Mittelfristziele bleiben |
29.09.2020 08:34:38
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S&T-Aktie im Fokus: Gewinner der Corona-Krise?
WAS BEI S&T LOS IST:
Sich selbst sehen die Österreicher als Gewinner der Corona-Krise. Im zweiten Quartal zog der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 16 Prozent an, die Erlöse um 8 Prozent.
Konzernchef Hannes Niederhauser führte die Umsatzentwicklung vor allem auf die gestiegene Nachfrage nach Produkten wie E-Learning-Plattformen, Videokonferenzsystemen und Heimarbeitsplätzen zurück. Daneben habe das Unternehmen seinen eigenen Mitarbeitern seit langem Heimarbeit ermöglicht und sei deshalb gut auf die Corona-Krise vorbereitet gewesen.
Bereits Ende März hatte Niederhauser eine überraschend positive Bilanz gezogen. Die generell gesunkenen Unternehmensbewertungen unterstützten die Strategie, auch durch Übernahmen wachsen zu wollen: "S&T ist krisenfest aufgestellt und mit mehr als 300 Millionen Euro Barbeständen gut gerüstet für sich bietende Akquisitionschancen". Im Juni ließ das Unternehmen dieser Bereitschaft Taten folgen: Der Konzern übernahm den slowenischen Digitalisierungsspezialisten Iskratel.
Der kürzliche Zukauf passt gut zu der vom Vorstand formulierten Mittelfrist-Strategie. So soll der Umsatz bis 2023 - von der Pandemie unabhängig - auf über zwei Milliarden Euro wachsen. Bereits 2019 hatte S&T zu diesem Zweck sowohl die heutige Kontron Transportation aus Österreich als auch den Dresdner Automatisierungsanbieter AIS übernommen. Der Konzern erweitert mit den Übernahmen sein Portfolio, investiert aber auch in eigene Technologien.
Die in Folge der Pandemie schwer beeinträchtigte Luftfahrtbranche und die Geschäfte in den USA hinterließen trotzdem Spuren in der Bilanz. So brach das Geschäft im Segment Luftfahrtelektronik im zweiten Quartal deutlich ein. Das Nordamerika-Geschäft litt erheblich, im vergangenen Geschäftsjahr hatte es noch 13 Prozent zum Gesamtumsatz beigetragen. Abgefedert wurden die Belastungen laut Niederhauser durch Rekordwerte in den Bereichen "Medical" und "Public Business".
Insgesamt sieht sich der Konzern trotzdem als ein Gewinner der Corona-Krise, dies machte der Vorstand auch am Auftragsbestand fest: Dieser wuchs seit Jahresbeginn um 68 Millionen Euro auf 910 Millionen Euro per Ende Juni. Zudem sei der operative Barmittelzufluss im ersten Halbjahr dank eines bereits 2019 initiierten Optimierungsprogramms im Vergleich zum Vorjahr um 38,9 Millionen Euro auf 27,2 Millionen Euro gestiegen. Die hohe Liquidität will S&T nutzen, um - wie zuletzt - Konkurrenten günstig zu übernehmen.
Laut der im Mai neu ausgegebenen Prognose will der im Nebenwerteindex SDAX notierte Konzern im Gesamtjahr rund 1,15 Milliarden Euro an Umsatz erwirtschaften. Beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sollen es rund 115 Millionen Euro werden. Das wären den Angaben zufolge Zuwächse von rund drei Prozent im Vergleich zu 2019. Ursprünglich hatte S&T einen Umsatz von 1,25 Milliarden Euro sowie ein Ebitda von 130 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:
Marktbeobachter erwarten weitere Zukäufe bei S&T. Laut Adrian Pehl, Analyst bei der Commerzbank, umfasst die Liste möglicher Kandidaten zehn Namen. Er schließt einen weiteren Zukauf bis Jahresende nicht aus. Pehl bewertete die Aussagen des Vorstands zudem als zuversichtlich und blieb daher bei seiner Kaufempfehlung und dem Kursziel von 31 Euro.
Auch Knud Hinkel vom Analysehaus Pareto erwartet nach den guten Zahlen für das zweite Quartal weitere Zukäufe. Er sieht zudem gute Chancen, dass das Unternehmen im Gesamtjahr die Prognose deutlich übertreffen könnte. Unter anderem aufgrund der guten Ergebnisse bei vergangenen Unternehmensintegrationen empfiehlt er die Papiere weiterhin zum Kauf. Das Kursziel setzte Hinkel zudem von 29 auf 33 Euro nach oben.
Beim Analysehaus Kepler Cheuvreux erwarten die Experten eine Erhöhung der Prognose im Anschluss an die Zahlen zum dritten Quartal. Nach dem starken zweiten Jahresviertel hatten die Experten ihre Schätzungen bereits angehoben. Das Auftragsbuch sorge für Beruhigung und weiteren Rückenwind sollte es im Bereich der IT-Dienstleistungen geben sowie im Geschäft mit dem Medizin- und dem öffentlichen Sektor. Insgesamt sind die Experten für die Papiere von S&T optimistisch. Von sieben von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Experten sprechen sich sechs für einen Kauf und einer für ein Halten der Aktien aus. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 30,07 Euro.
WIE DIE AKTIE SICH ENTWICKELT:
S&T sieht sich als Krisengewinner, die Aktie ist dies zurzeit allerdings nicht. Zwar hat sich der Kurs seit dem Corona-Tief Mitte März bei 13,20 Euro inzwischen mit etwa 21 Euro um fast 60 Prozent erholt. Seit dem Anfang August im Zuge der besser als erwartet ausgefallenen Quartalszahlen markierten Corona-Hoch bei 25,72 Euro, das die Aktie wieder in Nähe ihres Jahreshochs von Anfang des Jahres bei 26,18 Euro gebracht hatte, büßte der Kurs aber wieder merklich ein.
Im Vergleich mit Titeln anderer IT-Dienstleister am deutschen Markt schlägt sich S&T durchwachsen. Während etwa Bechtle bereits wieder in der Nähe ihres Rekordhochs notieren und damit deutlich besser laufen als S&T, schnitten die Aktien von Cancom seit dem Sommer eher noch schlechter ab.
Aktien von Corona-Krisengewinnern wie Delivery Hero, TeamViewer, HelloFresh oder Shop Apotheke waren im Verlauf der zurückliegenden Monate alle in Rekordhöhen geklettert. Davon ist S&T weit entfernt: Der Höchstwert datiert aus dem Jahr 2001, als die Aktie 84 Euro gekostet hatte.
Aus charttechnischer Sicht hat sich die Lage jüngst etwas eingetrübt. Der Sprung der S&T-Aktien von Anfang August hat die Kauflaune der Anleger offenbar nicht dauerhaft geweckt, so dass die Kursgewinne immer mehr dahinschmolzen. Bereits seit einigen Wochen notieren die Anteilscheine damit nachhaltig unter den 21- und 50-Tage-Linien, die als Indikatoren für den kurz- beziehungsweise mittelfristigen Trend gelten. Ende September wurde dann auch noch die 200-Tage-Linie gerissen, die die langfristige Entwicklung beschreibt.
/ssc/ajx/la/he
LINZ (dpa-AFX)
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