Bonitätseinschätzung |
07.11.2023 17:48:00
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René Benkos Immobilien-Beteiligung: Fitch stuft SIGNA-Imperium auf "hochriskant" zurück
Seit Beginn dieser Woche reicht es nur noch für die Bonitätsnote "CCC" ("substantial risks"). Das bedeutet, dass "nur bei günstiger Entwicklung keine Ausfälle zu erwarten" sind. Davor war die SIGNA Development mit "B" ("highly speculative") bewertet, was hieß, dass "bei Verschlechterung der Lage Ausfälle wahrscheinlich" sind.
Als Begründung für die Herabstufung nannte die Ratingagentur die Zahlen aus dem Zwischenbericht des Unternehmens per 30. Juni 2023. Darin gab die SIGNA Development bekannt, dass sie "vor Herausforderungen steht, auch im Hinblick auf seine Liquiditätslage".
Der Schwesterkonzern SIGNA Prime Selection erlitt bereits 2022 einen Milliardenverlust, weil im Bau befindliche Immobilien abgewertet werden mussten. Beim Hamburger Elbtower und anderen Projekten kam es zu einem Baustopp. Zudem strich SIGNA laut "Handelsblatt" Finanzzusagen für einige seiner Internetstores in der Beteiligungssparte SIGNA Retail, was unter anderem bei der Tochter Tennis-Point zu einem Insolvenzantrag führte.
Zwar besitze die von Fitch nunmehr als hochriskant eingestufte SIGNA Development mit einem Anlagevermögen von rund 3 Mrd. Euro nicht den gleichen Umfang an Projekten wie die SIGNA Prime Selection, die auf rund 20 Mrd. Euro komme. Doch "unbezahlte Lieferanten und Bankfinanzierer" könnten die SIGNA-Gesellschaften "gegenseitig kontaminieren und stören", warnt die Ratingagentur. Sie sieht ein "Risiko", dass SIGNA Development eigene Finanzmittel an andere Teile der SIGNA-Gruppe weitergeleitet hat. Zu erkennen sei dies durch die Erhöhung der "sonstigen Finanzforderungen", die im ersten Halbjahr 2023 um 215 Mio. Euro gestiegen seien. Diese seien im Halbjahresbericht als verzinsliche "Darlehen an indirekte Aktionäre" bezeichnet.
Am Konzern SIGNA Development sei laut einer Liste von Mitte Juli 2023 nicht allein Benkos SIGNA Holding beteiligt, sondern auch weitere prominente Firmen und Unternehmer, so die Zeitung. Aktionäre waren zu diesem Zeitpunkt unter anderem die Familien-Privatstiftung des österreichischen Industriellen und Ex-Strabag-Chefs Hans Peter Haselsteiner, Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, die Union Investment, die RAG-Stiftung, Roland Berger und Ex-Metro-Chef Erwin Conradi.
Die Ratingagentur bemängelt weiters, dass sich im ersten Halbjahr 2023 die Cash-Position verschlechtert habe. So beliefen sich die Barmittel Ende Juni laut Fitch auf 32 Mio. Euro - nach 125 Mio. Euro zum Jahreswechsel. Dabei habe man im ersten Halbjahr 2023 Einnahmen aus einem zweistufigen Verkauf der Berliner Büroimmobilie BEAM erwartet. Außerdem habe das Unternehmen Nettoerlöse aus dem Verkauf der Möbelhandelskette Kika/Leiner erzielt. Schon 2022 habe die SIGNA Development 151 Mio. Euro Liquidität durch Immobilienverkäufe eingenommen - und dabei Buchverluste von 33 Mio. Euro hingenommen. Zudem habe man sich bei den Gesellschaftern per Kapitalerhöhung 200 Mio. Euro besorgt, so Fitch.
2024 stehen laut Ratingagentur größere Fälligkeiten an, die erste davon über 250 Mio. Euro für die Refinanzierung eines Projekts in Berlin. Hinzu komme eine Anleihe über 300 Mio. Euro Mitte 2026.
SIGNA - Ringen um neue Person an der Spitze: Geiwitz statt Benko
In einem Abwärtsstrudel aus Zinserhöhungen, fehlender Konsumlust und verändertem Bürobedarf bröckelt das SIGNA-Imperium. Auch die Position von René Benko als Mann an der Spitze wird derzeit neu verhandelt. Als Ersatz im Gespräch ist der Deutsche Arndt Geiwitz. Kein Unbekannter: Der 54-jährige Schwabe war einst Insolvenzverwalter der deutschen Drogeriekette Schlecker und beriet Benko bei der Sanierung der Galeria-Kaufhäuser, wie die Zeitung "FAZ" (Dienstag) erinnert.
