07.09.2015 17:17:39

ROUNDUP: Tausende Flüchtlinge kommen an - Milliardenkosten erwartet

BERLIN (dpa-AFX) - Bund, Länder und Gemeinden brauchen zur Bewältigung der Flüchtlingsfrage laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im kommenden Jahr womöglich zehn Milliarden Euro. Sie könne eine solche Summe nicht konkret bestätigen, aber sie sei nachvollziehbar, sagte Merkel am Montag in Berlin. Neben Lob an dem von Union und SPD geplanten umfassenden Flüchtlingspaket gab es auch deutliche Kritik. In München kamen wieder Tausende neue Migranten an.

Allein bis zum Nachmittag brachten mehrere Sonderzüge aus Österreich knapp 2000 Menschen in die bayerische Landeshauptstadt. Leipzig soll nach Angaben aus Bayern ein weiteres Drehkreuz für die erste Versorgung ankommender Flüchtlinge in Deutschland werden.

MERKEL: 'KRAFTANSTRENGUNG FÜR EUROPA'

Merkel forderte eine "Kraftanstrengung der Europäischen Union". Wichtig sei eine "solidarische und faire Verteilung der Flüchtlinge, sagte sie. "Die Zeit drängt für eine gemeinsame Lösung."

Der Bund will 2016 drei Milliarden Euro zusätzlich etwa für die Jobmarkt-Integration der Flüchtlinge ausgeben. Weitere drei Milliarden Euro sollen an Länder und Kommunen fließen. Diese sollen beim Ausbau von etwa 150 000 winterfesten Erstaufnahmeplätzen unterstützt werden. Bargeldbedarf in solchen Einrichtungen soll möglichst durch Sachleistungen ersetzt werden. Die Bundespolizei soll um 3000, der Bundesfreiwilligendienst um bis zu 10 000 Stellen aufgestockt werden.

SICHERE HERKUNFTSSTAATEN

Den Kreis der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten soll um das Kosovo, Albanien und Montenegro erweitert werden, Menschen aus dem Westbalkan mehr Möglichkeiten zur legalen Migration bekommen. Endgültige Entscheidungen sollen am 24. September bei einem Bund-Länder-Treffen fallen, Bundestag und Bundesrat im Oktober abstimmen.

Gabriel sieht Deutschland vor der größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung. Darauf müsse nun mit "Zuversicht und Realismus" reagiert werden. Neben der großen Hilfsbereitschaft gebe es bei den Bürgern auch Sorgen und Ängste.

DRASTISCHE LEISTUNGSKÜRZUNGEN

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte drastische Leistungskürzungen für abgelehnte Asylbewerber an. Verfahren, Planung, Bau von Unterkünften und der gesamte Umgang mit Asylbewerbern sollten erheblich beschleunigt werden.

Die Grünen, die im Bundesrat als Unterstützer gebraucht werden, kritisierten die Pläne der Koalition, zeigten sich aber offen für Verhandlungen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wertete die finanzielle Beteiligung des Bundes als unzureichend. Auch die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte: "Die Zahlen entsprechen seit dem Wochenende nicht mehr der Realität." Die zugesagten drei Milliarden Euro seien nur ein Viertel der für die Erstversorgung anfallenden Kosten, sagte Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD), Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz.

KRITIK AN FESTHALTEN VON DUBLIN-SYSTEM

Pro Asyl kritisierte Union und SPD für ihr Festhalten am Dublin-System, wonach Asylverfahren im ersten EU-Staat nach Betreten der EU durchgeführt werden sollen. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst kritisierte die Rückkehr zum Sachleistungsprinzip und die Erweiterung der sicheren Herkunftsstaaten. Die Wirtschaft begrüßte die Koalitionspläne als wichtigen Schritt für eine verstärkte Integration der Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt.

Innenpolitiker der Union forderten in einem Papier Kontrollen an Deutschlands Grenzen als letztes Mittel, falls unter anderem die Dublin-Regeln von anderen Staaten nicht angewendet werden.

WEITERE BRÄNDE

Die Serie von Bränden in Flüchtlingsheimen ging weiter. Bei einem Feuer in einer Container-Unterkunft im baden-württembergischen Rottenburg wurden sechs Bewohner verletzt. Die Staatsanwaltschaft schloss Brandstiftung nicht aus. Im thüringischen Ebeleben legten Unbekannte Feuer in drei Wohnblöcken, die als Domizil für Asylsuchende geplant waren./bw/tl/DP/jha

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