03.04.2014 16:25:47

ROUNDUP/Draghi: EZB notfalls mit allen Mitteln gegen Mini-Inflation

FRANKFURT (dpa-AFX) - Europas Währungshüter wollen sich notfalls mit allen Mitteln gegen eine anhaltend niedrige Inflation stemmen. "Der EZB-Rat ist sich einig, dass die EZB gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen ihres Mandats einsetzt wird, um die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflationsraten in den Griff zu bekommen", sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, am Donnerstag in Frankfurt.

Draghi betonte, der EZB-Rat sehe trotz der zuletzt extrem niedrigen Teuerungsrate im Euroraum von 0,5 Prozent im März derzeit weiterhin nicht die Gefahr einer Deflation - also einem Preisverfall auf breiter Front, der die Konjunktur abwürgen könnte. "Das heißt nicht, dass sich der EZB-Rat keine Gedanken machen muss", sagte Draghi. Je länger die Phase niedriger Preissteigerung anhalte, umso größer sei die Gefahr, dass Unternehmen und Verbraucher in Erwartung noch weiter sinkender Preise Anschaffungen aufschöben.

DRAGHI: "WENN NÖTIG, KÖNNEN WIR SCHNELL HANDELN"

"Wenn nötig, können wir schnell handeln", betonte Draghi. Unmittelbar bevor steht ein Schritt der Notenbank offensichtlich aber nicht. Noch sind die Inflationsrisiken aus Sicht der EZB ausgewogen. Allerdings dürfte sich die Inflation erst Ende 2016 wieder an ihre Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent annähern.

Sollte der Preisauftrieb sich nicht bald beschleunigen, könnte die Notenbank zum Beispiel mit einem großangelegten Kauf von Anleihen aller Eurostaaten reagieren. Unter anderem über ein solches Programm unter dem Fachbegriff "Quantitative Easing" (QE) wurde nach Draghis Angaben am Donnerstag im EZB-Rat intensiv diskutiert. Theoretisch könnte das die Bilanzen der Banken in den Krisenländern entlasten, die Institute könnten dann mehr Kredite an die Wirtschaft vergeben.

DRAGHI: QE IN DER EUROZONE KOMPLIZIERTER

Eine solche Maßnahme, wie sie bereits die Notenbanken der USA, Großbritanniens oder Japans nutzen, sei im Euroraum mit seinen 18 Mitgliedsstaaten jedoch deutlich komplizierter, erklärte Draghi. Auch über einen Negativzins - also eine Art Strafgebühr - für Einlagen, die Banken bei der EZB parken, habe der Rat beraten.

Den Leitzins hält die EZB zunächst auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent. Draghi bekräftigte das Zinsversprechen, nach dem der wichtigste Zins für Zentralbankgeld im Euroraum für einen längeren Zeitraum auf diesem Niveau bleiben wird oder sogar nochmals gesenkt werden könnte.

EXPERTEN: INFLATION DÜRFTE WIEDER ZULEGEN

Die Mehrheit der Ökonomen hatte mit stabilen Zinsen gerechnet. Sie verweisen darauf, dass die Konjunktur im Euroraum allmählich anzieht. Das stärkt den Preisauftrieb. Zudem ist das Geld bereits extrem billig, doch es kommt bei den Unternehmen in den südlichen Krisenländern nicht an. Daher könnte ein weiterer Schritt wirkungslos verpuffen. Tendenziell verbilligen niedrige Zinsen Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an.

Ohnehin erwarten Experten, dass die Inflationsrate schon im April wieder steigt: Ostern liegt in diesem Jahr spät, die Preise für Pauschalreisen dürften daher im April stärker steigen als vor einem Jahr. Die Osterferien und die Energiepreise erklärten einen großen Teil des Inflationsrückgangs im März, aber nicht alles, sagte Draghi: "Der starke Rückgang war eine Überraschung."

IWF FORDERT UNGEWÖHNLICHE GELDPOLITISCHE LOCKERUNGSMASSNAHMEN

Erst am Mittwoch hatte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die EZB aufgerufen, zur Sicherung der Preisstabilität notfalls auch zu ungewöhnlichen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen zu greifen: "Eine potenziell längere Phase mit geringer Inflation kann die Nachfrage und das Angebot unterdrücken - und Wachstum sowie die Entstehung von Arbeitsplätzen verhindern." Von einer gefährlichen Deflation könne aber nicht gesprochen werden.

DZ-Bank-Ökonom Jan Holthusen begrüßte den Kurs der Währungshüter: "In den kommenden Monaten wäre die EZB gut beraten, an ihrer Politik der ruhigen Hand festzuhalten. Wir gehen davon aus, dass sie das auch tun wird, solange sich das wirtschaftliche Umfeld nicht wieder eintrübt."/hqs/ben/hma/DP/jkr

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