01.08.2008 11:24:00
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ROUNDUP 2: Siemens nimmt bei Trennung von Gigaset-Hersteller Verlust in Kauf
MÜNCHEN/STARNBERG (dpa-AFX) - Der Mischkonzern Siemens steigt nach der Trennung von seinen Netzwerk-Aktivitäten nun auch aus der wenig rentablen Produktion von Telefonen aus. Die Siemens Home and Office Communications (SHC) - bekannt für die Marke Gigaset - geht mehrheitlich an die Beteiligungsgesellschaft ARQUES . Dabei nimmt der Konzern einen Verlust in Kauf. Dieser summiere sich auf einen "mittleren zweistelligen Millionenbetrag", sagte Finanzchef Joe Kaeser am Freitag. Die Sicherung der Standorte und der Beschäftigung habe im Vordergrund gestanden, nicht ein Verkaufserlös. Die Siemens-Aktie fiel in einem ohnehin schwachen Markt um 1,27 Prozent auf 77,76 Euro.
Seit der Pleite der ehemaligen Handytochter BenQ Mobile legt Siemens großen Wert darauf, problematische Konzernteile nur mit guter finanzieller Ausstattung und weitreichenden Garantien abzugeben. So erhält SHC eine Geldspritze von 50 Millionen Euro. Die Pensionsverpflichtungen werden ausgelagert und damit nach den Worten Kaesers vor unbefugtem Zugriff gesichert. Zudem kann der neue Besitzer einen Kredit von bis zu 20 Millionen Euro in Anspruch nehmen im "Fall des Falles". Denn, so sagte Kaeser, das Geschäft sei ein sehr zyklisches, wo viel von Weihnachten abhänge.
RESTRUKTURIERUNG ANGEKÜNDIGT
Dass SHC restrukturiert werden muss, steht laut ARQUES-Chef Michael Schumann außer Frage trotz eines an und für sich "gesunden Kerngeschäfts" mit schnurlosen Telefonen. Dagegen müssten die anderen zwei Bereiche noch "intensiv analysiert" werden. Ziel sei es insbesondere, neue Märkte im Ausland zu erschließen. Einen genauen Restrukturierungsplan gebe es indes noch nicht. SHC stellt noch Zubehör für den schnellen Internetzugang sowie Empfänger fürs digitale Fernsehen her. Zwei Drittel des Umsatzes steuern jedoch die schnurlosen Telefone bei, wo das Unternehmen für sich die Marktführerschaft deklariert.
Branchenkenner hatten schon seit Monaten einen Verkauf von SHC erwartet, will sich der Siemens-Konzern doch bis Ende kommenden Jahres vom Großteil seiner Randaktivitäten trennen. Die Tochter war im vergangenen Geschäftsjahr 2006/2007 den roten Zahlen entkommen und leicht gewachsen. Der Gewinn lag bei 13 Millionen Euro, der Umsatz bei 792 Millionen Euro. 2.100 Menschen arbeiten bei SHC, zwei Drittel davon im Werk Bocholt. Für diesen Standort sowie die Münchener Zentrale mit ihren 250 Beschäftigten gilt eine dreijährige Bestandsgarantie.
SIEMENS WILL BELASTUNG BALD BUCHEN
Von Gewerkschaftsseite wurde der Besitzerwechsel begrüßt. "Mit dem Verkauf entsteht jetzt Klarheit für die Beschäftigten. Die quälende Hängepartie findet endlich ihr Ende", sagten Heinz Cholewa und Michael Leppek von der IG Metall. Der neue Besitzer ARQUES hat sich auf den Aufkauf von Unternehmen in Umbruchsituationen spezialisiert und ist hier nach eigenen Angaben führend in Europa. Zu den Starnbergern gehört unter anderem der IT-Händler Actebis.
Siemens will die Übertragung von 80,2 Prozent der SHC-Anteile bis September abschließen, womit auch die Belastungen noch im laufenden Geschäftsjahr 2007/2008 gebucht würden. Damit dürfte der Gewinneinbruch im Schlussquartal noch drastischer ausfallen als bislang erwartet. Siemens will hier bereits die Kosten für die Trennung von seinem Telefonanlagen-Bau SEN sowie für den groß angelegten Stellenabbau verbuchen.
SIEMENS WILL IN ZWEI JAHREN GANZ AUSSTEIGEN
SHC ist das letzte Überbleibsel des ehemaligen Kommunikationsbereichs COM, der Keimzelle von Siemens. Nach und nach hat sich der Konzern aus diesem einst größten Geschäftsfeld zurückgezogen. Die Netzwerk-Aktivitäten gingen in das Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks, der Telefonanlagen-Bau SEN mit kräftiger finanzieller Unterstützung erst vor wenigen Tagen mehrheitlich an einen US-Finanzinvestor. Desaströs endete die Trennung von der Handysparte BenQ Mobile, der der neue taiwanische Besitzer nach kurzer Zeit den Geldhahn zudrehte.
"Wir schließen das Kapitel Kommunikation bei Siemens", sagte Finanzchef Kaeser. Den verbliebenen Minderheitsanteil an SHC will der Konzern in nicht allzu ferner Zukunft abgeben. "Wir begleiten das noch für zwei Jahre." So lange darf der neue Besitzer auch die Marke Siemens weiter nutzen. "ARQUES wäre der natürliche Empfänger", sagte Kaeser mit Blick auf die 19,8 Prozent./das/tw
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