Als Insolvenzverwalter werde Geiwitz bei SIGNA nicht in Erscheinung treten, selbst wenn das Imperium doch noch zerbreche, so die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Denn Geiwitz sei eindeutig Partei: Zweimal habe Benko ihn schon als Generalbevollmächtigten engagiert, um die Warenhauskette Galeria vor dem Aus zu bewahren. Ob sein Wirken und das seiner Mannschaft und Partner - beide Male mit hohen zweistelligen Millionenbeträgen honoriert - als Erfolg mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit von Galeria gelten könne, mag laut "FAZ" vielfach bezweifelt werden. Fest stehe: Die Einblicke in das Imperium und die Denke des Österreichers werden Geiwitz beim Aufdröseln des Gesamtkonstrukts dienlich sein, was letztlich auch den Gläubigern helfen dürfte. Trotzdem werde es Wochen dauern, bis Geiwitz sich den nötigen Überblick verschafft haben werde, so die Zeitung unter Verweis auf die Erwartung von Beteiligten.
Geiwitz habe viel Erfahrung mit "eigenwilligen Unternehmern", schreibt die deutsche Zeitung in ihrer Dienstagsausgabe unter dem Titel "Der Mann, der Benko noch retten könnte". Es krache gewaltig "im Reich des schillernden René Benko". Es gehe nicht nur um sein Vermögen und viele Milliarden von Investoren, es gehe auch um das Stadtbild vieler kleiner und großer Städte, das von den Immobilienprojekten und Handelsunternehmen aus dem Benko-Imperium geprägt ist. Wie die Lage noch zu retten sei, lasse sich schwer sagen. Am ehesten werde das noch Geiwitz zugetraut, schreibt das Blatt. "Zumindest ist sein Name als 'Berater' im Gespräch, seit die Lage in Benkos SIGNA-Gruppe eskaliert, und nur sein Name", hieß es weiters.
Geiwitz werde sogar "viel mehr als nur ein Berater sein, sondern ein Treuhänder für Benko, mit extrem weit reichenden Vollmachten - darauf deutet jedenfalls aktuell alles hin". Benko soll Geiwitz seine Stimmrechte übertragen, so der Plan, um den hinter den Kulissen gerade gerungen werde. Gläubiger und Investoren würden dann direkt mit Geiwitz verhandeln, der zwar keineswegs eine neutrale Position habe, aber bestimmt nüchterner an die Sache herangehe als der Selfmademan Benko.
Geiwitz habe "keine Angst vor großen Zahlen", sagte einer aus der Riege der Insolvenzverwalter zur "FAZ". "Er ist strukturiert und verliert nie die Geduld", meinte ein anderer. Mindestens genauso wichtig sei, dass er "eine Menge Erfahrung mit Patriarchen hat, die selbst weitreichende Entscheidungen oft aus dem Bauch heraus treffen und dabei gelegentlich ziemlich irrational wirken". Geiwitz könne mit solchen Leuten, er begegne ihnen mit Respekt, ohne dabei aber seinen Auftrag aus den Augen zu verlieren.
Auch Anton Schlecker sei einer dieser eigenwilligen Unternehmer gewesen, weshalb in der (deutschen) Öffentlichkeit der Name Geiwitz oft automatisch mit dem Begriff Insolvenzverwalter verknüpft werde. Man erinnere sich an die Schlecker-Insolvenz und die 25.000 "Schlecker-Frauen", die letztlich ihren Job verloren hätten. "Super frustrierend" sei das, sagte Geiwitz damals im Gespräch mit der "FAZ", als 2012 die Lichter endgültig ausgegangen waren in den deutschen Schlecker-Geschäften. Benko ist laut "FAZ" nun wieder eine dieser besonderen Persönlichkeiten im Leben von Geiwitz.
Im Gespräch mit der "FAZ" sagte Geiwitz den Angaben zufolge einmal von sich selbst, im Mittelpunkt seiner Arbeit stehe immer die mögliche Fortführung des Unternehmens - eine durchaus ungewöhnliche Position für einen, der von den Gerichten bestellt wird, um dafür zu sorgen, dass die Gläubiger eines insolventen Unternehmens zu ihrem Recht kommen. Vermutlich sei diese Haltung ein Ergebnis seiner eigenen Sozialisierung. Geiwitz komme selbst aus einer Unternehmerfamilie, habe schon seit seiner Schulzeit die entscheidenden Fachmessen besucht und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Passau studiert. Nach dem Diplom habe er sich als 24-Jähriger aber nach kurzer Zeit im elterlichen Betrieb dagegen entschieden, das Familienunternehmen weiter fortzuführen.
