einem Umsatz von angepeilten dreieinhalb Milliarden Dollar das neue Top-Produkt von Novartis werden.
Natürlich dürfte der Brite in seinem neuen Job künftig an der Umsatz- und Ergebnisentwicklung bemessen werden, aber auch daran, wie schnell Sanofi seine neuen Medikamente in den Markt drücken kann. Die Erwartungen im Unternehmen sind offenbar hoch. Zwar sei Sanofi bereits stark auf neue Branchentrends aufgesprungen, sagte Deutschland-Chef Fabrizio Guidi kürzlich vor Journalisten in Frankfurt. Er hoffe jedoch, dass es dem Konzern unter Hudson gelingt, noch agiler zu werden.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Hudsons Erfolgsbilanz bei Novartis lässt Analysten auch für Sanofi frohlocken. Seine starke Leistung als Chef der Novartis-Pharmasparte sei ein Hauptgrund für das Vertrauen der Investoren in die Markteinführung von Medikamenten gewesen, schrieb etwa Analyst Matthew Weston von der Schweizer Bank Credit Suisse.
Stephen McGarry von der britischen Bank HSBC sieht deshalb die Chance für Hudson, auch die Aktionäre künftig zufriedener zu stellen. Denn parallel zur eher verhaltenen Umsatz- und Gewinnentwicklung sei auch der Kursverlauf von Sanofi an der Börse in den vergangenen Jahren im Vergleich zur Branche eher unterdurchschnittlich ausgefallen, bemängelt er.
Tatsächlich sehen von den 15 im dpa-AFX Analyser erfassten Experten derzeit alle noch Kurspotenzial für die Aktie. Dabei empfiehlt die Mehrheit das Papier zum Kauf, im Schnitt liegt das Kursziel bei knapp 86 Euro. Besonders optimistisch sind die Analysten der US-Bank Merrill Lynch, die mit einem Kursziel von 95 Euro dem Papier fast ein Viertel Wertzuwachs im Vergleich zum aktuellen Börsenkurs zutrauen.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Ihre besten Zeiten hatte die Sanofi-Aktie ausgerechnet 2015 - dem Jahr, in dem Brandicourt den Führungsjob bei Sanofi übernahm. Vom damaligen Rekord bei 101,10 Euro ist das Papier inzwischen aber um mehr als 20 Prozent zurückgefallen. Dabei gleicht der Kursverlauf einer holprigen Berg- und Talfahrt.
Tatsächlich steht die Sanofi-Aktie auch im Vergleich zur europäischen Branche an der Börse nicht gerade glänzend da. In den vergangenen fünf Jahren hat der Branchenindex Stoxx 600 Healthcare (STOXX EU600 Health Care) mehr als ein Fünftel hinzugewonnen, während das Sanofi-Papier im selben Zeitraum den Anlegern nur einen hauchdünnen Gewinn gebracht hatte.
Im französischen Leitindex Cac-40 (CAC 40) gehört die Aktie seit Jahresbeginn zu den zehn schlechtesten Werten. Daran konnte auch Paul Hudson nichts rütteln. Immerhin: Auf seine Nominierung reagierte die Aktie mit einem Kursplus von mehr als 4 Prozent auf rund 78 Euro - auf diesem Niveau notiert das Papier auch aktuell.
dpa-AFX
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