15.01.2013 15:08:32

ROUNDUP/ BER-Debakel: Berliner Flughafen kündigt 'Richtungsentscheidungen' an

    SCHÖNEFELD/BERLIN (dpa-AFX) - Mit tiefgreifenden Personalentscheidungen will der Aufsichtsrat des Hauptstadtflughafens an diesem Mittwoch einen Weg aus dem Desaster des Milliarden-Projekts finden. Nach vier abgesagten Eröffnungsterminen entscheidet das Kontrollgremium voraussichtlich über die Ablösung des Flughafenchefs Rainer Schwarz. Wann der Manager seinen Hut nehmen muss, ist aber offen. Außerdem soll die Geschäftsführung um einen Finanzfachmann erweitert werden. Bereits angekündigt ist, dass Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt.

 

    "Es stehen Richtungsentscheidungen an", sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel am Dienstag lediglich. Die Öffentlichkeit werde nach der Sitzung auf der Baustelle am Nachmittag unterrichtet. Kunkel nannte vorab weder einen Kandidaten für die Schwarz-Nachfolge noch für den geplanten neuen Posten des Finanzchefs.

 

    Nach Informationen des "Handelsblatts" (Dienstag) aus Kreisen der Bundesregierung wird der Aufsichtsrat noch keinen Schwarz-Nachfolger präsentieren. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wollte sich am Dienstag nicht zu dem Gerücht äußern, Schwarz werde am Mittwoch nicht abgelöst, sondern kommissarisch im Amt bleiben. "Es wurde in der letzten Zeit viel Kaffeesatzleserei betrieben, und ich beteilige mich nicht daran", sagte Ramsauer vor einer Sondersitzung des Bundestagshaushaltsausschusses zum Flughafenfiasko.

 

    Die Kosten für das angeschlagene Prestigeprojekt in Schönefeld bei Berlin haben sich seit Baubeginn 2006 von 2 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Weitere Mehrkosten sind zu erwarten, seit die Eröffnung in der vergangenen Woche wegen weiterer Baumängel auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Der Aufsichtsrat, in dem die Eigentümer Berlin und Brandenburg sowie der Bund vertreten sind, sowie Flughafen-Chef Schwarz gerieten noch stärker in die Kritik.

 

    Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte daraufhin angekündigt, den Aufsichtsratsvorsitz der staatlichen Betreibergesellschaft abzugeben. Als Nachfolger will der bisherige Stellvertreter Platzeck den Bau deutlich intensiver überwachen. Geplant sind wöchentliche Unterrichtungen und eine eigene Abteilung in der Potsdamer Staatskanzlei.

 

    Unterdessen gerät das Debakel in den Sog der Wahlkampfs. Die Fronten zwischen SPD und schwarz-gelber Bundesregierung verschärften sich. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Ramsauer vor, Informationen über die erneute Verschiebung der Eröffnung verschwiegen zu haben. Ramsauer erklärte, Gabriel koche ein "parteipolitisches Süppchen".

 

    Im Haushaltsausschuss warfen die schwarz-gelbe Regierungskoalition und die SPD sich am Dienstag gegenseitig vor, die Aufklärung des Debakels zu behindern. Scharf kritisierten die Haushaltspolitiker der Regierungskoalition die Absage von Wowereit und Platzeck, an der kurzfristig beantragten Sondersitzung des Ausschusses teilzunehmen. Kritik kam aber auch aus dem Oppositionslager. Die Sondersitzung wurde nach nur einer Stunde abgebrochen. Die Opposition nannte die Sondersitzung eine Farce und PR-Rummel. Union und FDP wiesen die Schuld den abwesenden Wowereit und Platzeck zu.

 

    Die Vertreter beider Lager tragen als Aufsichtsräte seit Jahren Verantwortung für das Vorhaben. An diesem Sonntag wählt Niedersachsen einen neuen Landtag, im Herbst steht die nächste Bundestagswahl an.

 

    Vor der Sitzung hatte Ramsauer gesagt, die Vermutung des SPD-Chefs, er habe bereits drei Wochen vor dem Aufsichtsrat von der weiteren Absage des Eröffnungstermins im Oktober 2013 erfahren, sei eine "absolute Fehlspekulation". Er habe erst am Abend des 6. Januar von der erneuten Terminabsage erfahren. Außerdem habe er in Interviews schon seit Anfang Dezember betont, dass der Termin gefährdet sei./bf/sl/DP/stb

 

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