Das entscheidende Gespräch mit seinem Vater bezeichnete er laut "FAZ" einmal als das schwierigste in seinem Leben. Letztlich habe es ihn zum Beruf des Insolvenzverwalters geführt, weil er vom Vater den Auftrag bekommen habe, für den Verkauf des Familienunternehmens die Hilfe des befreundeten Wirtschaftsprüfers und Insolvenzverwalters Werner Schneider in Anspruch zu nehmen. Ein Begleiter bis heute: Das Unternehmen mit nunmehr 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, das hinter dem Namen "des oft schon als Heilsbringer attribuierten Geiwitz" steht, heißt Schneider Geiwitz & Partner. Eine Kanzlei, deren Namensgeber keine Juristen seien, obwohl das für Insolvenzverwalter das Übliche wäre und die Kanzlei auch längst dieser Spezialisierung entwachsen sei, hieß es in der Zeitung weiters.
Die von Geiwitz zunehmend geschätzte Möglichkeit, ins operative Geschehen einzugreifen, eröffnete ihm ausgerechnet der Gesetzgeber. Nach einer Reform ist es Unternehmen möglich, ein Insolvenzverfahren "in Eigenregie" durchzuführen, um mithilfe von Sanierungsfachleuten durch die Krise zu kommen. Längst aber holt man den hochgewachsenen, immer freundlichen Familienvater auch vorbeugend. Damit es gar nicht erst zu einer Insolvenz kommt. Damit der Nachwuchs nicht vorzeitig zu viel Macht bekommt. Oder wenn ein Zukauf zu managen wäre.
Diversifizierung würde Arndt Geiwitz das wahrscheinlich nennen, wenngleich das Risiko besteht, dass er sich verzettelt. Noch sind keine negativen Folgen dieser Expansion zu erkennen. Eine seiner wichtigen Eigenschaften ist wohl, dass er gut priorisieren kann. Auch fürs Privatleben gilt das. Längere Pausen zwischen den großen Verfahren mit "Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft" weiß er zu nutzen, um aufzutanken. Und selbst wenn es hoch hergeht, weiß er, dass ein Waldspaziergang oder ein Trip an den Bodensee ihm helfen werden. Dann kann er sofort wieder loslegen, wenn es irgendwo kracht.
Signa - Ex-Investor Wiedeking kritisiert Benko
Der Ex-Signa-Investor und frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat das Vertrauen in Signa-Lenker René Benko bereits 2016 verloren, wie das deutsche "Handelsblatt" Dienstagnachmittag online berichtete. Bisher habe er über seinen Ausstieg bei Gruppe geschwiegen - nun nenne er "einen brisanten Grund". "Ich bin 2016 bei Signa als Aktionär ausgeschieden, weil die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit dem übereinstimmten, was uns Benko in den Sitzungen vorgetragen hat."
Nach Angaben von Wiedeking gegenüber der deutschen Zeitung habe er Benko direkt auf die widersprüchlichen Zahlen angesprochen. "Er konnte das auch nicht erklären", erinnert sich Wiedeking. Dann sei er ausgestiegen. Er machte dem Zeitungsbericht zufolge keine Angaben darüber, um welche Zahlen es sich genau handelte. Wiedeking habe seinen Ausstieg bei Signa Anfang 2017 bekanntgegeben, ohne jedoch auf die Gründe einzugehen.
Die von Benko gegründete Signa-Gruppe steht derzeit massiv unter Druck, da die Immobilienzinsen sowie die Baukosten erheblich gestiegen sind. Mehrere Investoren hatten laut "Handelsblatt" eine mangelhafte Transparenz beklagt; die Unternehmer Roland Berger sowie Torsten Toeller, Gründer der deutschen Tiernahrungskette Fressnapf, kündigten öffentlich den Verkauf ihrer Anteile an.
Wiedeking war dem Zeitungsbericht zufolge bis zu seinem Rückzug einer der bekanntesten Aktionäre der österreichischen Signa-Gruppe, die in Immobilien und Handelsfirmen investiert. Zeitweilig sei Wiedeking im Beirat der Dachgesellschaft Signa Holding sowie im Aufsichtsrat der Immobilienfirma Signa Prime Selection vertreten gewesen. Die Wiedeking-Familie sei daran mit vier Prozent beteiligt gewesen.
kre/ivn
APA
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